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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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senkte er den Kopf und stapfte schweigend an ihnen vorbei.
    In den meisten schäbigen Gebäuden des Dorfes lagerten bereits die vielen Verwundeten; die weniger schweren Fälle kampierten auf den Türschwellen. Sie sahen zu ihm hoch, die schmerzverzerrten, dreckverschmierten oder bandagierten Gesichter ausdruckslos und schlaff, und Gorst erwiderte ihre Blicke schweigend. Meine Fähigkeiten liegen darin, Verletzungen zu verursachen, nicht, sie zu lindern. Aber er zog den Stopfen aus seiner Feldflasche und streckte sie den Männern hin, und sie alle nahmen reihum einen Schluck, bis die Flasche leer war. Außer einem, der kurz seine Hand ergriff, bedankten sie sich nicht bei ihm, und das war für ihn auch völlig in Ordnung.
    Ein Feldscher in blutverschmierter Schürze erschien in der Tür und stieß einen tiefen Seufzer aus. »General Jalenhorm?«, fragte Gorst. Man wies ihn einen aufgeweichten Weg hinunter, der von zahllosen Wagenspuren durchzogen wurde, und nach einigen Schritten hörte er die Stimme. Jene Stimme, die er in den letzten Tagen ständig gehört hatte, wie sie einen dämlichen Befehl nach dem anderen von sich gab. Allerdings hatte sich der Ton inzwischen verändert.
    »Legen Sie die Männer hier hin, hierher! Machen Sie Platz! Sie da, holen Sie Verbandszeug!« Jalenhorm kniete auf der Erde und hielt die Hand eines Soldaten, der auf einer Bahre lag. Der General schien sich endlich von seinem viel zu großen Stab getrennt zu haben, falls die meisten seiner Offiziere nicht ohnehin tot auf dem Berg geblieben waren. »Keine Sorge, Sie werden hier bestens versorgt. Sie sind ein Held. Sie sind alle Helden!« Jalenhorms Knie sanken schmatzend in den weichen Boden neben dem Mann auf der anderen Seite. »Sie haben alles getan, was man von Ihnen verlangen konnte. Es war meine Schuld, meine Freunde, es war mein Fehler.« Dann drückte er dem Verletzten die Schulter und stand langsam auf, den Blick auf den Boden gerichtet. »Es war meine Schuld.«
    Eine Niederlage kann offenbar aus manchen Männern das Beste herausholen.
    »General Jalenhorm.«
    Der General sah auf, sein Gesicht tauchte ins Fackellicht, und er sah plötzlich alt aus für seine jungen Jahre. »Oberst Gorst, wie geht es Ihnen?«
    »Marschall Kroy ist hier.« Der General schrumpfte sichtbar zusammen, wie ein Kissen, aus dem die Hälfte der Füllung herausgerieselt ist.
    »Natürlich.« Er zupfte seine dreckverschmierte Jacke zurecht und zog den Schwertgurt auf die richtige Höhe. »Wie sehe ich aus?« Gorst öffnete den Mund, aber Jalenhorm schnitt ihm das Wort ab. »Versuchen Sie nicht, mir nach dem Mund zu reden. Ich sehe besiegt aus.« Stimmt . »Bitte streiten Sie das nicht ab.« Habe ich gar nicht. »Das bin ich auch.« In der Tat.
    Gorst ging nun voraus durch die engen Gässchen, durch den Dampf aus den Kesseln der Heeresküchen und das Zwielicht aus den Buden der geschäftstüchtigen Händler und hoffte auf Schweigen. Er wurde enttäuscht. Wie so oft.
    »Oberst Gorst, ich muss Ihnen danken. Ihr Ausfall hat meine Division gerettet.«
    Vielleicht rettet er auch meine Laufbahn. Ihre Division kann meinetwegen komplett ersaufen, solange ich nur wieder in die Garde des Königs aufgenommen werde . »Ich handelte nicht selbstlos.«
    »Wer tut das schon? Es sind die Ergebnisse, die später in die Geschichte eingehen. Unsere Gründe lösen sich in Rauch auf. Und Tatsache ist, dass ich beinahe meine Division vernichtet habe. Meine Division.« Jalenhorm schnaubte bitter. »Jene Division, die mir der König törichterweise anvertraut hat. Ich habe das abzulehnen versucht, müssen Sie wissen.« Offenbar nicht entschieden genug. »Aber Sie kennen ja den König.« Nur zu gut . »Er hegt einige romantische Vorstellungen, was seine alten Freunde betrifft.« Er hegt hinsichtlich der meisten Dinge romantische Vorstellungen. »Zweifelsohne wird man über mich lachen, wenn ich nach Hause zurückkehre. Erniedrigt. Gemieden.« Willkommen in meinem Leben. »Wahrscheinlich verdiene ich das auch.« Wahrscheinlich. Ich nicht.
    Und dennoch – als Gorst den Kopf wandte und zu Jalenhorm hinübersah, wie er den Kopf hängen ließ, das Haar nass an die Stirn geklatscht, während ihm ein Regentropfen an der Nasenspitze hing, bot der General ein solches Bild der Niedergeschlagenheit, wie Gorst es höchstens noch im Spiegel hätte sehen können. Ihn erfasste eine Welle des Mitgefühls.
    Überrascht stellte er fest, dass er Jalenhorm eine Hand auf die Schulter gelegt hatte. »Sie

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