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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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nimm die Blonde dazu.«
    »Sie schmeichelt meinen Augen weniger. Und sie ist feige. Sie tut nichts außer heulen. Die mit dem braunen Haar hat einen meiner Männer getötet. Sie hat Mark in den Knochen. Kinder bekommen den Mut von ihrer Mutter. Ich will keine feigen Kinder.«
    Die flüsternde Stimme wurde nun leiser, und Finree konnte nichts mehr verstehen. Sie zerrte verzweifelt mit den Nägeln an den Knoten und stieß tonlose Flüche aus.
    »Was sagen die?«, hauchte Aliz mit vor Entsetzen krächzender Stimme.
    »Nichts«, zischte Finree zurück. »Gar nichts.«
    »Der Schwarze Dow nimmt sich mir gegenüber eine Menge raus«, ertönte nun wieder die Stimme des Riesen.
    »Das tut er mir gegenüber auch. Ist nun mal so. Er ist es, der die Kette trägt.«
    »Ich scheiße auf seine Kette. Fremder-klopf-an kennt keinen Herrn außer dem Himmel und der Erde. Der Schwarze Dow kann mir nicht befehl…«
    »Er befiehlt auch nicht. Er fragt nur freundlich. Du kannst Nein sagen. Dann teile ich ihm das mit. Und dann sehen wir weiter.«
    Wieder herrschte Stille. Finree presste sich die Zunge immer mehr gegen die Zähne, der Knoten gab nach, gab endlich langsam nach …
    Die Tür schwang auf, und sie saßen blinzelnd im Licht. Ein Mann stand in der Tür. Eines seiner Augen war seltsam hell. Zu hell. Er trat ins Innere, und Finree erkannte, dass sein Auge aus Metall gemacht war und inmitten einer enormen, verwachsenen Narbe steckte. Nie zuvor war sie einem Menschen von derart monströsem Aussehen begegnet. Aliz stieß ein stotterndes Winseln aus. Sie war zur Abwechslung zu entsetzt, um zu schreien.
    »Sie hat ihre Hände frei bekommen«, flüsterte das Narbengesicht über die Schulter hinweg.
    »Ich hab doch gesagt, sie hat Mark in den Knochen«, ertönte die Stimme des Riesen von draußen. »Sag dem Schwarzen Dow, dass ihn das etwas kosten wird. Die Frau hat ihren Preis, ebenso wie die Tatsache, dass er mich beleidigt hat.«
    »Das werde ich ihm sagen.« Der Metallaugenmann trat vor und zog etwas aus seinem Gürtel. Ein Messer; sie sah, wie in im Dämmerlicht Metall aufblitzte. Aliz sah es auch; sie wimmerte wieder und packte Finrees Hand ganz fest. Finree erwiderte den Griff. Sie wusste nicht, was sie sonst hätte tun können. Der Mann kniete sich vor ihnen hin, stützte die Unterarme locker auf die Knie, ließ die Hände herunterhängen und hielt das Messer locker zwischen den Fingern. Finrees Augen glitten vom Schimmern der Klinge zu seinem schimmernden Metallauge, und sie konnte sich nicht entscheiden, was sie schrecklicher fand. »Alles hat seinen Preis, nicht wahr?«, flüsterte er ihr zu.
    Das Messer zuckte nach vorn und zerschnitt den Strick um ihre Knöchel mit einem Ruck. Er fasste hinter seinen Rücken und zog ihr mit der nächsten Bewegung einen Leinensack über den Kopf, der sie in Dunkelheit stürzte, die schimmlig nach Zwiebeln roch. Dann wurde sie am Arm emporgezogen, und ihre Hände entglitten Aliz’ schlaffem Griff.
    »Warten Sie!«, hörte sie Aliz hinter sich schreien. »Was ist mit mir? Was ist mit …«
    Die Tür fiel laut ins Schloss.

DIE BRÜCKE
    Euer Erhabene Majestät,
    wenn Sie dieser Brief erreicht, dann bin ich in der Schlacht gefallen und habe bis zum letzten Atemzug für Ihre Sache gekämpft. Ich schreibe Ihnen diese Zeilen, um Ihnen etwas mitzuteilen, das ich Ihnen niemals persönlich anvertrauen konnte. Jene Tage, in denen ich zu den Rittern der Wacht zählte – und insbesondere jene, in denen ich als Ihr persönlicher Leibwächter dienen durfte – , waren die glücklichsten meines Lebens; der Tag, an dem ich diese Stellung verlor, war hingegen der traurigste. Wenn ich Sie im Stich gelassen habe, dann hoffe ich, dass Sie mir vergeben können und mich so in Erinnerung behalten, wie ich vor Sipani war: pflichtbewusst, aufmerksam und Eurer Majestät stets treu ergeben.
    Zum Abschied sage ich Ihnen aus tiefstem Herzen Lebewohl,
    Bremer dan Gorst
    Bei näherer Überlegung entschied er sich gegen »aus tiefstem Herzen« und strich die Worte durch. Vermutlich war es besser, den ganzen Brief noch einmal neu zu schreiben, dachte er, doch er war sich bewusst, dass dazu keine Zeit mehr blieb. Er warf die Feder beiseite, faltete den Bogen, ohne zuvor die Tinte zu löschen, und schob das Schreiben in seinen Brustpanzer.
    Vielleicht wird es dort jemand finden, später, bei meiner dreckverschmierten Leiche. Wer weiß, möglicherweise mit einem dramatischen Blutfleck in einer Ecke? Ein letzter Brief! Nun, an

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