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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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zeigten.
    »Hier.« Calder löste seinen eigenen Mantel und legte ihn seinem Bruder um die Schultern, wobei seine gebrochene Hand vor lauter Mitfühlen unangenehm prickelte.
    Scale sah so schmerzerfüllt und so erschöpft aus, dass er nicht einmal imstande war, Calder mit einer kleinen Geste zu bedeuten, dass ihm das gar nicht recht war. »Was ist mit deinem Gesicht passiert?«
    »Ich habe deinen Ratschlag über das Kämpfen beherzigt.«
    »Und, wie war es?«
    »Schmerzhaft für alle Beteiligten«, sagte Calder, der die Mantelfibel mit einer Hand und einem Daumen schloss.
    Scale stand da, schwankte, als ob er jeden Augenblick umfallen würde, und sah blinzelnd über das wogende Kornfeld. »Die Schlacht ist dann also vorbei?«, krächzte er.
    »Ja.«
    »Wer hat gewonnen?«
    Calder zögerte. »Wir.«
    »Du meinst, Dow?«
    »Dow ist tot.«
    Scales blutunterlaufene Augen weiteten sich. »In der Schlacht gefallen?«
    »Danach.«
    »Wieder zu Schlamm geworden.« Scale bewegte die hängenden Schultern unter dem Mantel hin und her. »Er hat es wohl herausgefordert.«
    Calder konnte an nichts anderes denken als an die Grube, die sich vor seinen Stiefelspitzen auftat. »Das tut jeder.«
    »Wer ist an seine Stelle getreten?«
    Wieder eine Pause. Das Lachen der badenden Soldaten trieb zu ihnen herüber und wurde dann wieder vom Rascheln der Getreidehalme überdeckt. »Ich.« Scales verschorfter Mund klappte idiotisch auf. »Sie nennen mich jetzt den Schwarzen Calder.«
    »Den Schwarzen … Calder.«
    »Komm, ich helfe dir beim Aufsteigen.« Damit führte Calder seinen Bruder zu den Pferden, während Espe sie auf Schritt und Tritt beobachtete.
    »Steht ihr beide jetzt auf derselben Seite?«, fragte Scale.
    Espe legte einen Finger auf seine vernarbte Wange und zog sie ein Stück herunter, so dass sein Metallauge aus seiner Höhle quoll. »Ich behalte ihn nur im Auge.«
    Scale streckte den rechten Arm nach dem Sattelknauf aus, hielt dann in der Bewegung inne und fasste schließlich ungelenk mit der Linken zu. Er fischte mit einem Stiefel nach dem Steigbügel und versuchte sich schließlich hochzuziehen. Calder schob ihm eine Hand unter das Knie, um ihm aufzuhelfen. Als Calder noch klein gewesen war, hatte Scale ihm in den Sattel geholfen. Manchmal hatte er ihn ziemlich unsanft hinaufgezerrt. Wie sich die Dinge verändert hatten.
    Die drei wandten sich nun dem Pfad über die Felder zu. Scale war im Sattel zusammengesunken, die Zügel lagen schlaff in seiner linken Hand, und sein Kopf wippte bei jedem Hufschlag. Calder ritt grimmig neben ihm her. Espe folgte ihnen wie ein Schatten. Der große Gleichmacher lauerte in ihrem Rücken. Sie durchquerten die Felder und näherten sich nun auf ihrem endlosen Ritt der Lücke in Clails Mauer, wo Calder kürzlich dem Angriff der Union getrotzt hatte.
    Sein Herz schlug jetzt ebenso schnell wie vor ein paar Tagen. Die Union hatte sich an diesem Morgen hinter den Fluss zurückgezogen, und Schneebleichs Jungs lagerten nördlich der Helden, aber dennoch ruhten genügend Augen auf ihnen. Ein paar nervöse Plünderer durchkämmten das niedergetrampelte Getreide in der Hoffnung, noch ein paar Kleinigkeiten zu entdecken, die allen anderen entgangen waren. Suchten Pfeilspitzen oder Schnallen oder sonst was zusammen, was vielleicht noch ein Kupferstück einbringen mochte. Ein paar Männer liefen durch das Korn nach Osten, einer trug eine Angelrute über der Schulter. Seltsam, wie schnell aus einem Schlachtfeld wieder ein ganz normales Gelände wird. An einem Tag ist noch jeder Fingerbreit es wert, dass Männer dafür sterben, am nächsten Tag ist es nur ein Stück Weg zwischen einem Ort und dem nächsten. Als er sich umsah, fing Calder Espes Blick, und der Mörder hob das Kinn und stellte ihm schweigend die besagte Frage. Calder riss den Kopf zur Seite, als hätte er mit der Hand einen kochenden Topf berührt.
    Er hatte bereits Männer getötet. Brodd Zehnweg hatte er mit seinem eigenen Schwert erschlagen, nur wenige Stunden, nachdem der ihm das Leben gerettet hatte. Den Tod von Forley dem Schwächsten hatte er lediglich aus Eitelkeit befohlen. Da sollte der Gedanke an den Tod eines weiteren Mannes doch wohl seine Hand nicht zum Zittern bringen, zumal als Preis dafür Skarlings Thron winkte?
    »Wieso hast du mir nicht geholfen, Calder?« Scale hatte den Armstumpf durch die Öffnung vorn im Mantel geschoben und betrachtete ihn mit zusammengebissenen Zähnen. »Auf der Brücke. Wieso bist du nicht

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