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Heldenstellung

Heldenstellung

Titel: Heldenstellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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1969 bis 2013. Auf den meisten älteren Bildern steht Hari neben einer Frau, die Sina erstaunlich ähnlich sieht, und grinst noch breiter als sonst, oder vielmehr: ungezwungener.
    In einer Ecke, unter einem Foto des obersten Yogagurus, B. K. S. Iyengar, sind dünne weiße Baumwolldecken aufgestapelt, die wir beim Üben als Unterlage benutzen.
    Darauf liegt Satan und schläft.

Look & Feel
    »Sie haben meinen Mops geklaut!«, rufe ich wütend, aber Hari lächelt nur beschwichtigend.
    »Nein, du hast ihn nachts im Regen ausgesetzt.« Ein weiteres mildes Lächeln: »Genau wie mich. Ich habe ihn unter meiner Jacke nachhause getragen.«
    Irgendwie hat er ja recht, aber trotzdem: Es ist nicht sein Mops. »Okay, das tut mir leid. Aber jetzt hätte ich Satan gern wieder.«
    »Satan?«, fragt Hari erstaunt. »Da wundert mich nichts mehr.«
    Der nun mehrfach Erwähnte blinzelt und seufzt, wie nur ein Mops seufzen kann. Mit geschlossenen Augen streckt er seine vier Pfoten von sich.
    »Schreien Sie nicht so, Sie wecken ihn noch auf«, sagt Hari leise. »Er hatte auch eine Lungenentzündung und ist noch rekonvaleszent.«
    »Geben Sie mir meinen Hund wieder«, zische ich.
    »Dann lassen Sie die Finger von Sina!«, zischt er zurück.
    Ich habe mich wohl verhört.
    »Ich habe überhaupt kein Interesse an der«, erwidere ich nun etwas lauter.
    »Von wegen«, höhnt Hari. Eigentlich sollte ein echter Yogi doch über so niederen Gefühlen wie Eifersucht stehen. So, wie der klammert, sehe ich leider schwarz für Errors Zukunft.
    »Was ist denn hier los?«, höre ich Sina fragen. Sie steht im Türrahmen.
    Jetzt schlägt Satan die Augen auf. Aber statt sich zu freuen und mit dem Stummelschwanz zu wedeln, starrt er mich ängstlich an. Ich gehe einen Schritt auf ihn zu und strecke die Hand aus. Mit einem Satz springt der Hund vom Deckenstapel, starrt mich böse an und fletscht die Zähne.
    »Aus!«, befehle ich laut, aber Errors Hund macht keine Anstalten, zu gehorchen. Stattdessen bellt er mich wütend an. Hari lächelt zufrieden.
    »Ich glaube, er will gar nicht zu Ihnen«, sagt er und streckt die Arme aus. Satan sieht verwirrt von Hari zu mir. Genau wie Sina.
    Da höre ich Errors Stimme. Sie klingt leise, fast brüchig und so zärtlich, als würde er zu einem Baby reden, das selbst nicht genau weiß, warum es eigentlich schreit. »Was macht denn mein kleiner Satansbraten hier?«, fragt er freundlich und drängelt sich an Sina vorbei durch den Türrahmen. Keine Spur von Schüchternheit. Mit der Selbstsicherheit einer Mutter, die ihr verlorenes Kind wiedergefunden hat, lässt er sich auf die Knie sinken und streckt die Arme aus. Satan klemmt den Schwanz zwischen den Hinterpfoten ein. Schritt für Schritt tappst er auf Error zu. Bei ihm angekommen, macht er Sitz und gibt Pfötchen.
    Ich erkläre Sina, dass hier ein akuter Fall von Dognapping vorliegt, ich aber bereit bin, auf eine Anzeige zu verzichten, wenn auch Hari davon absieht, mich wegen des Auffahrunfalls zu verklagen. Hari hat die Arme verschränkt und sich zu einer Shiva-Statue gedreht. Ich sehe in die andere Richtung.
    »Männer!«, schimpft Sina, und ich sehe, wie Hari zusammenzuckt. »Offenbar seid ihr alle gleich.« Sie sieht ihn an und deutet mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf mich: »Ich will Frederick als Prüfungsmodell. Er ist das Gegenteil von uns. Wenn es uns gelingt, einem Managertypen wie ihm zu zeigen, wie effektiv Yoga ist, dann kommen vielleicht noch mehr von seiner Sorte. Und du weißt, wie wichtig das für uns ist.«
    So streitlustig reden nur alte Paare miteinander.
    Hari schaut mich bockig an. »So Leute wie der bringen mich total aus dem Gleichgewicht. Die sind nicht gut für meinen inneren Gott.«
    Ich winke den beiden zu. »Hallo? Ich bin auch noch hier! Könnt ihr eure Streitereien bitte später klären? Ohne mich? Ich habe nämlich noch Termine.«
    »Erst gebt ihr euch die Hand!«, fordert Sina.
    Ach, was soll’s. Wenn ich dafür weiter Yoga machen darf. Und wenn Error dafür weiter Sina anhimmeln kann; ich strecke die Hand aus.
    Aber Hari dreht sich bockig zur Seite. »Unternehmensberater und Yoga, das passt einfach nicht zusammen«, murmelt er.
    »Siehste!«, sage ich und deute vorwurfsvoll auf Hari.
    Sina schüttelt den Kopf und schiebt mich aus der Tür. Ist mir recht, sollen sie ihren Kram allein klären.
    »Nächsten Dienstag um sieben?«, fragt sie leise. Hari zuckt zusammen.
    »Sehr gern«, sage ich und blicke provozierend den Oberyogi

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