Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
Vom Netzwerk:
Zungen in die Lücken zwischen ihren Zahnstummeln gleiten lassen, um Essensreste daraus hervorzusaugen.
    Geruch und Laute passten hervorragend zu den Geschöpfen, die sie verursachten: Die Bodenfliesen waren kaum zu sehen, so dicht war das Gewimmel der schleimigen Würmer, die nachts alle Besucher abschreckten. Wie wenn wir in eine Grube voller Wasserschlangenbrut gefallen wären …
    Umso verwunderlicher war es, dass Rukabos Plan so reibungslos aufzugehen schien. Munter summend ging der Halbling voran und streute aus den beiden großen Beuteln, die er sich an den Gürtel gebunden hatte, händeweise Salz vor sich aus. Er hatte etwas von einem Bauern, der die Saat ausbrachte, wie Teriasch es auf seiner Reise nach Kalvakorum so staunend beobachtet hatte. Und tatsächlich wichen die Würmer vor dem Salz zurück, geradezu panisch, wenn denn ein Wurmhirn so etwas wie Panik empfinden konnte. Sogar ihr Schleim, den sie in glitzernden Spuren hinter sich herzogen, litt unter dem Salz. Dort, wo die Kristalle auf ihn fielen, trocknete er binnen eines Wimpernschlags zu einer flockigen Masse, die knisterte wie Laub, wenn man darauf trat.
    »Warum hast du Carda angelogen?«, fragte Teriasch.
    »Hm?«
    »Warum hast du gesagt, du müsstest teures, seltenes Salz kaufen gehen und hast dann doch nur welches aus den Herrschaftlichen Speisekammern geholt?«
    »Das war lustig, oder?« Rukabo gluckste. »Wie der Koch geglotzt hat, als ich meinte, ich hätte Lust auf ein Salzbad. Findest du, ich habe damit übertrieben, dass das angeblich die Mannessäfte besser fließen lässt?«
    »Du warst nur auf den Schmuck aus, richtig?«, warf ihm Teriasch vor.
    »Man muss sehen, wo man bleibt«, antwortete Rukabo knapp.
    »Sie wird dir jedes Haar auf den Zehen einzeln abbrennen, wenn sie das je herausfindet«, warnte Teriasch.
    Rukabo warf ihm über die Schulter einen kritischen Blick zu. »Also von mir wird sie es jedenfalls nicht erfahren, mein Freund.«
    »Warum hast du mich überhaupt mitgenommen?«
    »Es ist bequemer, wenn jemand die Laterne für mich trägt«, erläuterte Rukabo. »Beim letzten Mal musste ich mir den Bügel zwischen die Zähne klemmen. Ich kam mir vor wie ein Pferd, das auf seiner Trense herumbeißt. Unwürdig. Fast so wie in der Aufmachung, in die mich Silicis gesteckt hat.«
    Teriasch wollte nicht an den Arenabesitzer denken, und er hatte Glück, auf eine Ablenkung zu stoßen: Sie mussten eine Skulptur umrunden, die ihnen den Weg versperrte. Sie stellte einen nackten, langbärtigen Mann dar, der Mund weit aufgerissen, die Arme flehend in die Höhe gereckt. »Was hat es mit all diesen Statuen auf sich?«
    »Statuen?«, meinte Rukabo. »Das sind keine Statuen.«
    »Sondern?«
    »Das sind die Überreste von all denen, die im Lauf der Zeit zu trödelig gewesen sind, wenn draußen die Sonne unterging. Und sicher der eine oder andere Dieb, der nicht ganz so schlau war, wie er dachte.«
    »Es sind Tote?« Teriaschs Magen zog sich zusammen. »Leichen?«
    »Natürlich. So sieht man aus, nachdem die Würmer und ihr Schleim mit einem fertig sind. Pass auf! Ich zeig dir was.« Er griff nach dem Oberschenkel des erstarrten Mannes und brach ohne jede Anstrengung ein großes Stück davon heraus. Das knackende Kratzen klang in Teriaschs Ohren wie der erstickte Schrei eines Kriegers, dem ein Keulenschlag den Kehlkopf zertrümmert hatte. »Es ist ganz leicht. Lässt sich erstklassig zermahlen.«
    »Zermahlen?«
    »Ja.« Rukabo nickte. »Die Alchimistinnen sind ganz scharf darauf. Sie wiegen es in Gold auf. Angeblich kann man sein eigenes Leben verlängern, wenn man es regelmäßig mit ein paar anderen Zutaten ähnlich freundlicher Natur vermengt und dann schnupft. Auf so etwas können nur Leute kommen, die so kurzlebig sind wie ihr Menschen.« Er keckerte. »Die blöde Gans, der ich unters Bett geschissen habe? Ich habe versucht, das, was ich für sie geholt habe, ein bisschen zu strecken. Ich kenne da nämlich einen sehr freigiebigen Abdecker. Es stellte sich leider heraus, dass sie das persönlich genommen hat, und von da an war mein Ruf bei den Sorgsamen Künstlerinnen ruiniert. Aber was soll’s? Ich habe schreckliche Rache geübt, und meinen Trick mit dem Salz habe ich ihr auch nicht verraten. Soll sie sehen, wo sie bleibt.« Er winkte ab und streute weiter Salz. »Komm! Ich hab’s eilig. Das Feuerwerk wartet nicht auf uns.«
    Teriasch folgte dem haarigen Dieb, von da an peinlich genau darauf bedacht, in der Spur zu bleiben undkeine

Weitere Kostenlose Bücher