Heldenklingen
hat.«
»Hervorragend! Schicken Sie nach Oberst Vallimir und sagen Sie ihm, er soll sein Bataillon durch die Sümpfe führen.«
Einige Offiziere bekundeten brummend ihre Zustimmung. Andere warfen sich etwas unruhige Blicke zu. »Ein ganzes Bataillon?«, fragte einer. »Eignet sich denn der Weg für …«
Jalenhorm schickte sie mit einer Handbewegung weg. »Oberst Gorst! Würden Sie bitte über den Fluss zurückreiten und Oberst Vallimir meinen Befehl übermitteln, damit wir sicher sein können, dass uns der Feind nicht unangenehm überraschen kann?«
Gorst zögerte kurz. »Herr General, ich würde gern an Ort und Stelle bleiben, wo i …«
»Das verstehe ich durchaus. Sie möchten dort sein, wo es zur Sache geht. Aber der König hat in seinem letzten Brief ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ich alles in meiner Macht Stehende unternehmen soll, um Sie nicht in Gefahr zu bringen. Machen Sie sich keine Sorgen, die vorderste Front wird auch ohne Sie standhalten. Wir Freunde des Königs müssen doch zusammenhalten, oder nicht?«
Wir Narren des Königs, die in dieser zusammengewürfelten Militärtruppe nach demselben verrückten Signalhorn tanzen! Der mit der albernen Stimme soll noch mal auf dem Rad herumgedreht werden, da habe ich mich eben beinahe kaputtgelacht! »Natürlich, Herr General.« Damit wendete Gorst sein Pferd.
SCALE
C alder lenkte sein Pferd einen so überwachsenen Pfad hinunter, dass man sich kaum sicher sein konnte, wo er tatsächlich verlief, und er gab sich dabei krampfhaft Mühe, sein typisches, leicht verächtliches Grinsen beizubehalten. Ob Gründig und Hohl ihn im Auge behielten – was angesichts der Tatsache, dass er ihre beste Geldquelle darstellte, zu erwarten war – konnte er nicht sagen. Allerdings hatten Männer wie Gründig und Hohl auch nur dann einen Nutzen, wenn Männer wie Calder nicht sahen, wo sie steckten, aber bei den Toten, er hätte nichts gegen ein wenig Gesellschaft einzuwenden gehabt. Der Anblick von Curnden Kropf hatte Calders Sehnsucht nach freundlichen Gesichtern nur noch erhöht, als habe man einem Hungernden einen Kanten Brot zugeworfen.
Er hatte sich zu Pferd einen Weg durch Eisenkopfs Lager gebahnt und die Häme der Männer dort ertragen, hatte dann in Zehnwegs Lager die Feindseligkeit von dessen Truppe zu spüren bekommen und erreichte nun die Wälder im Westen des Tals, wo sich Scales Leute versammelt hatten. Die Leute seines Bruders. Seine Leute vermutlich, obwohl es sich nicht so anfühlte. Es waren harte Kerle, jedenfalls dem Aussehen nach, zerlumpt vom harten Leben, zusammengeflickt nach harten Kämpfen. Müde und kaputt, weil sie in der Gunst des Schwarzen Dow ganz unten standen und die härtesten Aufgaben für die geringste Anerkennung bekamen. Sie sahen nicht so aus, als ob sie Lust zum Feiern hätten. Und die Tatsache, dass der feige Bruder ihres Anführers zurückkehrte, stellte in ihren Augen wohl auch keinen entsprechenden Anlass dar.
Dabei hatte er sich sogar sein Kettenhemd übergezogen, weil er hoffte, auf diese Weise zumindest ein wenig wie ein Kriegerfürst auszusehen. Sein Vater hatte es ihm vor langer Zeit geschenkt, und es war aus styrischem Stahl, der leichter war als die meisten Metalle, die im Norden zu diesem Zweck verwendet wurden, aber immer noch schwer wie ein Amboss und heiß wie ein verdammtes Schaffell. Calder hatte keine Ahnung, wie andere Männer es tagelang in diesen Dingern aushielten. In ihnen rannten, schliefen, stritten. Es war doch verrückt, in so etwas zu kämpfen. Überhaupt war Kämpfen verrückt. Er hatte nie verstanden, was Männer daran fanden.
Aber wenige Männer liebten den Kampf mehr als sein eigener Bruder Scale.
Genau der saß jetzt vor ihm auf einer Lichtung und hatte eine Landkarte vor sich ausgebreitet. Schneebleich war zu seiner Linken, Hansul Weißauge zu seiner Rechten – alte Weggefährten von Calders Vater, die ihm schon zu jener Zeit gedient hatten, als er noch über den größten Teil des Nordens herrschte. Männer, die tief gefallen waren, als der Blutige Neuner Bethod von den Zinnen seiner eigenen Burg geworfen hatte. Beinahe so tief wie Calder selbst.
Er und Scale hatten verschiedene Mütter, und laut einem sehr beliebten Witz war Scale wohl eher von einer »Bullenkuh« geboren worden. Er sah aus wie ein Bulle, ein besonders gemeiner und muskulöser noch dazu. In jeder Hinsicht war er Calders Gegenteil – er war blond, Calder dunkelhaarig, hatte verschwommene Gesichtszüge, Calder hingegen
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