Heldenklingen
Steinkreis.
»Zieht euch zurück, wenn ihr müsst!«, rief Kropf dann Herrlich zu. »Geht kein Risiko ein!«
»Keine Sorge!«, zischte sie über die Schulter hinweg und legte einen neuen Pfeil auf.
Kropf kroch rückwärts, immer die Pfeile im Blick behaltend, bis er sich zwischen den Steinen befand, und dann lief er quer durch den Kreis, geradezu blödsinnig glücklich darüber, ein paar Augenblicke in Sicherheit zu genießen; er fühlte sich wie ein Feigling deswegen. »Sie sind kurz vor – gah !«
Etwas hielt seinen Fuß fest, und er verdrehte sich den Knöchel. Schmerz schoss sein Bein hinauf. Er humpelte den Rest des Weges mit gebleckten Zähnen und reihte sich in der Mitte zwischen seinen Leuten ein.
»Böse Falle, diese Karnickellöcher«, flüsterte Espe.
Bevor Kropf sich wieder so weit gesammelt hatte, um darauf eine flotte Antwort zu geben, rannte Herrlich zwischen zwei Heldensteinen hindurch und schwenkte ihren Bogen. »Sie sind am Wall vorbei! Hab noch einen von den Dreckskerlen erwischt!«
Agrick folgte ihr und riss sich den Schild vom Rücken, während ein Pfeil in hohem Bogen heranflog und sich neben seinem Stiefel in den Dreck bohrte. »Die anderen kommen!«
Kropf konnte ihr Gebrüll hören, in das sich noch immer die leisen Schreie des getroffenen Bogenschützen mischten, während der Wind alle Klänge eigentümlich verfremdete. »Alle hierher zurück!«, brüllte Hartbrot atemlos. Es klang so, als ob sich ihre Formation während des Aufstiegs endgültig auflöste und einige sich mehr beeilten als die anderen. Offenbar waren sie es nicht gewöhnt, miteinander zu kämpfen. Das bedeutete wiederum einen Vorteil für Kropfs Truppe, die inzwischen schon so lange zusammen war, dass es sich wie Jahrhunderte anfühlte.
Er warf einen Blick über seine Schulter, und Scorry, der immer noch auf seiner Wurzel kaute, zwinkerte zurück. Alte Freunde, alte Brüder. Whirrun hatte das Schwert gezogen, diese enorme Länge grauen Metalls, das selbst in der Sonne nur am Rand ein klein wenig schimmerte. Wie die Runen vorhergesagt hatten, würde Blut fließen. Wessen Blut, das war die Frage, die zwischen ihnen stand, als sich ihre Augen trafen. Ohne ein gesprochenes Wort, das auch nicht nötig war.
Herrlich kniete am äußeren Ende ihrer kleinen Linie im Schatten von Athrocs Schild, legte einen Pfeil auf die Sehne. Kropfs Dutzend war bereit zum Angriff.
Jemand schlich um einen der hohen Steine. Auf seinem Schild war vielleicht einmal eine Zeichnung gewesen, aber sie war von Krieg und Wetter so abgeschabt, dass sie sich nicht mehr erkennen ließ. Der Mann trug ein Schwert in der Hand, sah aber nicht so aus, als sei er besonders feindlich. Er wirkte vielmehr erschöpft und keuchte nach dem langen Aufstieg mit offenem Mund.
Er starrte sie an, und sie starrten zurück. Kropf spürte, wie Yon neben ihm sich anspannte und losstürmen wollte, er hörte Espes Atem durch die zusammengebissenen Zähne pfeifen, während Brack ein tiefes Grollen ausstieß. Sie alle waren nervös und steckten sich mit ihrer Unruhe gegenseitig an.
»Ganz ruhig«, zischte Kropf, »ganz ruhig.« Er wusste, dass nichts so schwer war, wie abzuwarten und standzuhalten. Menschen sind dafür nicht gemacht. Sie wollen entweder angreifen oder fliehen, aber auf alle Fälle drängt es sie, sich zu bewegen, zu schreien, zu laufen. Aber sie mussten warten. Alles hing davon ab, den richtigen Augenblick abzupassen.
Noch einer von Hartbrots Männern tauchte auf. Die Knie tief gebeugt, spähte er vorsichtig hinter seinem Schild hervor. Ein Fisch war auf das Holz gemalt, ziemlich schlecht allerdings. Kropf fragte sich, ob der Kerl vielleicht Fischig hieß, und für einen winzigen Augenblick überkam ihn das aberwitzige Bedürfnis zu lachen.
Sie mussten bald losschlagen. Das Gelände für sich nutzen. Sie auf dem Abhang erwischen und schnell auseinandertreiben. Es war an ihm, diesen Augenblick zu erkennen. Als ob er das wüsste! Die Zeit zog sich in die Länge und offenbarte zahllose kleine Einzelheiten. Den Atem in seiner rauen Kehle. Die Brise, die über seinen Handrücken strich. Die Grashalme, die sich im Wind wiegten. Sein Mund war so trocken, er war nicht einmal sicher, ob er einen Ton herausbringen würde, sobald er beschlossen hatte, dass der richtige Moment gekommen war.
Drofd schoss einen Pfeil ab, und die beiden Männer duckten sich. Aber das Geräusch der Sehne hatte etwas in Kropf gelöst, und noch bevor er richtig darüber nachdenken konnte,
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