Heldenklingen
ob das nun der richtige Moment war oder nicht, stieß er ein wildes Gebrüll aus. Es war kaum ein richtiges Wort, aber seine Truppe kapierte, was er damit sagen wollte, und wie Hunde, die man plötzlich von der Leine lässt, rannten sie los. Jetzt war es zu spät. Vielleicht war aber auch ein Augenblick genauso gut wie der andere.
Seine Füße hämmerten auf den Boden und rüttelten seine Zähne durch, erschütterten sein wehes Knie. Er fragte sich, ob er noch einmal in ein Kaninchenloch treten und ausrutschen würde. Fragte sich, wo die sechs Mann geblieben waren, die sie in die Zange nehmen sollten. Fragte sich, ob sie nicht doch besser den Rückzug angetreten hätten. Was diese zwei Idioten – nein, drei waren es jetzt – wohl dachten, als sie ihnen entgegenstürmten. Welche Lügen er Yons Söhnen auftischen würde.
Die anderen hielten mit ihm Schritt, ihre Schilde schabten gegen seinen, sie stießen gegen seine Schultern. Yon an der einen Seite, Caul Espe an der anderen. Männer, die wussten, wie man eine Angriffslinie hielt. Kropf kam der Gedanke, dass er vermutlich das schwächste Glied in der Kette war. Und dass er zu viel dachte.
Hartbrots Jungs kamen mit jedem Schritt mehr ins Schwanken. Es waren immer mehr geworden, die nun versuchten, zwischen den Steinen irgendeine Formation einzunehmen. Yon stieß sein Kriegsgeheul aus, hoch und schrill, dann stimmten Athroc und sein Bruder mit ein, und schließlich heulten und schrien sie alle, während ihre Stiefel über die alte Erde rund um die Helden trampelten. Boden, auf dem Männer einst einmal gebetet haben mochten, vor langer, langer Zeit. Für bessere Zeiten.
Kropf fühlte, wie der Schrecken und die Begeisterung der nahenden Schlacht in seiner Brust brannte, in seine Kehle stieg. Hartbrots Männer hatten eine Schildmauer errichtet, hinter der verschwommen Waffen aufblitzten und Klingen schwankten.
Sie waren zwischen den Steinen, sie waren über ihnen.
»Auseinander!«, brüllte Kropf.
Er und Yon rannten nach links, Espe und Brack nach rechts, und Whirrun kam aus der Lücke, die sich auf diese Weise ergab. Er stieß seinen teuflisch hellen Schrei aus. Kropf sah den Ausdruck auf dem Gesicht des nächsten Gegners, dem mit weit aufgerissenen Augen die Kinnlade herunterklappte. Es ist nicht einfach so, dass die Menschen tapfer sind oder nicht. Es hängt immer von den Umständen ab. Wer an ihrer Seite steht. Ob sie gerade einen verdammt steilen Hügel hinaufklettern mussten und dabei mit Pfeilen beschossen wurden. Der Junge vor ihm schien zusammenzuschrumpfen, als versuchte er, den ganzen Körper hinter seinen Schild zu bringen, als der Vater der Schwerter wie ein Berg auf ihn niederstürzte. Ein Berg, der rasiermesserscharf geschliffen worden war.
Metall kreischte, bohrte sich in Holz und Fleisch. Das Blut rauschte in Kropfs Ohren, und die Männer brüllten. Er warf sich zur Seite, konnte einem Speerstoß ausweichen, drängte weiter vor, krachte mit seiner Klinge gegen Holz, wirbelte herum, prallte mit heftigem Schlag – Schild voran – gegen einen anderen und warf seinen Gegner um, so dass der den Hügel hinunterrollte.
Er sah Hartbrot, das Gesicht eingerahmt von langem, grauem Haar. Sein Schwert fuhr schnell in die Höhe, aber Whirrun war schneller. Sein Arm fuhr nach vorn und rammte den Knauf des Vaters der Schwerter gegen Hartbrots Mund, schlug ihm den Kopf zurück und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Kropf hatte andere Sorgen. Er fand sich gegen eine fauchende Höhle von Gesicht gedrückt, und fauliger Odem fuhr ihm entgegen. Wild riss er an seinem eingeklemmten Schwert und versuchte, genug Platz zum Ausholen zu bekommen. Er drückte mit dem Schild zu, hatte den Abhang auf seiner Seite und konnte den Gegner weit genug zurückdrängen, um etwas Luft zu bekommen.
Athroc zerschlug einen Schild mit seiner Axt und musste selbst schwere Schläge einstecken. Kropf schlug zu, sein Ellenbogen blieb an einem Speerschaft hängen, verhedderte sich, und sein Schwert berührte einen der Kämpfer mit der flachen Seite der Klinge, als wollte sie ihm freundlich auf die Schulter klopfen.
Whirrun war mitten unter ihnen, der Vater der Schwerter schlug blutige Kreise und trieb die Gegner schreiend auseinander. Jemand kam ihm in die Quere. Hartbrots Neffe. »Oh …« Er stürzte zweigeteilt zu Boden. Sein Arm flog in die Luft, der Körper drehte sich, die Beine sackten weg. Die lange Klinge knackte wie Eis im Frühling, und Blutstropfen spritzten durch die Luft.
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