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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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ganze Division, verstärkt durch zwei von Mittericks Regimentern, hatte sich dort, wo das Gelände sanft zum Fluss hin abfiel, auf dem Gras und Kies in Paradeaufstellung eingefunden. Die Männer blickten nach Norden. Zu den Helden. Zum Feind. Das haben wir also wenigstens schon mal richtig hingekriegt.
    Noch nie zuvor hatte Gorst so viele Soldaten an einem Ort und zur gleichen Zeit in Schlachtformation gesehen; auf beiden Seiten verloren sich die Männer in der Entfernung und der Dunkelheit. Über ihren dichten Reihen schwankte ein Dickicht aus Speerspitzen und stachligen anderen Stangenwaffen, die Fahnen der Kompanien wehten, und auch die vergoldete Standarte des Achten Regiments der Königstreuen, die stolz von ganzen Generationen von Schlachten kündete, flatterte laut in der steifen Brise. Lampen warfen Lichtkreise, beleuchteten zusammengedrängte, feierliche Gesichter und ließen den polierten Stahl überall funkeln. Hier und da warteten berittene Offiziere mit über die Schulter gelegten Säbeln darauf, Befehle zu empfangen und weiterzugeben. Eine abgerissen wirkende Handvoll Nordmänner, die zum Hundsmann gehörte, stand nahe am Wasser und glotzte diese militärische Prachtentfaltung mit staunenden Gesichtern an.
    Für diese besondere Gelegenheit hatte General Jalenhorm eine Rüstung angelegt, die weniger zweckmäßig als vielmehr kunstvoll zu nennen war: Auf dem Brustpanzer aus spiegelnd hell poliertem Stahl waren vorn und hinten goldene Sonnen eingraviert, deren Strahlen zu Schwertern, Lanzen und Pfeilen wurden und noch dazu in vollendeter Handwerkskunst mit Kränzen aus Eichenblatt und Lorbeer umwunden waren.
    »Wünschen Sie mir Glück«, raunte er, dann spornte er sein Pferd mit den Hacken an und trabte über das Kiesbett auf die vorderste Reihe zu.
    »Viel Glück«, flüsterte Gorst.
    Die Männer waren so still, dass man sogar das leise, metallische Klingen hörte, als Jalenhorm seinen Säbel zog. »Männer der Union!«, donnerte er und streckte die Waffe in die Höhe. »Vor zwei Tagen haben viele von Ihnen eine Niederlage durch die Nordmänner hinnehmen müssen! Wir wurden von jenem Berg vertrieben, den Sie dort vor uns sehen. Die Schuld lag an jenem Tag allein bei mir!« Gorst hörte andere Offiziere, die vor ihren Leuten laut die Worte des Generals wiederholten, weil ihre Einheiten zu weit entfernt waren, um sie selbst zu hören. »Ich hoffe und ich vertraue darauf, dass Sie mir helfen werden, dafür Genugtuung zu erlangen. Ich fühle mich geehrt, dass man mir den Befehl über Männer anvertraut hat, wie Sie es sind. Tapfere Männer von Midderland, von Starikland, von Angland. Tapfere Männer der Union!«
    Die harte Disziplin verbot den Soldaten, in Beifallsrufe auszubrechen, aber dennoch wurde ein Murmeln in den Reihen laut. Selbst Gorst wurde unversehens von Stolz erfasst, und er hob das Kinn. Eine patriotische Trübung der Augen. Und das sogar bei mir, wo ich es doch wirklich besser wissen sollte.
    »Der Krieg ist schrecklich!« Jalenhorms Pferd tänzelte auf dem kiesigen Ufer, und er brachte das Tier mit einem harten Ruck an den Zügeln wieder unter Kontrolle. »Aber der Krieg ist auch wunderbar! Im Krieg kann ein Mann entdecken, wer er wirklich ist. Alles, was er sein kann. Der Krieg bringt das Schlimmste in einem Menschen hervor – seine Gier, Feigheit, Grausamkeit! Aber auch das Beste – unseren Mut, unsere Stärke, unsere Großmut! Zeigen Sie mir heute Ihr Bestes! Und vor allem, zeigen Sie es dem Feind!«
    Eine kurze Pause entstand, während die Stimmen in der Entfernung die letzten Sätze übermittelten und Jalenhorms Stab darauf hinwies, dass die Ansprache nun zu Ende war, aber dann hoben die Männer alle zusammen ihre Arme und brachen in donnernden Beifall aus. Gorst merkte, dass er selbst mit piepsiger Stimme dazu beitrug, und gebot sich Einhalt. Der General saß im Sattel, den Säbel achtungsvoll erhoben, dann wandte er seinen Männern den Rücken zu, und sein Lächeln verblasste, als er nun auf Gorst zuritt.
    »Gute Rede. Soweit man das über so was überhaupt sagen kann.« Der Hundsmann saß vornübergebeugt im abgestoßenen Sattel eines struppigen Pferds und blies in die aneinandergelegten Hände.
    »Danke«, erwiderte der General, der nun sein Pferd zügelte. »Ich habe versucht, nur die Wahrheit zu sagen.«
    »Die Wahrheit ist wie Salz. Eine kleine Prise schmeckt den meisten Menschen, aber in großer Menge macht es sie krank.« Der Hundsmann grinste die beiden Unionsoffiziere an.

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