Heldenklingen
Zweifel daran gelassen, dass dies sein letztes Wort war.
Lasmark drehte sich um und hoffte dabei, nicht auszurutschen und mit dem Mund voller Getreide der Länge nach hinzuschlagen. Dann trieb er mit einer Geste, die soldatisch aussehen sollte, seine Männer zu größerer Eile an.
»Vorwärts! Vorwärts! Zur Stadt!«
Es war kein Geheimnis, dass General Jalenhorm gelegentlich undurchdachte Befehle von sich gab, aber es wäre sehr schlechter Stil gewesen, das öffentlich auszusprechen. Die Offiziere versuchten vielmehr, ihn so weit zu ignorieren, wie irgendwie möglich war – und seine Anweisungen möglichst kreativ auszulegen, wenn das nicht ging. Aber ein Angriffsbefehl ließ keinen Spielraum für Interpretationen.
»Ruhig bleiben, Männer, gleichmäßig vorrücken!«
Seine Leute taten nichts dergleichen. Sie wirkten vielmehr äußerst zögerlich und unentschlossen, und Lasmark konnte ihnen das nicht verübeln. Er war auch nicht begeistert davon, ohne Unterstützung einen Angriff in einem unübersichtlichen Kornfeld zu führen, während ein Großteil des Regiments irgendwo in dem Durcheinander aus Männern und Ausrüstung auf den schlechten Straßen südlich des Flusses feststeckte. Aber ein Offizier hatte seine Pflichten. Er hatte Major Popol gegenüber seine Bedenken geäußert, und der Major war mit diesen Bedenken zu Oberst Wetterlant von der Sechsten gegangen, dem hochrangigsten Offizier auf dem Berg. Der Oberst war offenbar zu beschäftigt gewesen, um richtig zuzuhören. Auf dem Schlachtfeld war kein Platz für selbstständiges Denken, vermutete Lasmark, und vielleicht waren seine Vorgesetzten einfach klüger als er.
Leider waren seine Erfahrungen nicht dazu angetan, diesen Schluss zu untermauern.
»Vorsicht! Behalten Sie den Waldrand dort im Auge!«
Der besagte Wald stand in einiger Entfernung nördlich von ihnen und wirkte auf Lasmark besonders düster und bedrohlich. Er wollte sich lieber nicht vorstellen, wie viele Leute sich in seinem Schatten verbergen konnten. Aber das dachte er jedes Mal, wenn er an einem Wäldchen vorüberkam, und von denen gab es im Norden verdammt viele. Es war fraglich, ob es irgendetwas nützte, wenn man gebannt zwischen die Bäume starrte. Außerdem konnten sie jetzt ohnehin nicht mehr zurück. Rechts von ihnen trieb Hauptmann Vorna seine Kompanie schneller voran als alle anderen, wie immer bestrebt, so schnell wie möglich in Kampfhandlungen verwickelt zu werden, damit er mit ein paar neuen Medaillen an der Brust nach Hause zurückkehren und den Rest seines Lebens damit verbringen konnte, damit eine Weile anzugeben.
»Dieser Vollidiot Vorna reißt uns die ganze Formation auseinander«, knurrte Korporal Lock.
»Der Hauptmann befolgt lediglich Befehle!«, zischte Lasmark, und fügte dann fast unhörbar hinzu: »Das Arschloch. Vorwärts, Männer, im Laufschritt marsch!« Wenn die Nordmänner kämen, dann würde es ihr geringstes Problem sein, dass die Reihen nicht geschlossen blieben.
Sie erhöhten das Tempo und wurden darüber müde. Männer blieben gelegentlich mit dem Stiefel irgendwo hängen und rutschten im Kornfeld aus, und mit jedem Schritt zerfaserte die Schlachtordnung stärker. Sie hatten nun ungefähr die Hälfte der Strecke vom Hügel bis zur Stadt zurückgelegt. Major Popol ritt zu Pferd voraus, schwenkte seinen Säbel und brüllte unverständliche Anfeuerungsrufe.
»Herr Hauptmann!«, schrie Lock. »Herr Hauptmann!«
»Ich weiß doch, verdammt noch mal«, keuchte Lasmark, dem zum Herummaulen nicht mehr genug Luft blieb, »Ich verstehe aber doch kein Wort von dem, was er … oh.«
Er sah nun, wohin Lock so verzweifelt mit dem gezogenen Säbel deutete, und ihn überkam eine schreckliche Welle eiskalter Überraschung. Es ist schließlich noch ein himmelweiter Unterschied, ob man theoretisch das Schlimmste erwartet oder ihm dann tatsächlich entgegensieht. Nordmänner lösten sich aus dem Schatten des Waldes und rannten über die Wiesen auf sie zu. Wie viele es tatsächlich waren, war aus diesem Blickwinkel schwer zu sagen, denn die hügelige Landschaft wurde von Gräben und Wallhecken durchzogen, aber Lasmark spürte, wie ihm immer kälter wurde, als er das schimmernde Metall und die Farbtupfer auf den bemalten Schilden sah und erkannte, wie breit dieser Angriffstrupp aufgestellt war.
Das Rostod-Regiment war zahlenmäßig ganz klar unterlegen. Einige Kompanien folgten Popol weiterhin blindlings nach Osrung, wo noch mehr Nordmänner auf sie warteten. Andere
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