Heldenklingen
»Oberst Wetterlant, schön, Sie zu sehen! Wie ist die Lage?«
»Recht gut, Herr General. Der größte Teil der Sechsten ist inzwischen hier, obwohl uns noch ein großer Teil unserer Ausrüstung fehlt.« Wetterlant schritt schnellen Schrittes über die Grasfläche, und die Soldaten gaben sich alle Mühe, inmitten des Durcheinanders Platz zu machen. »Ein Bataillon des Rostoder Regiments ist ebenfalls schon hier, wobei niemand sagen kann, was mit ihrem befehlshabenden Offizier geschehen ist.«
»Der hat wahrscheinlich wieder einen Gichtanfall«, raunte jemand.
»Ist das da ein Grab?«, fragte Jalenhorm und deutete auf eine Stelle im Schatten eines der großen Steine, wo die Erde frisch aufgeworfen worden und, wie zahlreiche Stiefelspuren zeigten, danach festgetreten worden war.
Der Oberst sah mit gerunzelter Stirn hinüber. »Nun, ich nehme an …«
»Irgendein Zeichen von den Nordmännern?«
»Einige meiner Männer haben in den Wäldern im Norden Bewegungen ausmachen können, aber wir können nicht mit Sicherheit sagen, Herr General, ob es sich dabei um feindliche Truppen handelt. Höchstwahrscheinlich sind es nur Schafe.« Wetterlant führte sie zwischen zwei hoch aufragende Steine. »Davon abgesehen keine Spur von den Dreckskerlen. Von dem abgesehen, was sie hier zurückgelassen haben.«
»Ugh«, machte einer der Stabsoffiziere und drehte hastig den Kopf weg. An einer Mauer lagen aufgereiht mehrere blutverschmierte Leichen. Einer der Körper war offenbar in der Mitte durchgehauen worden, und auch ein Unterarm fehlte; die Fliegen krochen über seine freiliegenden Innereien.
»Gab es hier ein Scharmützel?«, fragte Jalenhorm mit Blick auf die Leichen.
»Nein, die sind von gestern. Und es sind unsere Leute. Ein paar Kundschafter vom Hundsmann.« Der Oberst deutete auf eine kleine Gruppe Nordmänner, die Gräber aushoben. Unter ihnen waren ein großer Kerl mit einem roten Vogel auf seinem Schild und ein kräftig gebauter alter Mann.
»Was ist mit dem Pferd?« Es lag auf der Seite, und ein Pfeil ragte aus seinem aufgetriebenen Bauch.
»Das vermag ich wirklich nicht zu sagen.«
Gorst nahm die Verteidigung in Augenschein, die sich bereits sehen lassen konnte. Speerkämpfer hatten die Trockensteinmauer von der Innenseite aus besetzt und standen Schulter an Schulter an einer Lücke, von der aus ein zugewachsener Pfad den Hang hinunterführte. Hinter ihnen, weiter oben am Berg, hatte sich eine geschwungene Doppelreihe Bogenschützen aufgestellt, war mit Bolzen und Flachbögen beschäftigt oder lungerte einfach nur herum, kaute unzufrieden getrockneten Mundvorrat, und ein paar Leute stritten offenbar gerade über den Gewinn bei einem Würfelspiel.
»Gut«, sagte Jalenhorm, »gut.« Er erläuterte nicht näher, was gerade seine Zufriedenheit fand. Sein Blick schweifte grimmig über den Flickenteppich aus Feldern und Wiesen, über die wenigen Höfe bis hinauf zu dem Wald, der sich an der Nordseite des Tals erstreckten. Ein dichter Wald von der Art, wie er große Teile dieses Landes bedeckte. Die Eintönigkeit der Baumgruppen wurde nur durch die undeutlichen Streifen zweier Straßen unterbrochen, die zwischen den Hängen nach Norden führten. Eine von ihnen vermutlich nach Carleon. Und zum Sieg .
»Es könnten zehn Nordmänner da draußen sein, aber auch zehntausend«, brummte Jalenhorm. »Wir müssen vorsichtig sein. Den Schwarzen Dow sollte man nicht unterschätzen. Ich war an der Cumnur, Gorst, wo Prinz Ladisla getötet wurde. Schön, einen Tag vor der Schlacht, wenn man es genau nimmt, aber ich war dort. Ein schwarzer Tag für die Truppen der Union . So einen können wir uns nicht noch einmal leisten, was?«
Dann würde ich vorschlagen, dass Sie Ihr Offizierspatent zurückgeben und jemandem den Befehl überlassen, der dazu besser befähigt ist als Sie. »Nein, Herr General.«
Jalenhorm hatte sich schon wieder abgewandt und sprach mit Wetterlant. Gorst konnte ihm das nicht verübeln. Wann habe ich zum letzten Mal etwas gesagt, das des Zuhörens wert gewesen wäre? Blasse Zustimmung und irgendwelche belanglosen Äußerungen. Das Blöken einer Ziege wäre ebenso bedeutsam. Er wandte den Stabsoffizieren den Rücken zu und schlenderte zu den Nordmännern, die mit dem Ausheben der Gräber beschäftigt waren. Der grauhaarige Alte sah ihm entgegen und stützte sich auf seinen Spaten.
»Ich heiße Gorst.«
Der Alte hob die Augenbrauen. Überrascht, dass ein Unionist die Sprache der Nordmänner beherrscht, oder
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