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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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gekommen?«
    »Ich wollte ja.« Lüge, Lüge. »Aber dann fanden wir heraus, dass in den Wäldern dort auf der anderen Seite des Baches Unionisten lauerten. Direkt an unserer Flanke. Ich wollte dir zu Hilfe kommen, aber es ging nicht. Es tut mir leid.« Das zumindest stimmte. Es tat ihm leid. Was auch immer das nützen mochte.
    »Tja.« Scales Gesicht war eine verzerrte Maske, als er den Stumpf wieder unter dem Tuch versteckte. »Sieht so aus, als hättest du recht gehabt. Die Welt braucht mehr Denker und weniger Helden.« Er warf ihm einen kurzen Blick zu, und der Ausdruck in seinen Augen schmerzte Calder. »Du warst immer der Schlauere von uns beiden.«
    »Nein. Du hattest Recht. Manchmal muss man eben kämpfen.«
    Hier war nun die Stelle, wo er dem Angriff getrotzt hatte, und das Land zeigte noch immer die Narben des Kampfes. Das Korn war heruntergetreten, hier und da lagen zerbrochene Pfeilschäfte, und dort, wo sich die Gräben befunden hatten, fanden sich überall Bruchstücke von Waffen und Rüstungen. Vor Clails Mauer war der aufgeweichte, matschige Boden wieder getrocknet und zeigte immer noch die Abdrücke von Stiefeln, Hufen und Händen. Mehr war von den Männern, die dort gestorben waren, nicht geblieben.
    »Versuche mit Worten zu bekommen, was du kannst«, sagte Calder leise, »aber die Worte eines Bewaffneten haben stets einen süßeren Klang. Hast du ja immer gesagt. Und unser Vater auch.« Aber hatte der nicht auch etwas über Familie gesagt? Dass nichts wichtiger ist als das eigene Blut? Und über Großmut? Dass man stets an Großmut denken sollte?«
    »Wenn man jünger ist, dann glaubt man, dass der Vater allwissend ist«, erwiderte Scale. »Inzwischen begreife ich allmählich, dass er in der einen oder anderen Hinsicht vielleicht mächtig falsch gelegen hat. Ich meine, sieh dir doch nur mal an, wie er gestorben ist.«
    »Das stimmt.« Jedes Wort fiel Calder so schwer, als müsste er dafür einen großen Stein beiseite wuchten. Wie lange hatte er sich schon darüber geärgert, dass ihm dieser muskelbepackte Dummbeutel im Weg stand? Wie viele Knüffe und Püffe, Spötteleien und Beleidigungen hatte er von ihm ertragen müssen? Seine Faust schloss sich fest um das Metall in seiner Tasche. Die Kette seines Vaters. Seine Kette. Ist wirklich nichts wichtiger als das eigene Blut? Oder ist die Familie vielmehr ein Gewicht, das nur belastet?
    Sie hatten die Trupps der Plünderer hinter sich gelassen und entfernten sich von dort, wo zuletzt noch gekämpft worden war. Nun ritten sie den stillen Pfad zu dem Bauernhaus entlang, wo Scale Calder ein paar Tage zuvor aufgeweckt hatte. Und wo Bayaz am Abend zuvor für ein noch schmerzvolleres Erwachen gesorgt hatte. War das eine Prüfung? Um herauszufinden, ob Calder dem Zauberer skrupellos genug war? Man hatte ihm ja schon allerlei vorgeworfen, aber nie einen Mangel an Skrupellosigkeit.
    Wie lange hatte er schon davon geträumt, seines Vaters Platz einzunehmen? Sogar schon, als sein Vater ihn noch selbst ausfüllte, und nun war da nun noch eine einzige Hürde, die es zu überwinden galt. Es war nichts weiter nötig als ein kleines Nicken. Er sah zu Scale hinüber, zu dem zerstörten Wrack, das sein Bruder jetzt war. Für einen Mann von Ehrgeiz keine allzu hohe Hürde. Und man hatte Calder schon allerlei vorgeworfen, aber nie einen Mangel an Ehrgeiz.
    »Du bist derjenige, der nach unserem Vater schlägt«, sagte Scale gerade. »Ich habe es versucht, aber … ich hab das nie geschafft. Hatte immer gedacht, dass du den besseren König abgeben würdest.«
    »Vielleicht«, flüsterte Calder. Ganz bestimmt.
    Espe ritt nur ein kleines Stück hinter ihnen, die eine Hand am Zügel, die andere an seiner Hüfte. Er sah völlig entspannt aus und ging leicht mit den Bewegungen seines Pferdes mit. Aber seine Fingerspitzen streiften dabei wie zufällig immer wieder über den Griff seines Schwertes, das in bequemer Reichweite neben dem Sattel in seiner Scheide steckte. Das Schwert, das dem Schwarzen Dow gehört hatte. Das einst das Schwert des Blutigen Neuners gewesen war. Espe hob eine Braue und stellte wieder wortlos dieselbe Frage.
    Das Blut pochte hinter Calders Augen. Jetzt war die Zeit gekommen. Er konnte alles haben, was er je gewollt hatte.
    Bayaz hatte Recht gehabt. Man wurde nicht König, ohne dafür Opfer zu bringen.
    Calder machte einen endlos langen Atemzug und hielt die Luft an. Jetzt.
    Dann schüttelte er leicht den Kopf.
    Espes Hand glitt beiseite. Sein Pferd wurde

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