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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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suchte. »Du hast ganz andere, schwerwiegendere Sorgen …«
    Wie um ihre Bemerkung zu bestätigen, hatte er sich bereits abgewandt und ging einem Boten entgegen, der von Osten her zur Scheune geritten kam. »Neuigkeiten?«
    »Oberst Brock lässt mitteilen, dass seine Männer mit dem Angriff auf die Brücke in Osrung begonnen haben!« Hal war also in der Schlacht. Wahrscheinlich an vorderster Front. Sie merkte, dass sie unter ihrer Kleidung noch stärker schwitzte. Die Feuchtigkeit unter Hals Mantel vermischte sich mit der Nässe, die von draußen hereinleckte und verband sich zu einer gemeinen Attacke juckenden Unbehagens. »Oberst Brint führt währenddessen einen Angriff gegen die Wilden, die gestern …« Seine Augen glitten nervös zu Finree und wieder zurück, dann räusperte er sich. »Gegen die Wilden.«
    »Und?«, fragte ihr Vater.
    »Das ist alles, Herr Marschall.«
    Er verzog das Gesicht. »Vielen Dank. Bitte bringen Sie mir weitere Nachrichten, sobald Sie etwas in Erfahrung bringen können.«
    Der Bote salutierte, wandte sein Pferd und galoppierte durch den Regen davon.
    »Zweifelsohne macht sich Ihr Gatte bei diesem Angriff gerade besonders um sein Vaterland verdient.« Bayaz stützte sich neben Finree auf seinen Stab. Seine kahle Platte glänzte vor Nässe. »Und führt die Truppen von vorderster Front an, ganz im Stil von Harod dem Großen. Ein Held der späten Tage! Für Männer dieses Formats hegte ich stets die größte Bewunderung.«
    »Vielleicht sollten Sie es selbst einmal probieren.«
    »Oh, das habe ich. In meiner Jugend war ich ein echter Hitzkopf. Aber einem alten Mann steht ein unstillbarer Hunger nach Gefahr nicht mehr gut zu Gesicht. Helden haben ihre Qualitäten, aber es muss ihnen jemand die Richtung weisen. Und hinter ihnen aufräumen. Die Öffentlichkeit jubelt ihnen natürlich zu, aber meist hinterlassen sie ziemlich viel Unordnung.« Bayaz tätschelte sich gedankenverloren den Bauch. »Nein, eine Tasse Tee hinter den Linien ist heute mehr mein Stil. Männer wie Ihr Gatte können gern die Lorbeeren einheimsen.«
    »Sie sind zu großzügig.«
    »Da würden Ihnen wohl nur wenige zustimmen.«
    »Aber wo ist denn nun Ihr Tee?«
    Bayaz sah missmutig auf seine leere Hand. »Mein Diener hat heute Morgen … wichtigere Aufgaben zu erledigen.«
    »Kann es denn etwas Wichtigeres geben, als Ihren Wünschen nachzukommen?«
    »Oh, meine Wünsche reichen weit über die Annehmlichkeiten hinaus, die ein Kessel heißes Wasser bieten kann …«
    Hufschlag hallte aus dem Regen, ein einsamer Reiter sprengte von Westen heran, und alle Umstehenden reckten die Hälse, als schließlich ein kinnloses, schlecht gelauntes Gesicht aus den Regenschleiern auftauchte.
    »Felnigg!«, stieß Finrees Vater hervor. »Was geschieht dort zur Linken?«
    »Mitterick ist verdammt noch mal zu früh gekommen!«, schäumte Felnigg, der sich nun aus dem Sattel schwang. »Hat seine Kavallerie noch im Dunkeln ins Kornfeld gejagt! Das war reine Unvernunft!«
    Da Finree wusste, wie sich das Verhältnis zwischen beiden Männern gestaltete, hielt sie es für gut möglich, dass Felnigg an diesem Fiasko nicht ganz unbeteiligt gewesen war.
    »Das haben wir gesehen«, presste ihr Vater zwischen den verkniffenen Lippen hervor. Er war offenbar gerade zu demselben Schluss gelangt.
    »Der Mann gehört vor ein Kriegsgericht, verdammt noch mal!«
    »Vielleicht später. Wie ging es aus?«
    »Die Situation war … noch nicht entschieden, als ich davonritt.«
    »Also haben Sie überhaupt keine Ahnung, was dort drüben vor sich geht?«
    Felnigg öffnete den Mund und schloss ihn dann wieder. »Ich hielt es für das Beste, sofort zurückzukehren …«
    »Und mir von Mittericks Fehler zu berichten, anstatt mich über dessen Folgen zu informieren. Ich danke Ihnen, Herr Oberst, aber Unwissenheit umgibt mich bereits zur Genüge.« Ihr Vater wandte sich um, bevor Felnigg noch etwas hätte hinzufügen können, schritt wieder über den Hügel und spähte nach Norden, wo es ebenso wenig zu sehen gab wie in allen anderen Richtungen. »Hätte einem Angriff nicht zustimmen dürfen«, hörte sie ihn vor sich hinmurmeln, als er an ihr vorüberging. »Hätte nie zustimmen dürfen.«
    Bayaz seufzte, und das Geräusch kratzte an ihren verschwitzten Schultern wie ein Korkenzieher. »Ich fühle zutiefst mit Ihrem Vater.«
    Finree stellte fest, dass ihre Bewunderung für den Ersten Magi in dem Maße schwand, in dem ihre Abneigung zunahm. »Tatsächlich«, sagte sie

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