Helden des Olymp: Der verschwundene Halbgott (German Edition)
werden, und ich werde deine Last erleichtern. Du wirst leichten Schrittes über die Erde wandeln.
Leo packte den erstbesten Gegenstand – einen Klositz – und schleuderte ihn in das Gesicht. »Lass mich in Ruhe!«
Der Klositz verschwand in der flüssigen Erde. Schnee und Matsch kräuselten sich und das Gesicht löste sich auf.
Leo starrte den Boden an und wartete darauf, dass das Gesicht sich noch einmal zeigte. Aber das tat es nicht. Leo wollte gern glauben, dass er sich alles nur eingebildet hatte.
Dann hörte er aus der Richtung der Fabrik einen Knall – wie zwei Müllwagen, die gegeneinanderprallen. Metall wurde zusammengeschoben und stöhnte und der Lärm hallte auf dem Hof wider. Sofort wusste Leo, dass Jason und Piper in Gefahr schwebten.
Geh jetzt , hatte die Stimme gedrängt.
»Das könnte dir so passen«, knurrte Leo. »Her mit dem größten Hammer, den wir haben.«
Er griff in den Werkzeuggürtel und zog einen drei Pfund schweren Hammer mit einem doppelseitigen Kopf von der Größe einer gebackenen Kartoffel hervor. Dann sprang er vom Drachenrücken und rannte zurück zur Fabrik.
XXIV
Leo
Leo blieb an der Tür stehen und versuchte, seinen Atem unter Kontrolle zu bringen. Die Stimme der Erdfrau hallte noch immer in seinen Ohren wider und erinnerte ihn an den Tod seiner Mutter. Das Letzte, was er wollte, war, wieder in einem dunklen Lagerhaus festzusitzen. Plötzlich fühlte er sich wieder acht Jahre alt, allein und hilflos, während Menschen, die ihm wichtig waren, gefangen und in Gefahr waren.
Komm wieder runter, sagte er sich. Sie will doch, dass du dich so fühlst.
Aber das konnte seine Angst nicht mindern. Er holte tief Atem und schaute in die Halle. Nichts sah verändert aus. Graues Morgenlicht sickerte durch das Loch im Dach. Einige Glühbirnen flackerten, aber der größte Teil des Bodens verlor sich in den Schatten. Er konnte den Metallsteg oben sehen, dazu die trüben Umrisse der schweren Maschinen am Fließband, aber keine Bewegung. Keine Spur seiner Freunde.
Fast hätte er sie gerufen, aber etwas hielt ihn zurück – ein Gefühl, das er nicht identifizieren konnte. Dann ging ihm auf, dass es der Geruch war. Etwas hier roch nicht richtig – wie brennendes Motoröl und Mundgeruch.
Etwas nicht Menschliches befand sich in der Fabrik, da war Leo sich sicher. Sein Körper schaltete in den höchsten Gang und alle seine Nerven prickelten.
Irgendwo in der Fabrik rief Pipers Stimme: »Leo, Hilfe!«
Aber Leo blieb stumm. Wie sollte Piper mit ihrem gebrochenen Knöchel den Steg verlassen haben? Er schlüpfte in die Halle und duckte sich hinter einem Container. Langsam, den Hammer in der Hand, arbeitete er sich zur Mitte der Halle vor und versteckte sich dabei hinter Kisten und leeren LKW-Karosserien. Endlich erreichte er das Fließband. Er ging hinter dem nächstgelegenen Gerät in die Hocke – einem Kran mit Greifarm.
Wieder rief Pipers Stimme: »Leo?« Diesmal unsicherer, aber sehr nah.
Leo spähte um den Kran herum. Gleich über dem Fließband – an einer von einem Kran auf der gegenüberliegenden Seite gehaltenen Kette – hing ein riesiger LKW-Motor; er baumelte einfach zehn Meter hoch in der Luft, als sei der bei der Stilllegung der Fabrik vergessen worden. Darunter auf dem Fließband lag das Chassis des LKW und darum drängten sich drei dunkle Umrisse, groß wie Gabelstapler. In der Nähe hingen von zwei weiteren Greifarmen an Ketten zwei kleinere Gegenstände – vielleicht weitere Motoren, aber die eine zappelte, als sei sie am Leben.
Dann erhob sich einer der Gabelstapler und Leo erkannte, dass es ein Humanoide von gewaltiger Größe war.
»Hab doch gesagt, das war nichts«, dröhnte er. Seine Stimme war zu tief und wild, um menschlich zu sein.
Eine der anderen Gestalten von der Größe eines Gabelstaplers bewegte sich und rief mit Pipers Stimme: »Leo, hilf mir! Hilfe!« Dann änderte die Stimme sich und polterte grob und maskulin: »Bah, hier ist niemand. So leise kann doch kein Halbgott sein, oder?«
Das erste Monster kicherte. »Ist sicher weggelaufen, wenn er weiß, was gut für ihn ist. Oder das Mädel hat gelogen, was den dritten Halbgott anging. Also, los geht’s.«
Wusch! Ein grelles orangefarbenes Licht erwachte zischend zum Leben – und Leo war für einen Moment geblendet. Er duckte sich hinter den Kran, bis er wieder klar sehen konnte. Dann schaute er wieder hin und erblickte einen Albtraum, wie ihn sich nicht einmal Tía Callida hätte
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