Heldenklingen
Reft. Er hielt stand und kämpfte, während ich floh und mich versteckte, und dann habe ich ihn getötet.« Beck starrte noch immer das Wagenrad an, und seine Augen schimmerten feucht. »Hab ihn mit dem Schwert meines Vaters durchbohrt. Hab ihn für einen Unionisten gehalten.«
Kropf hätte am liebsten mit den Zügeln geschnalzt und wäre losgefahren. Aber vielleicht konnte er einmal noch helfen und all den vergeudeten Jahren damit vielleicht doch noch einen Nutzen abringen, zumindest einen kleinen. Also biss er die Zähne zusammen, beugte sich hinab und legte Beck die Hand auf die Schulter. »Ich weiß, dass es dich quält. Das wird es vielleicht ewig tun. Aber so traurig es ist, ich habe über die Jahre ein Dutzend solcher Geschichten gehört. Deine würde niemanden erschüttern, der eine Schlacht erlebt hat. Es ist ein finsteres Geschäft. Bäcker backen Brot, Zimmerleute bauen Häuser, und wir sorgen für Tote. Du kannst nur versuchen, jeden Tag so zu nehmen, wie er kommt. Versuche das Beste aus dem herauszuholen, was man dir mitgegeben hat. Du wirst nicht immer das Rechte tun, aber du kannst es versuchen. Du kannst das nächste Mal versuchen, das Rechte zu tun. Und außerdem am Leben zu bleiben.«
Beck schüttelte den Kopf. »Ich habe einen Mann getötet. Muss ich nicht dafür bezahlen?«
»Du hast einen Mann getötet?« Kropf hob die Arme und ließ sie hilflos wieder sinken. »Es war eine Schlacht. Alle stecken drin. Manche überleben, andere sterben, manche bezahlen, andere nicht. Wenn du mit heiler Haut davonkommst, sei dankbar. Versuch es zu verdienen.«
»Ich bin ein beschissener Feigling.«
»Vielleicht.« Kropf deutete mit dem Daumen hinter sich auf Whirruns Leiche. »Da liegt ein Held. Jetzt sag mir mal, wer besser dran ist.«
Beck atmete erschauernd ein. »Joh. Ist wohl so.« Er hielt den Vater der Schwerter hoch, und Kropf nahm die Waffe unter der Parierstange, hob das schwere Metall und legte es vorsichtig in den Wagen neben Whirruns toten Körper. »Du nimmst es jetzt also mit? Hat er es dir hinterlassen?«
»Er hat es der Erde hinterlassen.« Kropf schob die Decke so darüber, dass es nicht mehr zu sehen war. »Er wollte, dass es mit ihm begraben wird.«
»Wieso?«, fragte Beck. »Ist es nicht das Schwert der Götter, das vom Himmel gefallen ist? Ich dachte, es muss immer weitergegeben werden. Ist es verflucht?«
Kropf nahm die Zügel und sah wieder nach Norden. »Jedes Schwert ist ein Fluch, mein Junge.« Dann trieb er die Pferde an, und der Karren setzte sich in Bewegung.
Die Straße hinauf.
Weg von den Helden.
DURCH DAS SCHWERT
C alder saß da und sah in die blakenden Flammen.
Es sah ganz so aus, als habe er seine ganze Gerissenheit voll und ganz dafür aufgebraucht, sich für ein paar Stunden länger am Leben zu halten. Für kalte, hungrige, unbehagliche Stunden voll wachsender Angst noch dazu. Stunden, in denen er dasaß und über das Feuer hinweg Espe anstarrte, während seine wundgeriebenen Handgelenke und die überkreuzten Beine schmerzten und die Kälte durch seinen Hosenboden kroch, die seinen Arsch klamm und kalt werden ließ.
Aber wenn man nicht mehr bekommen kann als diese wenigen Stunden, dann tut man alles für sie. Wahrscheinlich hätte er auch alles dafür getan, nur um noch ein paar weitere zu bekommen. Wenn ihm jemand so etwas angeboten hätte. Aber das tat ja niemand. Die diamanthellen Sterne waren jetzt ebenso verblasst wie seine strahlenden Pläne, ausgelöscht von den ersten gnadenlosen Zeichen des Tages, der von Osten, hinter den Helden, heraufzog. Sein letzter Tag.
»Wie lange noch bis zum Morgengrauen?«
»So lange, wie es dauert«, sagte Espe.
Calder reckte den Hals und bewegte die Schultern, die davon ganz verkrampft waren, dass er immer wieder mit gefesselten Händen in unruhigen Halbschlaf gefallen war und sich durch Albträume gekämpft hatte, nach denen er sich beinahe sehnte, sobald er mit einem Ruck erwacht war. »Du könntest dich wohl nicht dazu hinreißen lassen, meine Hände loszubinden?«
»Wenn es so weit ist.«
Wie verdammt enttäuschend das alles war. Was für hochfliegende Pläne sein Vater gehabt hatte. »Alles für euch«, hatte er oft gesagt, wenn er stolz dastand, die eine Hand auf Calders Schulter und die andere auf Scales. »Ihr werdet über den Norden herrschen.« Was für ein Ende für einen Mann, der sein Leben lang davon geträumt hatte, König zu werden. Man würde sich an ihn erinnern, das schon. Weil er den blutigsten Tod in
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