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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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scharf geschnittene, und er war schnell zu verärgern, dachte aber langsam. Ganz anders als sein Vater. Calder schlug viel mehr nach Bethod, das wusste jeder. Und das war auch einer der Gründe, weshalb man ihn so hasste. Abgesehen davon natürlich, dass er sich wie ein arrogantes Arschloch benahm.
    Scale sah auf, als er den Hufschlag von Calders Pferd hörte, und kam mit breitem Lächeln auf ihn zu; dabei hinkte er noch immer leicht aufgrund der Verletzung, die ihm der Blutige Neuner vor langer Zeit verpasst hatte. Er trug seinen Kettenpanzer mit derselben Leichtigkeit, mit der eine Jungfrau ein Nachthemd tragen mochte, dabei handelte es sich bei der Rüstung um ein schweres, schwarz geschmiedetes und doppelt verstärktes Exemplar, auf das er zusätzlich schwarze Metallplatten voller Kratzer und Dellen geschnallt hatte. »Immer gerüstet sein«, das hatte ihr Vater ihnen eingeschärft, und Scale nahm das wörtlich. Gurte und Schnallen zogen sich über seinen Körper, und er strotzte vor Waffen: zwei Schwerter und einen Streitkolben im Gürtel, drei sichtbare Messer und höchstwahrscheinlich noch eine Reihe weitere, die irgendwo in seiner Kleidung verborgen waren. Wer weiß, vielleicht sogar unter dem Kettenhemd. Um den Kopf trug er einen Verband, der an einer Seite einen braunen Fleck zeigte, und eine neue Kerbe in seiner Augenbraue gesellte sich zum Rest der beeindruckenden Sammlung von Narben, die sich ständig vergrößerte. Ganz offensichtlich waren Calders zahlreiche Versuche, Scale aus Kämpfen herauszuhalten, genauso gescheitert wie Scales ebenso zahlreiche Versuche, seinen Bruder in Auseinandersetzungen zu verwickeln.
    Calder schwang sich aus dem Sattel. Der Kettenpanzer behinderte ihn, aber er versuchte es so wirken zu lassen, als sei er nur ein wenig steif von dem langen Ritt. »Scale, du blöder Döskopp, wieso hast du mi…«
    Scale riss ihn in einer Umarmung an sich, bei der Calder alle Knochen knackten, hob ihn vom Boden hoch und gab ihm einen nassen Kuss auf die Stirn. Calder versuchte die Umarmung zu erwidern, so gut es ging, während ihm die Luft aus den Lungen gepresst wurde und sich sein Schwertknauf in seinen Bauch bohrte, aber er war plötzlich so geradezu lächerlich glücklich, jemanden auf seiner Seite zu wissen, dass er am liebsten geheult hätte.
    »Lass los!«, schnaufte er und trommelte mit dem Handballen gegen Scales Rücken wie ein Ringer, der den Kampf aufgibt. »Lass los!«
    »Es ist halt so schön, dass du wieder da bist!« Damit wirbelte Scale seinen hilflosen Bruder herum wie ein Bräutigam die frisch gebackene Braut. Calder erhaschte dabei einen Blick auf Schneebleich und Hansul Weißauge, und keiner von beiden sah so aus, als ob er Lust hatte, Calder zu umarmen. Die Blicke der namhaften Männer, die sich auf der Lichtung aufhielten, waren nicht viel freundlicher. Die meisten kannte er von früher, aus der guten alten Zeit, als sie vor seinem Vater gekniet oder bei Siegesfeiern an der langen Tafel gesessen hatten. Zweifelsohne fragten sie sich jetzt, ob sie nun Calders Befehle würden befolgen müssen, und offenbar gefiel ihnen diese Vorstellung nicht. Wieso auch? Scale verkörperte alles, was Krieger bewundern – er war loyal, stark und so mutig, dass es gelegentlich an Dummheit grenzte. Calder war nichts davon, und das wussten alle.
    »Was ist mit deinem Kopf?«, fragte er, als Scale ihn wieder abgesetzt hatte.
    »Das da? Pah. Gar nichts.« Scale riss den Verband ab und warf ihn weg. Für gar nichts sah es recht übel aus; sein blondes Haar war auf einer Seite blutverkrustet. »Aber anscheinend hat es dich auch erwischt.« Damit versetzte er Calders geschwollener Lippe einen unsanften, kleinen Knuff. »Hat dich da ’ne Frau gebissen?«
    »Wenn’s mal so gewesen wäre. Brodd Zehnweg hat versucht, mich aus dem Weg räumen zu lassen.«
    »Was?«
    »Im Ernst. Er hat drei Männer in Caul Reichels Lager auf mich angesetzt. Glücklicherweise haben Gründig und Hohl aufgepasst, und … du weißt schon …«
    Scales Stimmung wechselte in Windeseile von Verwirrtheit zu Wut. Es waren seine beiden liebsten Gemütszustände, und zwischen beiden war in der Regel kein langer Weg. Seine kleinen Augen wurden größer und größer, bis das Weiße rund um die ganze Pupille sichtbar war. »Ich bringe dieses verkommene, alte Arschloch um!« Schon zog er sein Schwert, als wollte er durch die Wälder zu der Ruine stürmen, wo der Schwarze Dow auf dem Thron ihres Vaters saß, um Brodd Zehnweg auf

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