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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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von der Masse um sich schlagender, schubsender, brüllender Männer davongetragen. Er brauchte einen Augenblick, um sich darüber klar zu werden, dass sie keine Feinde waren, aber trotz alledem ragten jede Menge Klingen in seine Richtung, und auch, wenn es keine Unionswaffen waren, würden sie vermutlich ziemlich wehtun, falls sie sich in seine Nüsse bohrten. Schließlich war es ja auch kein Unionsschwert gewesen, das Reft getötet hatte, nicht wahr?
    Jemand schlug ihm den Ellenbogen auf den Kopf, und er taumelte zur Seite, wurde von jemand anderem gestoßen und sank auf die Knie, und nun trat ihm ein Stiefel die Hand in den Dreck. Schließlich konnte er sich an einem Schild wieder hochziehen, auf den ein Drachenkopf gemalt war, auch wenn dessen Besitzer wenig erfreut schien, dass er sich so daran hängte. Überall versuchten Männer, voneinander wegzukommen oder aufeinander zuzulaufen. Sie pressten sich die Hand auf Wunden, deren Blutspuren der Regen rosa verlaufen ließ, hielten ihre Waffen fest und waren alle klatschnass und durchgedreht vor Angst und Wut.
    Bei den Toten, er wollte weglaufen. Vielleicht weinte er sogar. Aber er wusste, dass er nicht noch einmal versagen durfte. Zu seiner Truppe halten, das hatte Kropf gesagt, oder nicht? Zu seinem Häuptling halten. Er blinzelte in den Sturm, der um ihn herum tobte, und sah kurz die schwarze, ebenfalls völlig durchweichte Standarte des Schwarzen Dow flattern. Wusste, dass Kropf in der Nähe sein musste. Schob sich an den zuckenden Körpern vorbei, glitt mit den Stiefeln auf dem aufgeweichten, aufgewühlten Boden aus. Glaubte, ganz kurz Drofds wutverzerrtes Gesicht gesehen zu haben. Hörte plötzlich Gebrüll und sah einen Speer auf sich zukommen. Nicht einmal besonders schnell. Zuckte hastig mit dem Kopf beiseite, so weit er konnte, streckte sich mit aller Macht, und der Speer ging an seinem einen Ohr vorbei. Jemand kreischte in das andere Ohr, fiel gegen ihn, lag warm an seiner Schulter. Schnaufte und gurgelte. Heiß und nass lief es seinen Arm hinunter. Er keuchte, bewegte die Schultern, schüttelte den Toten ab, drängte ihn hinunter in den Schlamm.
    Wieder schob sich die Menschenmasse zu einer Seite, und Beck wurde nach links getragen, während er mit offenem Mund darum kämpfte, sich aufrechtzuhalten. Warmer Regen schlug gegen seine Wange, als der Mann vor ihm plötzlich weggerissen wurde und er unerwartet viel Platz vor sich hatte. Ein Stück schlammiger Erde, auf der überall Leichen und zerbrochene Speere lagen, durchsetzt mit Pfützen, in die der Regen kleine Kreise schlug.
    Und auf der anderen Seite: der Feind.
    Dow brüllte etwas über seine Schulter, aber Kropf konnte ihn nicht hören. Er hörte beinahe gar nichts mehr außer dem prasselnden Regen und dem Schreien grober Stimmen, die selbst so laut waren wie der Sturm. Für Befehle war es zu spät. Es kommt eine Zeit, in der jeder Mann sich an die Order halten muss, die er bekommen hat, in der er darauf vertrauen muss, dass seine Mannen das Rechte tun und einfach kämpfen werden. Kurz glaubte er, den Vater der Schwerter zwischen den Speeren emporragen zu sehen. Er hätte bei seinem Dutzend sein sollen. Wieso hatte er zugestimmt, Dows Stellvertreter zu werden? Vielleicht, weil er früher einmal Dreibaums Stellvertreter gewesen war und sich gedacht hatte, dass die Welt wieder so sein würde wie früher, wenn er wieder denselben Platz einnahm wie früher. Ein alter Narr, der nach Geistern haschte. Es war viel zu spät. Er hätte Colwen heiraten sollen, als er die Möglichkeit dazu hatte. Zumindest hätte er sie fragen können. Damit sie zumindest die Chance gehabt hätte, Nein zu sagen.
    Er schloss kurz die Augen und atmete die nasse, kalte Luft ein. »Hätte Zimmermann bleiben sollen«, flüsterte er. Aber das Schwert war die leichtere Wahl gewesen. Um mit Holz zu arbeiten, brauchte man die verschiedensten Werkzeuge – Stemmeisen, Stecheisen und Sägen, große und kleine Beile, Nägel und Hämmer, Dorne und Hobel. Um zu töten, brauchte man nur zwei. Eine Klinge und einen unbeugsamen Willen. Nur war Kropf sich nicht mehr sicher, ob er noch immer den nötigen Willen besaß. Er drückte die Hand um den nassen Griff seines Schwerts zusammen, und der Schlachtenlärm wurde lauter und lauter, verband sich mit seinem lauten Atem und dem lauten Rauschen seines pochenden Blutes, die in seinen Ohren dröhnten. Er hatte seine Wahl getroffen. Und er biss die Zähne zusammen und riss die Augen auf.
    Die Menge

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