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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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sonderbare, entschlossene Ruhe aus. »Zu viele Ohren.«
    »Du hast recht.« Nesca nickte. »Ich kann dieser unverschämten Kreatur auch in meinen Gemächern zeigen, was ich von ihren Anschuldigungen halte.«
    »Das wird leider warten müssen.« Carda winkte Rukabo zu sich heran. »Geh los in die Gärten. Zu den Rosen. Nimm zwei rote Blütenblätter, hefte sie beide mit einem Dorn aneinander, such dir einen Laufsklaven und trag ihm auf, Diantis die Rosenblätter zu bringen. Klar?«
    Rukabo schielte unsicher zu Nesca, aber er nickte. »Klar. Soll ich mir vorher vielleicht etwas anziehen?«
    »Das überlasse ich dir«, erwiderte die Leibwächterin.
    »Fein.« Rukabo grinste. »Dann gehe ich so. Nur damit meine Sippschaft was zu glotzen und zu schwatzen hat.« Er lief eilig los.
    »Was ist das für ein Auftrag, den du ihm gegeben hast?«, fragte Nesca. »Was soll deine Ordensschwester mit deinem Geschenk anfangen?«
    Ihre kalte Antwort machte selbst Teriasch schaudern. »Vielleicht wäre es für uns alle am besten, wenn sie es einfach vergisst.«

19

     
Ich gelobe, stets über meine Blüte zu wachen.
Ich gelobe, ihr Schatten zu spenden, wenn die Sonne sengt.
Ich gelobe, sie zu wärmen, wenn der Frost sie quält.
Ich gelobe, in Zeiten der Dürre mein Blut
für sie zu vergießen.
Wenn sie verblüht, verblühe auch ich.
Aus dem Treueid der Scharlachroten Rosen
     
    In Nescas Schlafgemach war, wenig überraschend, das Bett das dominante Möbelstück – eine wahre Landschaft aus duftenden Kissenhügeln, weichen Deckenbergen und einladenden Seidenebenen. Was Teriasch weitaus mehr verblüffte, waren die unübersehbaren Zeugnisse davon, dass Nesca abends wissensdurstig einschlief und morgens ebenso wissensdurstig wieder erwachte: Auf dem Bett waren so viele Bücher verstreut, als hätte sie den gesamten Inhalt eines der Schränke aus ihrem Studierzimmer darüber verteilt. Schriftrollen stapelten sich zwischen den Pinseln und Quasten, den Tiegelchen und Döschen, den Fläschlein und den Bürsten vor dem mannshohen Spiegel in einer Ecke. Der Boden hielt zahlreiche Stolperfallen in Form von Tontafeln mit sonderbaren Zeichen bereit, die wirkten, als hätte ein Vogel beschlossen, wild in weichem Lehm herumzupicken.
    Die Zeichnungen in den Büchern, die aufgeschlagen waren, hatten Teriasch besonders zu denken gegeben. Gehörnte, schuppige Häupter wie das von Schwarzschwinge. Steinkreise aus schwarzen Monolithen, inmitten derer ekstatische Menschen um lodernde Feuer tanzten. Merkwürdig geschwungene Waffen, die keine Schwerter, aber auch keine Äxte waren und nicht für menschliche Hände gefertigt schienen. Sie muss in ihnen gelesen haben, als ich im Turm des Windes war. Warum? Wollte sie mehr über Drachen erfahren? Wollte sie sich ein Bild davon machen, was ich da entgegengetreten bin?
    Nesca schritt vor ihrem Bett auf und ab, nur in ein leichtes Nachtgewand gehüllt, das sie sich widerwillig auf Cardas Anraten hin übergestreift hatte. Sie hielt den Kopf gesenkt, die Arme um den Leib geschlungen. »Ich kann das nicht glauben. Ich will das nicht glauben«, murmelte sie wieder und wieder, seit sie auf ihrem Weg hierher kurz Halt in Teriaschs Quartier gemacht hatten, damit er seine Blöße bedecken konnte. »Er würde das nicht tun. Warum sollte er das tun?«
    Carda, die nach ihrer Ankunft zunächst in einer angrenzenden, karg eingerichteten Kammer verschwunden war, um sich anzukleiden, legte Nesca in einer zärtlichen, vertrauten Geste sanft eine Hand in den Nacken. »Ihr solltet Euch nicht zu sehr aufregen, Hoheit. Noch haben wir nicht mehr als einen Verdacht aus einer recht zweifelhaften Quelle.«
    »O Carda …« Nesca lehnte sich gegen die plattenbewehrte Brust ihrer Leibwächterin. »Du bist eine schlechte Lügnerin. Warum willst du mir nicht sagen, was du vorhast?«
    »Weil es keinen Sinn hat, Euch weiter zu beunruhigen.« Sie kraulte weiter Nescas Nacken. »Ihr werdet sehen, das ist alles nur ein Missverständnis.« Sie sah zu Teriasch, der auf einem Polsterhocker vor dem Spiegel saß. »Ich habe mich noch nicht bei dir bedankt.«
    »Wofür?«
    »Dass du die Pupula ein weiteres Mal vor Schaden bewahrt hast.«
    Teriasch zuckte mit den Achseln, und der verschorfte Schnitt in seiner Seite pochte. »Ich habe nur getan, was du auch getan hättest.«
    »Eben.« Carda nickte ernst und zog Nesca ein wenig enger an sich. »Wie geht es deiner Wunde?«
    »Nur ein Kratzer«, sagte Teriasch. »Er hat mich nicht einmal richtig

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