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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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den Liedern war oft von heldenhaften Angriffen die Rede, aber die Verteidiger einer Stellung hatten stets einen Vorteil, der sich nicht wegdiskutieren ließ – man konnte den Feind auf sich zukommen lassen. Er verlagerte das Gewicht von einem Bein aufs andere, suchte die beste Haltung für sein Knie, seinen Knöchel und seine Hüfte, aber selbst in der angenehmsten Position spürte er noch eine Vielzahl von Schmerzen. Er schnaubte leise. Das war symbolisch für das ganze Leben.
    Dann sah er sich um und prüfte, ob sein Dutzend kampfbereit war, und er schrak zusammen, als er den Schwarzen Dow höchstpersönlich entdeckte, der sich keine zehn Schritt entfernt im Farnkraut auf ein Knie stützte, die Axt in der einen und das Schwert in der anderen Hand. Spaltfuß, Espe und die Carls seines innersten Kreises deckten ihm den Rücken. Er hatte seine Pelze und den Zierrat abgelegt und sah nicht anders aus als alle anderen Krieger. Abgesehen von seinem wilden Grinsen, das nahe legte, dass er sich auf die bevorstehenden Ereignisse in genau demselben Maße freute, in dem Kropf am liebsten umgedreht und getürmt wäre.
    »Keiner von euch lässt sich umbringen, klar?« Er blickte einmal in die Runde und drückte Scorrys Hand. Sein Dutzend schüttelte die Köpfe, blickte finster oder nervös, sagte »nein«, oder »joh« oder »ich doch nicht«. Alle außer Brack, der mit schweißnassem Gesicht in den Wald hineinblickte, als sei er ganz allein.
    »Lass dich nicht umbringen, klar, Brack?«
    Der Bergmensch sah Kropf an, als hätte er jetzt erst gemerkt, dass er da war. »Was?«
    »Alles in Ordnung mit dir?«
    »Joh.« Brack nahm Kropfs Hand und drückte sie mit feuchtem Griff. »Klar.«
    »Ist das Bein wieder so weit, dass du rennen kannst?«
    »Ich habe beim Kacken schon größere Schmerzen gehabt.«
    Kropf hob die Augenbrauen. »Na ja, beim Kacken kann’s einen ja auch schon mal ganz schön zerreißen.«
    »Häuptling.« Drofd deutete ins helle Licht hinter den Bäumen, und Kropf duckte sich tiefer. Dort waren Männer unterwegs. Berittene, von denen man von dort, wo Kropf kauerte, nur Köpfe und Schultern sehen konnte.
    »Kundschafter der Union«, flüsterte Herrlich ihm ins Ohr. Vielleicht ein paar Jungs vom Hundsmann, die sich durch die Felder und Höfe geschlichen hatten und nun auf die Bäume zuhielten. Am gesamten Waldrand, das ganze Tal entlang, wimmelte es vor bewaffneten und gerüsteten Nordmännern. Es war ein Wunder, dass man sie noch nicht entdeckt hatte.
    Dow war das natürlich völlig klar. Er winkte mit seiner Axt kühl in Richtung Osten, als wollte er sich ein neues Bier bestellen. »Sagt Reichel, er soll loslegen, bevor unsere kleine Überraschung entdeckt wird.« Der Befehl wurde weitergetragen, und Dows Armbewegung pflanzte sich die Reihe hinunter wie eine Welle fort.
    »Dann geht es jetzt also wieder los, verdammt noch mal«, knurrte Kropf, der zwischendurch weiter an seinen Nägelresten kaute.
    »Es geht los«, stieß Herrlich durch die zusammengekniffenen Lippen hervor, das gezogene Schwert in der Hand.
    »Ich bin zu alt für diesen Scheiß.«
    »Jepp.«
    »Ich hätte Colwen heiraten sollen.«
    »Joh.«
    »Höchste Zeit, dass ich mich aufs Altenteil zurückziehe.«
    »Stimmt.«
    »Könntest du mal was anderes machen, als mir dauernd Recht zu geben?«
    »Ist der Stellvertreter nicht dazu da? Den Häuptling zu unterstützen, scheißegal, was anliegt? Also stimme ich dir zu. Du bist zu alt, du hättest Colwen heiraten und dich aufs Altenteil zurückziehen sollen.«
    Kropf seufzte, als er ihr die Hand hinstreckte. »Danke für deine Unterstützung.«
    Sie drückte sie. »Jederzeit.«
    Die tiefen, dunklen Klänge von Reichels Horn drangen von Osten an ihre Ohren. Es war, als ob die Erde erzitterte. Kropfs Haarwurzeln prickelten. Noch mehr Hörner, dann hörte man die Schritte, wie weit entfernter Donner, in den sich metallisches Scheppern mischte. Er drängte nach vorn, sah angestrengt zwischen die schwarzen Baumstämme und versuchte, einen Blick auf Reichels Männer zu erhaschen. Es war aber nicht mehr zu erkennen als ein paar Dächer der Stadt Osrung, die über die sonnenbeschienenen Felder ragten. Dann erklangen die Schlachtrufe, schwebten über das Tal und hallten zwischen den Bäumen umher wie Geister. Kropfs Haut kribbelte, zum Teil aus Angst vor dem, was auf ihn zukam, zum Teil aus dem Wunsch heraus, aufzuspringen und seine eigene Stimme hören zu lassen.
    »Dauert nicht mehr lange«, flüsterte er und

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