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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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meistens so aus der Wäsche gucken. »Der schlimmste Feind des Menschen ist sein eigener Ehrgeiz«, hatte Bethod ihm einmal gesagt. »Meiner hat mich in genau die Scheiße hineingeritten, in der ich heute sitze.«
    »Willkommen in der Scheiße«, brummte er durch die zusammengebissenen Zähne vor sich hin. Das war das Problem mit Fehlern. Sie zu machen, das geht ruckzuck. Jahrelang versuchte man, ganz vorsichtig auf Zehenspitzen zu gehen, um nur nicht aufzufallen, dann passte man einen winzigen Augenblick nicht auf und …
    Peng !

FLUCHT
    F inree vermutete, dass sie sich in einer Art Hütte befanden. Der Boden bestand aus feuchter Erde, und die kühle Zugluft, die darüber strich, ließ sie erschauern. Es roch muffig und nach Tieren.
    Man hatte ihr die Augen verbunden und sie über die nassen Felder zum Wald geschleppt, und sie war unsicheren Schritts mitgelaufen, während sich Getreidehalme um ihre Füße schlangen und kurzes Gestrüpp nach ihrem Kleid fasste. Glücklicherweise hatte sie ihre Reitstiefel getragen, sonst hätte sie vermutlich das letzte Wegstück barfuß zurücklegen müssen. Wenn ihr Gehör sie nicht getäuscht hatte, dann wurde hinter ihnen weitergekämpft. Aliz hatte noch eine Weile geschrien und geheult, ihre Stimme war immer heiserer geworden, und irgendwann hatte sie aufgehört. Es änderte nichts. Dann hatte man sie auf ein knarrendes Boot verfrachtet und möglicherweise über den Fluss zum nördlichen Ufer gerudert. Schließlich waren sie in diesen Raum gestoßen worden, hatten gehört, wie sich eine Tür wacklig schloss und draußen ein Riegel vorgelegt wurde.
    Und so hatte man sie im Dunkeln zurückgelassen. Und nun warteten sie, worauf auch immer.
    Nachdem es Finree gelungen war, die Schmerzen durch tiefe Atemzüge zurückzudrängen, stieg allmählich Panik in ihr auf. Ihre Kopfhaut brannte, ihr Kopf dröhnte, ihr Nacken schickte heftige Stiche zwischen die Schulterblätter, sobald sie den Kopf drehte. Aber zweifelsohne war sie trotzdem besser dran als die meisten anderen, die im Gasthof festsaßen.
    Sie fragte sich, ob Hardrick es geschafft hatte, den Feinden zu entkommen, oder ob man ihn auf freiem Feld erwischt hatte und er seine sinnlose Nachricht gar nicht mehr hatte überbringen können. Unablässig sah sie das Gesicht des alten Majors vor Augen, wie ihm das Blut aus der großen Kopfwunde strömte und er zur Seite fiel, mit diesem überraschten Blick. Meed, wie er an der blutenden Wunde am Hals herumgrapschte. Alle tot. Alle.
    Sie holte schluchzend Luft und verdrängte die Vorstellung. Sie durfte nicht mehr daran denken, ebenso wenig, wie ein Seiltänzer nicht an den Abgrund zu seinen Füßen denken darf. »Man muss nach vorn blicken«, hatte ihr Vater ihr immer gesagt, wenn er wieder einen ihrer Steine vom Vierseitsbrett schlug. »Konzentriere dich auf jene Dinge, die du ändern kannst.«
    Aliz hatte unablässig geschluchzt, seit die Tür ins Schloss gefallen war. Finree hätte sie gern geohrfeigt, aber leider waren ihre Hände gefesselt. Diese Heulerei würde sie hier nicht herausholen, da war sie sich sicher. Nicht, dass ihr etwas Besseres eingefallen wäre.
    »Still«, zischte Finree. »Seien Sie doch bitte still, ich muss nachdenken. Bitte, bitte.«
    Das Schluchzen verwandelte sich in ein abgehacktes Wimmern. Das war, wenn überhaupt, noch schlimmer.
    »Werden sie uns töten?«, kam schließlich Aliz’ quiekende Stimme, halb überdeckt von einem schniefenden Aufschluchzen. »Werden sie uns ermorden?«
    »Nein. Das hätten sie sonst schon längst getan.«
    »Was wollen sie dann mit uns machen?«
    Die Frage stand zwischen ihnen wie ein bodenloser Abgrund, durch den leer ihr stockender Atem hallte. Finree gelang es schließlich, sich so lange hin und her zu winden, bis sie aufrecht saß, auch wenn ihr Nacken dabei fürchterlich schmerzte. »Wir müssen nachdenken, verstehen Sie? Wir müssen nach vorn blicken. Wir müssen versuchen zu fliehen!«
    »Wie denn?«, jammerte Aliz.
    »Irgendwie!« Schweigen. »Wir müssen es versuchen. Haben Sie die Hände frei?«
    »Nein.«
    Finree begann, über den Boden zu rutschen, schleifte ihr Kleid durch den Dreck und keuchte vor Anstrengung, bis sie mit dem Rücken gegen die Wand stieß. Vorsichtig schob sie sich daran entlang und fuhr mit den Fingerspitzen über abbröckelnden Putz und feuchten Mauerstein.
    »Sind Sie da drüben?«, piepste Aliz.
    »Wo sollte ich denn sonst sein?«
    »Was machen Sie?«
    »Ich versuche, meine Hände frei zu

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