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Heldenstellung

Heldenstellung

Titel: Heldenstellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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hier sein. Möchtest du einen Tee?«, frage ich und suche den Ingwer, den mein Vater für seine Sonntags-Smoothies nimmt.
    »Hast du auch ein Bier?«
    Eine Viertelstunde später sitzen wir in der Küche und warten auf Error und Jessica. Sina, die sich die Wohnung ganz genau angeschaut hat, fragt, was denn meine Mutter beruflich macht. Als ich ihr erzähle, dass ich Halbwaise bin, nimmt sie mich in den Arm. Ich bin ein wenig überrumpelt.
    »Wie kommst du damit klar?«, will sie wissen.
    »Na ja, ich vermisse sie ziemlich«, sage ich, selbst überrascht über meine Ehrlichkeit.
    Daraufhin murmelt Sina: »Willkommen im Club. Die letzte Karte von meiner Mutter kam, glaube ich, aus Indien.« Dann erzählt sie mir, dass ihre Mutter sich nach der Geburt von ihrem Vater getrennt habe. Sie war auch Yogalehrerin, die beiden hatten sich in Indien auf einem Seminar kennengelernt. Zu Sinas Geburt flog ihre Mutter dann nach Deutschland, wo sie die Yogaschule aufmachte. Aber nach einem Jahr hielt sie die Kälte des Landes und seiner Einwohner nicht mehr aus und floh zurück nach Indien. »Eigentlich wollte sie ein halbes Jahr hier und ein halbes Jahr in Indien leben. Aber dann verliebte sie sich in einen Inder und blieb dort.« Sie sieht mir in die Augen. »Ich vermisse sie sehr. Manchmal glaube ich, dass ich mich deshalb immer so zwingen will, glücklich zu sein.«
    »Kann ich gut verstehen«, sage ich und überlege kurz, ihre Hand zu nehmen. Lieber nicht.
    Sina atmet tief durch und haut auf die Tischplatte. »Also jedenfalls muss ich dir wirklich dankbar sein, dass mein Vater noch hier ist und du ihn nicht auch noch totgefahren hast.«
    »Es war mir ein Vergnügen«, sage ich und lächle entschuldigend.
    Sina trommelt mit den Fingern auf der Tischplatte.
    »Gefällt dir die Wohnung?«, frage ich in die Stille.
    »Ja, doch«, sagt sie leise. »Ist nicht mein Stil, aber sicher sehr, nun ja, sehr teuer. Gefällt sie dir?«
    Seltsam, das habe ich mich nie gefragt. »Also, ehrlich gesagt, nein, nicht so. Ich habe sie eingerichtet übernommen, weil ich so viel arbeite. Und da habe ich halt nichts mehr geändert.«
    »Man könnte meinen, dein Vater wohne hier«, meint Sina und grinst.
    »Haha, ach was!«
    Wieder diese unangenehme Stille.
    »Wie geht es Hari denn?«, frage ich. Sie schiebt die Lippen ein bisschen vor und wiegt den Kopf hin und her. »Der ist schon wieder auf dem Damm und schmiedet große Pläne.«
    »Wofür?«
    »Ach, das ist nicht so wichtig.«
    »Aber es interessiert mich.«
    Sina erzählt, dass Hari seit Monaten nach Wegen suche, um mehr Geld zu verdienen. Das sei auch ein Grund, warum sie nun ihre Yogalehrerprüfung mache. »Wir müssen uns einfach vergrößern, damit wir beide von dem Studio leben können. Hari hat sich lange Zeit um nichts gekümmert. Seit einem halben Jahr versuche ich nun, den Laden auf Vordermann zu bringen. Jetzt will er einen Yoga-Event, eine Art kleine Yogamesse veranstalten, auf der verschiedene Stile zusammen üben und von ihren Erfahrungen berichten. Er meint, so könne er auf unser Studio aufmerksam machen. Du bist doch Berater, hast du nicht einen guten Rat für uns?« Sie sieht mich fragend an.
    »Also, das klingt doch wie eine tolle Idee«, finde ich.
    »Aber unser Studio ist dafür nicht groß genug.«
    »Ach, Hauptsache, ihr macht das alles von Herzen, dann wird das schon«, sage ich ehrlich. In dem Moment klingelt das Festnetztelefon. Ich gehe ran. Es ist Jessica, sie will Sina sprechen.
    »Jessica!«, ruft sie, »wo steckst du denn?«
    Dann dreht sie sich zur Seite. Ich bekomme nur Gesprächsfetzen mit: »Die Treppe? Ach, du Arme! . . . ausgerechnet heute . . . soll ich vorbeikommen? . . . Jetzt ruh dich erst mal aus, morgen sieht die Welt gleich ganz anders aus.« Sie sieht mich an und schüttelt den Kopf.
    »Jessica ist die Treppe runtergefallen. Sie hat ein Veilchen, meinte sie. Sieht aus, als habe sie jemand geschlagen. Sie kommt nicht.«
    »Du weißt selbst, wie schlecht Jessica lügen kann. Was ist wirklich los?«
    »Sie will kein Doppeldate mit dir und Error, weil . . .«
    Ich versuche, möglichst erstaunt zu wirken. »Ein Doppeldate? Wie kommt sie denn darauf?«
    »Keine Ahnung«, sagt Sina mit einem ironischen Grinsen und stellt schon mal ihr Curry auf den Herd.
    So ein Mist. Am besten, ich fahre nach dem Film in die Agentur und lasse sie mit Error allein. Alles Weitere wird sich schon ergeben. Aber wo bleibt Error eigentlich? Während Sina in ihrem

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