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Heldenstellung

Heldenstellung

Titel: Heldenstellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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Lateral Hire. Jetzt wird er bei uns Consultant.«
    »Für eine big performance brauchst du einen big fish! Khamroff ist mein Projekt.«
    »Aber du bist nicht sein Typ.«
    »Das Team wird denken, dass du dir deinen Nachfolger heranziehst.« Mein Vater steht auf, öffnet einen Holzschrank, der sich als Kühlschrank entpuppt, nimmt eine Plastikflasche mit grüner Flüssigkeit und japanischen Schriftzeichen heraus und öffnet sie. »Wäre das so schlimm?«
    »Nein, natürlich nicht«, presst Adam heraus und streckt mir die Hand hin. »Herzlichen Glückwunsch«. Ich ergreife die Hand, sie fühlt sich an wie ein toter Fisch. Egal, jetzt ist Zeit, reinen Tisch zu machen, Zeit für den Neuanfang.
    »Okay, wir hatten einen schlechten Start«, beginne ich. »Lass uns versuchen, das auszuräumen.«
    Mein Vater stellt die Flasche mit dem grünen Tee aus der Hand, kommt um den Schreibtisch herum und legt jedem von uns einen Arm auf die Schulter.
    »Wenn du Fragen zur Übergabe oder Probleme hast, wende dich an Adam. Von ihm kannst du viel lernen, Frederick. Deshalb habe ich ihn auch gebeten, dein Mentor zu sein.«
    »Welche Tools willst du im Case Khamroff usen?«, fragt Adam.
    Jetzt geht das wieder los! »Alle, wenn nötig«, entgegne ich.
    »Die Details könnt ihr ja später besprechen«, beschließt mein neuer Chef und alter Vater. »Danke, Adam, das wäre es dann erst mal.«
    Kaum ist Adam gegangen, trinkt mein Vater seinen grünen Tee aus und wirft die Flasche aus drei Metern Entfernung in einen Mülleimer direkt neben der Tür.
    »Warum sagst du, dass ich etwas von Adam lernen kann, wenn er an deinem Stuhl sägt?«
    »Halte deine Freunde nah bei dir, aber deine Feinde noch näher«, entgegnet mein Vater. »Manchmal muss man demokratischen Alltag eben kleinteilig lösen. Wen willst du in deinem Backoffice haben?«
    Kein Ahnung. »Bill Gates und Sheryl Sandberg?«, witzle ich.
    »Bill ist zu teuer und Sheryl schreibt noch ein Buch«, entgegnet mein Vater trocken.
    »Wozu brauche ich denn überhaupt ein Backoffice?«
    Mein Vater seufzt und erklärt mir dann, dass ein Backoffice der beste Freund des Beraters sei. »Die können dir alles besorgen, was du brauchst, um den Client zu überzeugen: Fakten, Statistiken, Genehmigungen, alles. Und in deinem Fall erledigen sie auch noch die klassische Beraterarbeit.« Klingt wie ein Traumjob. Also nenne ich ihm drei Namen, die etwas günstiger sind. »Aber einer von denen ist Techniker«, sage ich.
    »Kein Problem«, meint mein Vater. »Den bringen wir im Lab unter, das ist unser technischer Dienstleister.«
    Jessica, die unbemerkt zwischen zwei Schränken hervorgetreten ist, schreibt die Namen auf. Sie grinst. »Das dürfte sich machen lassen.«
    »Siehst du«, höre ich meinen Vater sagen und reiße meinen Blick von Jessica los. »Von wegen Leute rausschmeißen. Jetzt hast du gerade sogar drei Menschen einen Job besorgt.«
    »Jawohl.«
    »Und jetzt raus.«
    »Wie?«
    »An die Arbeit! In zwei Wochen ist die erste Präsentation. Bis dahin brauchst du eine Idee und ein Konzept, mit dem du Khamroff überzeugen kannst. Eine Idee, die wir ausarbeiten und ihm verkaufen können.«
    In zwei Wochen? Das ist kaum zu schaffen. Willkommen in der Welt der Consultants. Jessica und ich wenden uns zum Gehen. In der Tür bleibe ich noch einmal stehen. »Wenn mein Gehalt exakt der Summe entspricht, die ich dir schulde – wovon soll ich denn dann leben?«
    »Essen und trinken kannst du zuhause oder hier in der Agentur. Bis du deine Schulden zurückgezahlt hast, kriegst du kein Geld mehr von mir. Das ist der Deal. Du hast eingeschlagen.« Mein Vater widmet sich wieder seiner Tastatur und lacht auf. »Das ist wirklich ein bescheuertes Foto.«
    Als wir das Büro verlassen haben, fragt Jessica: »Wie war er eigentlich früher?«
    »Keine Ahnung, da musst du eine deiner Vorgängerinnen fragen«, entgegne ich.
    Drei Minuten Treppensteigen, Schaulaufen und Händeschütteln später stehen wir vor meinem Workspace, einem besenkammerartigen Büro. Jessica verabschiedet sich, und ich mache mich daran, die Unterlagen durchzusehen, die auf dem Schreibtisch liegen. Mein Professor an der Wirtschaftsschule hat mal gesagt, ich sei gar nicht so unbegabt – aber sehr unstrukturiert. Und tatsächlich würde ich beim Anblick all der Tabellen, Zahlen und Dossiers auf Wirtschaftsenglisch am liebsten die Flucht ergreifen.
    Aber hier geht es um die Zukunft meines Vaters. Und wenn ich ehrlich bin, auch um meine Zukunft.

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