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Heldenstellung

Heldenstellung

Titel: Heldenstellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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Schwierigkeiten.« Sie betrachtet meine Hand, die immer noch ihr Handgelenk umklammert. »Noch mal aua«, haucht sie. Die hat wirklich einen Totalschaden. Leider fühle ich mich trotzdem zu ihr hingezogen. Ich lasse ihren Arm los.
    »Es tut mir leid. Du kannst das gern meinem Vater erzählen.«
    Jessica schlägt mit gespielter Scheu die Augen nieder. »Dann wäre das aber sehr unartig von mir.«
    Was ist denn das jetzt wieder für eine Nummer? Ist hier irgendwo eine versteckte Kamera aufgestellt?
    »Ich hole dir Eis«, sage ich und gehe los.
    »Nicht nötig!«, höre ich ihre Stimme in meinem Rücken. »Dein Vater schlägt viel härter zu.«
    Ich sehe sie einen Moment irritiert an. »Wie bitte? Er schlägt dich?«
    »Manchmal«, gurrt sie.
    Ich starre sie an. »Scheint dich ja nicht zu stören.«
    »Denk mal drüber nach«, sagt sie und sammelt ihre Blätter zusammen. Ich sehe ihr irritiert dabei zu.
    Als sie fertig ist, raunt sie: »Hast du dich eigentlich mal gefragt, was aus der Uhr geworden ist, die Adam deinem Vater schenken wollte?«
    Mist, die Uhr, die habe ich in dem Stress total vergessen. Jessica streift den Ärmel ihrer schwarzen Bluse hoch. Das Zifferblatt kommt zum Vorschein.
    »Mit der Widmung konnte ich sie ja schlecht deinem Vater geben«, sagt sie leise. Kurz bedaure ich, dass ich sie nicht aus Versehen K. o. geschlagen habe, denn dann hätte ich ihr das Ding noch abnehmen können.
    »Du musst sie meinem Vater ja nicht geben. Steht dir ausgezeichnet«, entgegne ich.
    »Vielen Dank«, flötet Jessica. »Bis zum nächsten Mal.«
    »Beim Videoabend mit Sina dann, ja?«
    »Mal schauen«, sagt Jessica leichthin und stöckelt davon. Ich beschließe, von nun an im Büro sicherheitshalber nur noch Yoga zu machen.
    Jay, Ben und Thomas sind noch da. Ich stelle das Bier auf den großen Tisch, direkt auf die Akten und Kurven und Diagramme. Jay, Thomas und Ben sehen mich erstaunt an.
    »Wir sind mitten in einer Besprechung«, sagt Jay vorsichtig. Aber nach meinem Titelkampf gerade brauche ich jetzt ein Bier und bedeute den anderen, sich auch eins zu nehmen. Alle drei Mitglieder meines Backoffices sehen blass aus. Ben rührt sein Bier nicht an. Er läuft wie ein Tiger auf und ab. Ich werfe Jay, der noch am vitalsten scheint, einen fragenden Blick zu.
    »Wir kommen nicht weiter«, sagt er. »Die Idee, selbst Strom zu erzeugen, klingt gut, aber wir haben noch keinen Weg gefunden, das bisschen Bewegung in einem Fitnessstudio wirklich in Strom umzuwandeln.« Er deutet auf ein Flipchart, auf das er Formeln und Gleichungen gemalt hat. »Sieht doch gut aus«, sage ich.
    »Beim Laufrad ist es noch am einfachsten, die Seilzugmaschine kann auch etwas Strom produzieren, aber bei den meisten Geräten kommt einfach keine kontinuierliche Bewegung zustande. Die Sätze sind einfach oft zu kurz, wir müssten ganz neue Geräte erfinden.«
    »Dann macht das.«
    Die drei schauen mich aus müden Augen an.
    Ich nehme die drei in den Arm. »Danke. Macht Schluss für heute, ruht euch aus und macht morgen mit frischem Kopf weiter«, sage ich.
    Jay räuspert sich: »Also, wenn es dir nichts ausmacht, würden wir lieber gleich weitermachen«, sagt er ernst. »Wir haben nur noch einen Monat, bis Khamroff nach Deutschland kommt. Da brauchen wir jeden Tag.«
    »Das schaffen wir schon«, sage ich und kremple die Ärmel hoch. »Wir haben dieses Projekt angefangen und ihm die Tür geöffnet.«
    Die drei starren mich fragend an.
    »Wir haben es in unsere Herzen gelassen«, fahre ich fort. »Jetzt sind wir verantwortlich dafür. Wie für ein kleines Kind oder einen . . ., na, ihr wisst schon, was ich meine. Das hier ist unsere Chance!« Ich schaue Ben an. »Das hier ist auch deine Chance. Wenn einer solche Maschinen bauen kann, dann bist du das.«
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragt Jay. »Du wirkst ein bisschen verwirrt.«
    »Nein, ich sehe klarer als je zuvor«, behaupte ich. »Es geht hier nicht um irgendein neues Projekt, das hier ist unser Projekt, unser Herzensprojekt.«
    »Er hat recht«, meint Thomas. »Wir ziehen das jetzt nicht nur durch, wir machen das richtig gut.« Wir klatschen einander ab und gehen wieder an die Arbeit.
    Ben verschwindet in das Fitnessstudio, damit er direkt vor Ort herausfinden kann, an welchem Part der Maschinen eine regelmäßige Bewegung entsteht, aus der sich Energie gewinnen lässt. Mit Thomas und Jay gliedere ich die möglichen Bereiche, die für EcoFit relevant sein können. Wir analysieren die

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