Heldenklingen
Kreises machten Platz und ließen Espe durch, der Calder unter den Arm gefasst hatte und mit sich zog.
Calder sah längst nicht mehr so selbstzufrieden aus wie noch vor wenigen Tagen, als Beck ihn das erste Mal gesehen hatte, wie er auf seinem schönen Pferd zu Reichels Heerschau geritten kam, aber er grinste immer noch. Zwar war es ein etwas schiefes, blasses, rotäugiges Grinsen, aber immerhin. Espe ließ ihn los, marschierte achtlos über die sieben Schritt matschigen Bodens und hinterließ eine Spur aus Stiefelabdrücken, die sich sanft mit Wasser füllten, gliederte sich neben Herrlich ein und nahm einen Schild, den ihm jemand aus der zweiten Reihe reichte.
Calder nickte jedem im Schildkreis zu, als seien sie alle alte Freunde. Auch Beck. Bei ihrer ersten Begegnung war seine Miene voller Stolz und Spott gewesen, aber vielleicht hatten sie sich beide seitdem verändert. Wenn Calder nun lachte, dann sah es aus, als lachte er nur über sich selbst. Beck nickte feierlich zurück. Er wusste, wie es sich anfühlte, wenn man dem Tod ins Gesicht sah, und er war der Ansicht, dass man viel Mark in den Knochen brauchte, um in einem solchen Augenblick zu lächeln. Verdammt viel.
Calder hatte so viel Angst, dass die Gesichter im Kreis zu einem schwindelerregenden Rund verschwammen. Aber er war fest entschlossen, dem großen Gleichmacher so mutig entgegenzutreten, wie sein Vater und auch sein Bruder es getan hatten. Mit einem ordentlichen Funken Stolz. Den trug er vor sich her, hielt sich an seinem leisen Lächeln fest, und er nickte den Gesichtern zu, die er gar nicht richtig sah, als seien die Männer zu seiner Hochzeit gekommen und nicht zu seiner Beerdigung.
Er musste reden. Die Zeit mit hohlen Worten füllen. Alles, nur nicht nachdenken. Calder packte Reichels Hand, jene, die nicht den ramponierten Schild hielt. »Du bist gekommen.«
Der alte Mann sah ihm kaum in die Augen. »War das Mindeste, was ich tun konnte.«
»Mehr konntest du nicht tun, würde ich sagen. Richte Seff aus … sag ihr, es täte mir leid.«
»Mach ich.«
»Und zieh nicht so ein Gesicht. Das ist doch keine Beerdigung.« Er gab dem alten Mann einen kleinen Stoß. »Noch nicht.« Das leise Auflachen, das er dafür erntete, trug ein wenig dazu bei, dass er sich nicht mehr ganz so sehr in die Hosen machte. Es war ein sanftes, tiefes Lachen darunter. Eines, das aus großer Höhe kam. Fremder-der-anklopft, und allem Anschein nach stand er auf Calders Seite. »Du hältst einen Schild für mich?«
Der Riese tippte mit seinem keulengroßen Zeigefinger auf das hölzerne Rund, das sich bei ihm geradezu winzig ausnahm. »Das tue ich.«
»Was versprichst du dir davon?«
»Von dem Aufeinanderprallen rächenden Stahls und dem Blut, das die durstige Erde tränkt? Von dem Brüllen des Siegers und den Schreien des Erschlagenen? Was könnte ich mir anderes davon versprechen, als Männer zu sehen, die alles geben und alles nehmen, Leben und Tod auf Messers Schneide?«
Calder schluckte. »Aber wieso stehst du auf meiner Seite?«
»Da war Platz.«
»Ach so.« Mehr konnte er nicht sagen. Ein guter Platz, um seinen Tod mitzuerleben. »Bist du auch hier, weil gerade Platz war?«, fragte er Schneebleich.
»Ich bin hier wegen dir, und wegen Scale und deinem Vater.«
»Ich auch«, sagte Hansul Weißauge.
Nach all dem Hass, gegen den er sich gewappnet hatte, berührte ihn diese Treue so sehr, dass er beinahe wirklich breit gelächelt hätte. »Das bedeutet mir sehr viel«, krächzte er. Und das Traurige war, dass es stimmte. Er schlug mit der Faust gegen Weißauges Schild und legte Schneebleich die Hand auf die Schulter. »Wirklich sehr viel.«
Aber die Zeit für Umarmungen und feuchte Augen verstrich schnell. Lärm war aus der Menge außerhalb des Kreises zu hören, es kam Bewegung in die Menschen, dann rückten die Schildträger beiseite. Der Bewahrer des Nordens schlenderte durch die Lücke, so gelassen wie ein Spieler, der seine größte Wette schon gewonnen hat, und seine schwarze Standarte flatterte hinter ihm wie der leibhaftige Schatten des Todes. Am Oberkörper trug er nur eine Lederweste, die seine von Adern und knotigen Sehnen durchzogenen Arme und Schultern freiließ, und um seinen Hals lag die Kette mit dem schimmernden Edelstein, die Calders Vater früher getragen hatte.
Hände klatschten, Waffen rasselten, Metall schlug gegen Metall, und alle drängten danach, zumindest einen kurzen, anerkennenden Blick von jenem Mann zu erhaschen, der die
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