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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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schließen. Immer wieder befürchtete Teriasch, Carda könnte einmal zu tief stechen und ihn versehentlich von innen an die Haut des Probaskas nähen, doch diese grausige Vorstellung blieb zum Glück nur Fantasie. Stattdessen achtete Carda peinlich genau darauf, dass die Spitzen der Silberröhrchen frei lagen, denn sie ruckelte mehrfach an ihnen oder bog sie leicht in die eine oder andere Richtung.
    Schließlich setzte sie den letzten Stich der Naht, zurrte den Faden fest, und der schmale Lichtstreif, der noch ins Innere des Probaskas fiel, wurde jäh abgeschnitten.
    Nun begann das bange Warten. Teriasch spürte, wie das erkaltende Aas ihm nach und nach die Wärme aus dem Leib sog. Er biss fest auf das Röhrchen und versuchte, ruhig zu atmen.
    Irgendwann hörte er gedämpfte Rufe und das aufgeregte Trompeten lebender Probaskas, denen es offenkundig nicht schmeckte, von ihren Lenkern an den Körper eines toten Artgenossen herangeführt zu werden. Dentilegus’ Fleisch erzitterte unter ihrem nervösen Stampfen.
    In diesem Augenblick wurde Teriasch die wahre Irrwitzigkeit ihres Plans bewusst.
    Was, wenn jemand die Naht bemerkt, wenn sie die Seile um das Probaska schlingen, an denen sie es zum Turm schleifen?
    Doch dem war nicht so. Teriasch spürte Rukabo überrascht zusammenzucken, als ein heftiger Ruck durch ihr Gefängnis ging. Erst einer, dann noch einer, bis daraus ein steter Takt aus Voranrutschen und Innehalten wurde.
    Was, wenn der Kadaver umkippt und wir von dem Gedärm in ihm zerquetscht werden oder er so fällt, dass wir durch die Röhrchen keine Luft mehr kriegen?
    Auch diese Sorge erwies sich als unbegründet. Zwar verstrich eine Ewigkeit, in der das tote Probaska weiter und weiter vorangeschleift wurde, doch seine eigene Masse bewahrte es davor, sich zur Seite zu neigen.
    Was, wenn Dentilegus zu groß ist, um durch den Spalt im Fuß des Turms zu passen, und er vorher in kleinere Teile zerlegt werden muss?
    Diese Befürchtung zerstob, als Teriaschs Magen sich mit einem Mal in eine andere Richtung bewegen wollte als der Rest seines Körpers. Wir rutschen! Wir rutschen schnell!
    »Scheiße! Scheiße! Scheiße!«, nuschelte Rukabo.
    Eine bizarre Empfindung ergriff Teriasch: Obwohl er in einer toten Kreatur steckte, die mehr wog als zehn Pferde, hatte er das merkwürdige Gefühl, selbst keinerlei Gewicht mehr zu besitzen, frei zu fliegen wie ein Vogel. Die Empfindung währte nicht lange.
    Ein harter Aufprall schüttelte ihn durch, irgendeins der aufgeblähten Organe in seiner Nähe platzte auf und überschüttete ihn mit einem Schwall bitterer, zäher Flüssigkeit. Panisch zwängte er seine Hand an Rukabos Hintern vorbei in seine Hosentasche und suchte nach dem Klappmesser, das Carda ihm gegeben hatte.
    Der Kadaver des Probaskas kam zwar kurz zur Ruhe, doch von draußen gab es erst ein lautes Fauchen und Knurren, dann Scharren und Schaben, und zu guter Letzt ein knackendes Krachen, begleitet von einem plötzlichen Schütteln und Rütteln an Dentilegus’ sterblichen Überresten.
    »Schneid doch! Schneid doch!«, bettelte Rukabo.
    Da seine Finger kalt und schleimig waren, brauchte Teriasch drei Anläufe, seine Klinge aufzuklappen. Er tastete blind nach der Naht, fand sie und begann, den ersten Faden zu durchtrennen.
    Das Knacken berstender Knochen wurde lauter. Teriasch quetschte sich noch dichter an die Naht heran, obwohl sich Rukabo unter ihm verzweifelt zu winden begann. Er kappte Faden um Faden, der Spalt klaffte ein Stück auseinander. Das trübe Licht reichte dennoch aus, ihn zu blenden. Blinzelnd setzte er seine Arbeit fort. Rukabo krallte die Hände in die Seiten der sich viel zu langsam öffnenden Wunde und zog und zerrte daran. Teriasch spie das Röhrchen aus, schnappte angestrengt nach Luft.
    »Raus! Raus!«, schrie er, so laut er konnte.
    Rukabo schlüpfte an ihm vorbei, schob Kopf und Schultern durch den Spalt, blieb stecken, und einen Moment lang war Teriasch wieder in Dunkelheit gefangen. Er ließ das Messer fallen, drückte gegen Rukabos Rücken, der mit den Beinen strampelte, als versuchte er, sich freizuschwimmen.
    Die Naht riss ganz auf. Rukabo und Teriasch glitten in einem Knäuel aus Armen und Beinen aus dem Probaska heraus. Sie kullerten und purzelten übereinander. Teriasch wälzte sich von dem zeternden Halbling herunter und erstarrte, als er sah, wo er sich befand.
    Die künstlich geschaffene Höhle war nur durch die schwachen Sonnenstrahlen von außerhalb des Turms erleuchtet, die ihren

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