Helden des Olymp: Der verschwundene Halbgott (German Edition)
gesprochen, die sich zur Sonnenwende rühren, weil dann eine gute Zeit für schwarze Magie ist – und von etwas, das aufwachen könnte, wenn Hera an diesem Tag geopfert würde. Und diese Herrin, die die Sturmgeister beherrscht und die alle Halbgötter umbringen will …«
»Das könnte diese komische Schläferin sein«, fügte Leo hinzu. »Die Lehmfrau in ganz wach möchte ich nicht erleben.«
»Aber wer ist sie?«, fragte Jason. »Und was hat sie mit den Riesen zu tun?«
Gute Fragen, aber sie hatten keine Antworten. Sie flogen schweigend weiter, und Leo fragte sich, ob es richtig von ihm gewesen war, so viel zu erzählen. Er hatte niemals irgendwem von der Nacht im Lagerhaus berichtet. Selbst wenn er ihnen nicht die ganze Geschichte verraten hatte, fühlte es sich seltsam an. Als ob er seine Brust geöffnet und alle Teile herausgenommen hätte, die ihn am Laufen hielten. Sein Körper zitterte, und das nicht vor Kälte. Er hoffte, dass die hinter ihm sitzende Piper das nicht merkte.
Schmied und Taube den Käfig zerbrechen. Hatte es in der Weissagung nicht so geheißen? Das bedeutete, er und Piper würden herausfinden müssen, wie sie in diesen magischen Felsenkäfig einbrechen konnten, falls sie ihn überhaupt fanden. Dann würden sie Heras Zorn freisetzen und eine Menge Tode verursachen. Na, das klang ja toll. Leo hatte Tía Callida in Aktion gesehen, sie liebte Messer und Schlangen und warf gern Babys in tosende Flammen. Klar, setzen wir ihren Zorn frei. Hervorragende Idee.
Festus flog immer weiter. Der Wind wurde kälter und die verschneiten Wälder unter ihnen schienen kein Ende zu nehmen. Leo wusste nicht so genau, wo Quebec lag. Er hatte Festus befohlen, sie zum Palast des Boreas zu tragen, und Festus hielt immer weiter nach Norden. Hoffentlich kannte der Drache den Weg und würde sie nicht zum Nordpol bringen.
»Warum schläfst du nicht eine Runde?«, sagte Piper ihm ins Ohr. »Du warst doch die ganze Nacht auf.«
Leo wollte widersprechen, aber das Wort »Schlaf« klang einfach wunderbar. »Sorgst du dafür, dass ich nicht runterfalle?«
Piper streichelte seine Schulter. »Verlass dich auf mich, Valdez. Schöne Menschen lügen nie.«
»Na gut«, murmelte er. Er ließ sich auf den warmen Bronzenacken des Drachen sinken und schloss die Augen.
XVIII
Leo
Er hatte dass Gefühl, nur Sekunden geschlafen zu haben, aber als Piper ihn wach rüttelte, wurde es schon dunkel.
»Wir sind da«, sagte sie.
Leo rieb sich den Schlaf aus den Augen. Unter ihnen sah er eine auf einem Felsen gelegene Stadt an einem Fluss. Das Tiefland in der Umgebung war mit Schnee bestäubt, die Stadt selbst aber glühte warm im winterlichen Sonnenuntergang. Gebäude drängten sich hinter hohen Mauern zusammen wie in einer Stadt aus dem Mittelalter. Dieser Ort war ganz anders als jeder andere, den Leo bisher gesehen hatte. Er erkannte eine echte Burg – jedenfalls hielt Leo sie für eine Burg – mit massiven Mauern aus roten Backsteinen und einem viereckigen Turm mit einem spitzen Dach und grünen Giebeln.
»Sagt mir, dass das Quebec ist und nicht die Werkstatt des Weihnachtsmanns«, bat Leo.
»Genau, die Stadt Quebec«, bestätigte Piper. »Eine der ältesten Städte Nordamerikas. Gegründet um 1600 oder so.«
Leo hob eine Augenbraue. »Hat dein Dad darüber auch einen Film gemacht?«
Piper schnitt eine Grimasse. Daran war Leo zwar gewöhnt, aber mit ihrem glamourösen Make-up wirkte es nicht so gut. »Ich lese manchmal, klar? Dass Aphrodite mich anerkannt hat, bedeutet ja nicht, dass ich ein Hohlkopf bin.«
»Super«, sagte Leo. »Wenn du so viel weißt, was ist das da für eine Burg?«
»Ein Hotel, glaube ich.«
Leo lachte. »Nie im Leben.«
Aber als sie näher kamen, sah Leo, dass Piper Recht hatte. Am Haupteingang wimmelte es nur so von Portiers, Trägern und Hotelpagen. Glänzend schwarze Luxuskarossen standen in der Auffahrt herum. Menschen in eleganten Anzügen und Wintermänteln brachten sich rasch aus der Kälte in Sicherheit.
»Der Nordwind wohnt in einem Hotel?«, fragte Leo. »Das kann doch nicht …«
»Aufgepasst, Leute«, fiel Jason ihm ins Wort. »Wir bekommen Gesellschaft.«
Leo schaute nach unten und sah, was Jason meinte. Von der Turmspitze hoben zwei geflügelte Gestalten ab – wütende Engel mit gefährlich aussehenden Schwertern.
Festus mochte diese Engel nicht. Er kam mitten in der Luft zum Halten, schlug mit den Flügeln, fuhr die Krallen aus und ließ ein kehliges Dröhnen hören, das
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