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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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so viel Abstand von Dow zu halten wie möglich, aber der Schildkreis war nun einmal nicht besonders groß. Das war ja Sinn und Zweck der Übung.
    Langsam umkreisten sie einander. Dow schritt locker und selbstbewusst durch das Rund, hielt das Schwert lässig in der Hand und ließ keinen Zweifel daran, dass er sich bei einem solchen Zweikampf auf Leben und Tod so wohl und sicher fühlte wie Calder sich vielleicht in seinem Schlafzimmer. Calder hingegen machte tapsige, unsichere Schritte wie ein Kind, das gerade erst laufen lernt. Sein Mund stand offen, er keuchte bereits und stolperte und strauchelte sofort, sobald Dow auch nur die kleinste Bewegung in seine Richtung machte. Der Lärm war ohrenbetäubend, weiß stieg der Atem in die Luft, während die Zuschauer brüllten und zischten und ihren Beifall und ihren Spott …
    Calder blinzelte und war kurz geblendet. Dow hatte ihn so hin und her gejagt, dass ihm die aufgehende Sonne, die gerade über die ausgefranste Ecke der Standarte lugte, direkt in die Augen schien. Er sah Metall aufblitzen, wedelte hilflos mit seinem Schwert und fühlte einen harten Schlag gegen die linke Schulter, der ihn zur Seite schleuderte und atemlos aufschreien ließ. Er rutschte aus, rappelte sich wieder auf, wartete auf das Einsetzen des Schmerzes und erkannte dann geradezu schockiert, dass nirgendwo sein Blut floss. Dow hatte ihn lediglich mit der Breitseite geschlagen. Er spielte mit ihm. Machte ein Spektakel aus diesem Kampf.
    In der Menge wurde gelacht, und das genügte, um einen Funken Zorn in Calder anzufachen. Er biss die Zähne zusammen und hob sein Schwert. Wenn er nicht angriff, würde er verlieren. Er sprang auf Dow zu, aber der Untergrund war so rutschig, dass wenig Wucht dahinter war. Dow drehte sich einfach zur Seite und wehrte Calders wackelndes Schwert mit Leichtigkeit ab, während der an ihm vorüberstolperte. Die Klingen schrammten aneinander, die Parierstangen verkeilten sich.
    »Verdammter Schwächling«, zischte Dow und stieß Calder mit einer Bewegung beiseite, mit der man auch eine Fliege hätte verscheuchen können, und Calder, der heftig ins Trudeln kam, versuchte verzweifelt, nicht den matschigen, aufgeweichten Boden unter den Füßen zu verlieren.
    Die Männer auf Dows Seite waren wesentlich weniger hilfsbereit als Hansul. Ein Schild krachte von hinten gegen Calders Kopf und warf ihn um. Für einen kurzen Augenblick konnte er nicht sehen und nicht atmen, und seine Haut prickelte. Als er sich mühsam aufrappelte, fühlte es sich so an, als ob seine Glieder tonnenschwer geworden waren, der Kreis schlammiger Erde schwankte, die grölenden Stimmen dröhnten und raunten.
    Er hatte sein Schwert verloren. Griff danach. Ein Stiefel fuhr hinab und drückte seine Hand in den kalten Matsch, spritzte Dreck in sein Gesicht. Er keuchte laut, zunächst mehr vor Schreck als vor Schmerz, doch dann tat es doch richtig weh, als Dow seinen Absatz hin und her drehte und Calders Finger weiter in die Erde trieb.
    »Prinz des Nordens?« Die Spitze von Dows Schwert ritzte leicht Calders Hals, zwang ihn, während er hilflos auf allen vieren kniete, den Kopf zum hellen Himmel zu heben. »Du bist eine verdammte Schande, du kleiner Wichser.« Calder zog wieder hart die Luft ein, als die Schwertspitze ihm den Kopf zurückschlug und dabei einen brennenden Schnitt über sein Kinn zog.
    Dow schlenderte wieder davon, zog das Spektakel in die Länge, während hinter ihm ein Halbkreis grinsender, geifernder, verächtlicher Gesichter über die Schilde ragte: »Schwar-zer Dow – Schwar-zer Dow …« Zehnweg grölte begeistert mit, Golding ebenso, während Espe nur das Gesicht verzog. Hinter ihnen schwangen die Männer rhythmisch ihre Waffen.
    Calder zog zitternd die Hand aus dem Dreck. Ein paar rotschwarze Tropfen fielen von seinem Kinn auf die malträtierten Finger, und soweit er erkennen konnte, waren nicht mehr alle Gelenke dort, wo sie eigentlich hingehörten.
    »Steh auf!« Eine drängende Stimme hinter ihm. Schneebleich vielleicht. »Steh auf!«
    »Warum?«, flüsterte er dem Boden zu. Es war so beschämend. Von einem gewalttätigen Strolch zur Unterhaltung johlender Verrückter abgeschlachtet zu werden. Er konnte zwar nicht behaupten, dass es gänzlich unverdient geschah, aber das machte die Sache nicht schöner und auch nicht weniger schmerzhaft. Sein Blick glitt flackernd über den Schildkreis, suchte fieberhaft nach einem Fluchtweg. Aber es gab keine Lücke im Dickicht stampfender Stiefel,

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