Heldenzorn: Roman (German Edition)
Haut abziehen.«
»Abziehen …« Amaris’ Blick glitt von Teriaschs Gesicht hinüber zu dem Unterstand, wo die Kisten der Rüsselschnauze entladen wurden. »Ein gutes Stichwort. Hast du mir Schöpfe mitgebracht?«
»Achtzehn«, antwortete Spuo stolz.
»Das macht vierhundertfünfzig Rota für dich und vierhundertfünfzig Rota für mich.« Amaris nickte zufrieden. »Nicht schlecht. Das wird die Huren freuen, die sich um dein Rohr kümmern, sobald du wieder daheim bist.«
»Zweifellos. Willst du die Ware inspizieren?«
»Warum nicht?«
Spuo und Amaris spazierten scherzend zur Rüsselschnauze.
»Worüber reden sie?«, fragte Dokescha, als er Teriasch den sehnlich erwarteten Krug reichte.
»Über Haare«, sagte Teriasch, dessen Mund mit einem Mal noch trockener war.
»Die Haare …« Dokescha sah rasch zur Seite, doch Teriasch war nicht entgangen, dass dem Krieger Tränen in den Augen standen.
Teriasch setzte den Krug an und lugte über den Rand zu den beiden Anführern der Harten Menschen. Das, was sie inzwischen aus einer der Kisten geholt und vor sich auf dem Boden ausgebreitet hatten, löste keinen Zorn in ihm aus, nur bodenloses Entsetzen. Das Wasser, das ihm die Kehle hinunterrann, kam ihm kalt wie Eis vor. Sie töten unsere Frauen nicht nur. Sie ziehen ihnen als Trophäe die Haut vom Kopf.
Auch in ihrer neuen Unterkunft behielten die Gefangenen ihre Ketten. In dem niedrigen Raum, in dem dunkle Holzbalken den Himmel aussperrten, gab es jedoch zwei Dinge, die ihnen ihre Lage etwas erträglicher machten: einen großen Eimer in einer Ecke, in den sie ihre Notdurft verrichten konnten, und einen Kessel mit einer lauwarmen Brühe, in der faserige Wurzelstücke schwammen. Ein wahres Festmahl nach all dem trockenen Brot, und es störte auch niemanden, dass man nur die eigenen Hände als Schüsseln hatte.
Nicht satt, aber auch nicht mehr hungrig hockten Teriasch und Dokescha auf der festgestampften Erde nebeneinander, die Rücken an die raue Steinwand gelehnt.
Dokescha warf einen Blick auf die von außen verriegelte Tür, dann brachte er seinen Mund dicht an Teriaschs Ohr. »Du musst mir etwas verraten.«
»Was?« Ihr Geister, bitte lasst ihn nicht schon wieder von Bräuten und vom Kindermachen anfangen!
»Ein Wort aus ihrer Sprache.«
Teriasch ächzte dankbar. »Welches Wort?«
Als Dokescha es ihm verriet, ahnte Teriasch, dass sein Kettenbruder selbst jetzt die Hoffnung auf eine baldige Rettung noch nicht aufgegeben hatte.
»Alarm! Alarm!«, schrie ein Mann zum schnellen Läuten einer Glocke. »Alarm!«
»Sie sind da!«, sagte Dokescha, ein triumphierendes Grinsen auf dem Gesicht.
Teriasch und er sprangen so schnell auf die Füße, wie es ihre Ketten eben zuließen, und der Krieger bahnte ihnen den Weg durch die anderen sich hochkämpfenden Gefangenenpaare zu einem der vergitterten Fenster.
Sie sind wirklich da! Anderswar die Unruhe, die unter den Harten Menschen ausgebrochen war, nicht zu erklären. Soldaten hasteten in wilder Eile über den Hof, kletterten über Leitern hinauf zu den Türmen und den Wehrgängen an den Palisaden.
Inmitten des Tumults tauchte Amaris auf, einen Löwenhelm unter den Arm geklemmt. »Was ist da los?«, rief sie zu einem der Wachtürme hinauf.
»Die Barbaren!«, kam die kurze Antwort, in der Furcht und Anspannung lagen.
»Wie viele?«
»Es sind Dutzende! Sie kommen von allen Seiten!«
Teriasch stellte fest, dass er seine freie Hand unbewusst um einen der Gitterstäbe geschlossen hatte. Das müssen sämtliche Krieger sein, die die Milchbäuche aufbieten können. Er glaubte Hufschlag und grelles Geheul zu hören.
Draußen spurtete Spuo an Amaris’ Seite. »Das sind zu viele.«
»Jammer nicht. Was willst du machen? Verhandeln?«, höhnte Amaris. Sie drehte sich um und herrschte den Soldaten an, der immer noch die an einem Pfosten neben dem Brunnen befestigte Glocke läutete. »Lass das sein! Ich bin nicht taub.« Der Soldat ließ das Glockenseil fallen, als wäre es glühend heiß. »Auf einen der Türme mit dir.« Sie setzte ihren Helm auf. »Alle Mann die Arkakrux raus und Schussreihen bilden!«
»Sie fürchten unsere Krieger. Sollen sie ruhig. Bald können sie sich von ihren Ahnen trösten lassen«, freute sich Dokescha.
»Jetzt?«, fragte ihn einer seiner Freunde von hinten, ungeduldige Vorfreude in der Stimme.
»Nein«, antwortete Dokescha, den Blick fest auf die Vorgänge im Hof gerichtet. »Noch nicht.«
Teriasch presste das Gesicht zwischen zwei Stäbe
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