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Heldenstellung

Heldenstellung

Titel: Heldenstellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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an, dessen Kopf knallrot anläuft. »Bringst du etwas zu essen mit?«
    Sina nickt. Dann schließt sie die Tür hinter mir, und ich stehe neben Error, der Satan auf dem Arm hält.
    »Ich kann dir alles erklären«, sage ich.
    »Bring mich einfach nur nachhause«, bittet Error leise. Satan hat die Augen wieder geschlossen. Als die beiden das Yogastudio verlassen, geht ein kollektiver Seufzer durch die Teilnehmerinnen. Zoe wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
    Auf der Fahrt zu Error nachhause beichte ich ihm, wie ich an dem Abend Hari angefahren und Satan verloren habe. Error hört schweigend zu und streichelt seinen Mops. Die ganze Fahrt über schaut er nur Satan an. Als ich ihn vor seiner Haustür rauslasse, warte ich darauf, dass er mich auf ein Bier zu sich aufs Zimmer bittet. Macht er aber nicht. Also erzähle ich ihm von Sinas Idee, gemeinsam mit ihm und Jessica den Yogafilm zu gucken. Jetzt blickt Error traurig auf und sagt: »Wir brauchen jetzt etwas Zeit für uns.«
    »Aber Sina . . .«, beginne ich, da ist er schon ausgestiegen und hat die Tür hinter sich zugeknallt.
    Weil ich nicht weiß, wohin mit mir, fahre ich zur Tankstelle und hole zwei Sixpack Bier. Als ich wieder einsteige, wankt ein junger Mann in Baggy Pants, mit Baseball-Cap und einer Flasche Becks in der Hand auf mich zu.
    »Sind Sie frei?«, fragt er und deutet auf Errors sandfarbenen Mercedes.
    »Ja«, sage ich und halte die Tür auf. Keine Ahnung, wieso. Der junge Mann trinkt sein Bier aus und steigt hinten ein. »Landgrafstraße 32«, nuschelt er und schaut nach vorne. »Wo ist denn Ihr Taxameter?«
    »Habe ich nicht. Ich fahre Sie umsonst hin.«
    Er sieht mich argwöhnisch an. »Keine Entführungen, keine Überfälle, kein Sex!«, sagt er und lacht über seinen Spruch.
    Ich reiche ihm ein Bier aus dem Sixpack, lasse mir von dem Hipster den Weg zu seiner Wohnung erklären und trete aufs Gas. »Wären Sie eigentlich gern ein besserer Mensch?«, frage ich. Im Rückspiegel sehe ich sein verwundertes Gesicht.
    »Was soll denn die Frage?«, will er wissen.
    Ich erzähle ihm einfach mal von der Idee eines grünen Fitness-Studios. Der Suffkopf hört mir aufmerksam zu. Kurz bevor wir an der von ihm genannten Adresse ankommen, frage ich: »Würden Sie da mitmachen?« Der Typ beugt sich vor und lässt die mittlerweile leere Flasche achtlos auf den Beifahrersitz fallen.
    »Ist doch eh alles Verarsche, Alter«, meint er. »Das ganze Leben.« Er zündet sich eine Zigarette an. »Aber die Leute kaufen es.« Er hält die Kippe hoch: »Hier, ganz ökologisch, ohne Zusatzstoffe. Gib mir mal ’ne Karte von dem Studio.«
    Ich fahre in die Agentur, parke in der Tiefgarage und mache mich auf den Weg zu unserem Temporary Office. Muss mich irgendwie motivieren, darf mich nicht hängen lassen. Ich stelle kurz das Bier ab, schließe die Augen und atme tief durch, dann lasse ich die Arme hängen und beginne, wie im Boxkampf zu tänzeln. Das tut gut. Ich mache ein paar Jabs, einen Uppercut, einen Cross und kämpfe mich durch die Räumlichkeiten.
    Als ich an einem Kopierraum vorbeikomme, sehe ich einen jungen Mann, der mir hier schon öfter über den Weg gelaufen ist. Soweit ich weiß, hat er vor ein paar Jahren das beste Jurastudium des ganzen Bundeslandes absolviert. Jetzt sitzt er mit Bleistift und Malblock vor dem Kopierer und zeichnet das Gerät.
    »Alles in Ordnung?«, frage ich, aber er scheint mich gar nicht zu hören.
    Also schlage ich mich weiter durch die Agentur. Die Gänge sind herrlich leer, die beste Zeit für Kombinationen: klein anfangen, Jab, Gerade, Haken. Als Nächstes Jab, rechte Gerade, linker Haken, rechte Gerade. Schnell, hart. Ich stelle mir vor, dass Adam mein Gegner ist. Kurz schließe ich die Augen, Jab, Gerade, linker Haken zum Körper, rechter Haken zum Kopf.
    Der Haken trifft. Ich höre ein dumpfes Krachen, gefolgt von Jessicas Schrei. Sie liegt vor mir auf dem Boden, ihre Lippe blutet, sie reibt sich die Wange.
    »Jessica, ich . . . scheiße, was bin ich für ein Idiot, ich habe dich gar nicht gesehen.«
    »Du hattest ja auch die Augen zu«, entgegnet die schöne Assistentin meines Vaters und leckt sich mit der Zunge das Blut von der Lippe.
    »Wir müssen da sofort Eis drauf machen«, sage ich und ziehe sie am Handgelenk hoch. Einen Moment steht sie ganz nah bei mir. Ich kann die Spannung zwischen uns knistern hören.
    »Du hast mich geschlagen«, raunt sie. »Wenn ich das deinem Vater erzähle, bekommst du

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