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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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rätselhaften Zeichen. »Was steht da?«
    »Kannst du etwa nicht lesen?«
    »Nein.«
    »Manchmal vergesse ich glatt, dass du ein Wilder bist, so gut hast du dich eingelebt.« Der Halbling fuhr mit dem Finger die letzten vier Zeilen entlang, die auf das Pergament geschrieben standen. »Sauklaue!«, beschwerte er sich. »Welche krummen Gichtfinger waren denn da am Werk?« Er verstummte schlagartig. »Oh«, machte er. Und noch einmal: »Oh.«
    »Was ist?«
    In Rukabos Augen stand ehrfürchtiger Schrecken. »Es ist wahr. Es ist der Pollox, der sie töten will. Und ich weiß jetzt auch, warum.«
    »Warum?« Teriasch wurde heiß und kalt zugleich. Das allgegenwärtige Schmatzen der Würmer schien an seinem innersten Selbst zu zehren. Er dachte an Nesca und wie sie so friedlich schlief, und beinahe wünschte er sich, sie würde nie mehr erwachen müssen. Es ist wirklich der Pollox. Das wird ihr das Herz zerreißen … »Warum?«
    »Weil sie das Haus, in dem alle Häuser sind, zum Einsturz bringen wird«, sagte Rukabo mit zitternder Stimme. »Hier steht, dass sie das Dominum vernichten wird.«

21

     
»Liebe ist Knechtschaft«, behauptete der Alte.
»Und doch sehne ich mich nach einem Joch«,
erwiderte der Junge.
Aus einem Fragment des Stummen Barden
     
    »Ich will das noch einmal hören.«
    Sämtliche Müdigkeit, die mit dem Süßen Dorn so plötzlich über Nesca gekommen war, schien ebenso schnell verflogen, als die Scharlachrote Rose sie nach Rukabos und Teriaschs Rückkehr ein zweites Mal mit einer Nadel gestochen hatte. Die Pupula saß aufrecht auf ihrem Bett, das Gesicht eine starre Maske, in dem nur die Blässe ihrer Wangen verriet, was in ihr vorgehen musste.
    Auf ihren Wunsch hin wiederholte Rukabo leise die vier Zeilen aus Gurdas Prophezeiungen, die er auswendig gelernt hatte.
»Der Fremden Kind findet einen mächtigen Vater.
Glut ist ihr Haar, Glut ist ihr rosenbehütetes Herz.
In ihr weht der Steppenwind, der Berge abträgt und den Atem nimmt.
Augenstern eines Reiches ist sie und sein Untergang in Schreien und wankenden Türmen.«
    »Er glaubt es also wirklich.« Nesca sah zum Fenster in die Nacht hinaus. »Er glaubt, mein ganzes Leben läuft nur auf eine Reihe unheilverkündender Worte in einer alten Weissagung hinaus. Die Worte einer Frau, die längst tot ist. Die mich nie gekannt hat.« Sie wischte sich flüchtig mit der Hand über die Augen. »Es ist Irrsinn. Dagegen kann ich mich nicht wehren. Nichts, was ich zu ihm sage, könnte ihn davon abbringen.«
    Teriasch musterte ihre Züge und wehrte sich verzweifelt dagegen, dass ihre hohle Mattheit auf ihn übersprang. Sie spürt keinen Zorn. Nur Enttäuschung. Und auch er spürte eine bittere Enttäuschung, weil ihm nichts anderes einfiel, als Hoffnung ausgerechnet in jenem Gerüst aus Lügen zu sehen, das andere um diese traurige Frau errichtet hatten. »Vielleicht ist es so«, sagte er. »Vielleicht wird er sich niemals von dir davon abbringen lassen, an diese Weissagung zu glauben. Aber da ist jemand anderes, auf den er hören wird, weil er auf ihn hören muss. Geh zu deinem Vater, Nesca, und erzähl ihm alles. Jetzt gleich!«
    Sie schüttelte den Kopf, ohne ihn anzusehen. »Dafür ist es noch nicht an der Zeit. Noch ist nicht der Tag der Thronbesteigung.«
    »Aber fast.« Auf weichen Knien trat Teriasch vor und hob beschwörend die Hände. »Hier steht etwas Wichtigeres auf dem Spiel als die Traditionen eures Volkes. Dein Leben. Er wird verstehen, dass du nicht warten konntest.«
    »Still!« Die Art, wie sie zu ihm herumfuhr und ihre Finger sich in die Laken gruben, sprach nun doch von einer jähen Wut. »Du bist tatsächlich eine Feuerseele, Teriasch von den Schwarzen Pfeilen. Du würdest alles um dich herum zu Asche verbrennen, nur um deinen Willen zu bekommen, nicht wahr?«
    Warum ist sie zornig auf mich ? Ich habe ihr nichts getan! Teriasch schluckte seinen gekränkten Stolz hinunter. »Du hast mich doch eigens zu dir geholt, weil ich eben eine Feuerseele bin. Weil du meine Hilfe wolltest. Dann lass dir auch von mir helfen. Geh sofort zu deinem Vater, Nesca. Er ist der Einzige, der den Pollox zur Rechenschaft ziehen kann.«
    »Ich weiß, warum du mich so drängst.« Sie lächelte, wenn auch kühl und herablassend. »Du denkst dabei nur an das, worum du mich im Turm des Feuers gebeten hast. Dass ich mich bei meinem Vater dafür einsetze, dass er die anderen Sklaven dieser Arena befreit, aus der ich dich geholt habe.«
    »Nein.« Teriasch wich einen

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