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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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ein ganz kleines bisschen langsamer und fiel zurück.
    »Vielleicht bin ich der bessere Bruder«, sagte Calder, »aber du bist der Ältere.« Er lenkte sein Pferd näher heran, dann zog er die Kette seines Vaters aus der Tasche, ließ sie über Scales Kopf gleiten und schob sie sorgsam über seinen Schultern zurecht. Klopfte ihm dann auf den Rücken und ließ seine Hand dort ruhen, während er sich fragte, seit wann er eigentlich diesen blöden Drecksack so liebte. Seit wann er überhaupt jemanden liebte außer sich selbst. Er senkte den Kopf. »Lass mich der Erste sein, der sich vor dem neuen König der Nordmänner verneigt.«
    Scale sah blinzelnd auf den Diamanten, der auf seinem dreckigen Hemd ruhte. »Hätte nie gedacht, dass alles einmal so enden würde.«
    Calder auch nicht. Aber er stellte fest, dass er darüber froh war. »Enden?« Er grinste seinen Bruder süffisant an. »Das ist der Anfang.«

RUHESTAND
    D as Haus lag nicht am Wasser; es hatte auch keine Veranda. Es gab allerdings eine Bank, von der man einen Blick über das Tal hatte, aber wenn er nun an den Abenden mit seiner Pfeife dort saß, dann lächelte er selten, sondern dachte vielmehr an all die Männer, die er begraben hatte. Die Regenrinne auf der Westseite leckte bei schlechtem Wetter ein wenig, und in den letzten Tagen hatte es ziemlich viel geregnet. Das Haus hatte nur ein Zimmer, geschlafen wurde auf einem kleinen Zwischenboden, zu dem eine Leiter hinaufführte, und wenn man über Begriffe wie Schuppen und Haus nachdachte, dann fiel es nur mit viel gutem Willen in die letztere Kategorie. Aber es war doch ein Haus, mit guten Eichenbalken und einem guten steinernen Kamin. Und es war seins. Träume kommen nicht einfach aus dem Nichts, sie müssen gepflegt werden, und die erste Saat dafür muss man irgendwo ausbringen. Das jedenfalls hatte Kropf sich selbst gesagt.
    »Scheiße!« Hammer und Nagel fielen klappernd auf die Dielenbretter, und er sprang durch das Zimmer, spuckte und fluchte und schwenkte seine Hand.
    Die Arbeit mit Holz war ein hartes Brot. Vielleicht kaute er jetzt nicht mehr so viel an den Nägeln, aber dafür schlug er sich welche in die Finger. Denn leider musste er sich eingestehen – die vielen Wunden an seinen Händen zwangen ihn dazu –, dass er kein großes Talent für das Zimmermannshandwerk hatte. Wenn er von seinem Ruhestand geträumt hatte, dann hatte er sich stets schöne Dinge fertigen sehen. Während das Licht vielleicht durch farbige Fenster hereinfiel und Sägemehl in kunstvollen Wolken aufstob. Giebel mit vergoldeten Drachenköpfen, so lebensecht, dass sie als Wunder des Nordens gelten würden und die Leute von weither herbeiströmten, um sie anzusehen. Aber es hatte sich herausgestellt, dass Holz genauso voller zäher Fasern, knotiger Astlöcher und voller Splitter war wie die meisten Menschen.
    »Verdammte Scheiße.« Er rieb sich den tauben Daumen, dessen Nagel bereits schwarz angelaufen war, weil er ihn bereits gestern mit dem Hammer erwischt hatte.
    Im Dorf empfing man ihn stets mit einem Lächeln und gab ihm gelegentlich etwas zu tun, aber er vermutete, dass die meisten Bauern mit einem Hammer besser umgehen konnten als er. Schließlich hatten sie die neue Scheune auch errichtet, ohne seine Hilfe in Anspruch zu nehmen, und höchstwahrscheinlich war der Bau deswegen nicht schlechter vonstatten gegangen. Allmählich kam er zu der Überzeugung, dass die Talbewohner ihn lieber wegen seines Schwerts in ihrer Mitte wussten als wegen seiner Säge. Während des Krieges waren die zahlreichen Halsabschneider, die es im Norden gab, damit beschäftigt gewesen, die Südländer umzubringen und auszurauben. Jetzt mussten sie sich wieder an ihre Landsleute halten, und das taten sie auch bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Da war es nicht verkehrt, einen namhaften Mann in der Nähe zu wissen. So waren nun einmal die Zeiten. So waren sie immer noch, und wahrscheinlich würden sie auch immer so bleiben.
    Er hockte sich neben den gemarterten Stuhl, das letzte Opfer in seinem Krieg gegen hölzerne Möbel. Die Verzahnung, die er in der letzten Stunde herausgemeißelt hatte, war ausgebrochen, das neue Bein stak jetzt in einem schiefen Winkel darin und hatte außerdem an der Stelle, wo der Hammer zugeschlagen hatte, eine hässliche Delle. Das hatte er nun davon, dass er unbedingt noch hatte weitermachen wollen, obwohl das Licht schon schwächer geworden war, aber wenn er mit diesem Ding heute wieder nicht fertig wurde

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