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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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Zauberrauch schuf. Die Kustoda führte ihren Untergebenen vor, wie sie die ausbrechenden Brände zu bekämpfen hatten: Ohne auf die Pfeile zu achten, die nun um sie herum niedergingen, rannte sie zum Brunnen. Sie riss sich den Umhang von den Schultern, tränkte den Stoff im Wasser und machte sich dann daran, die Flammen auszuschlagen, die an einer nahen Treppe zu den Wehrgängen leckten.
    Die ohnehin aufgebrachte Rüsselschnauze witterte die Rauchschwaden, die über den Hof zogen. Sie gab Laute von sich, die wie schriller Donner waren, schüttelte den Kopf und schlug ihre Hauer links und rechts gegen die Stützpfeiler eines Unterstands. Ihr Lenker hob seinen Hakenstock zu einem Stoß gegen den Nacken des Ungetüms.
    Nein! Teriasch schloss die Augen, um sich vor dem grellen Blitz zu schützen, den der Schlag gegen das Halsband der Bestie auslösen würde. Doch das Licht kam nicht. Stattdessen hörte er eine Reihe irrer Schreie, und er riss die Augen wieder auf. Im Oberarm des Lenkers steckte ein Pfeil, und das Feuer aus dem Klumpen Pech unmittelbar hinter der Spitze des Geschosses hatte sich bereits in sein Gewand gefressen. Er taumelte umher und schlug sich selbst wieder und wieder auf den Arm, den Hakenstock weiter fest umklammert. Dann geriet er zu nah an den Probaska. Das Tier schreckte vor dem brennenden Menschen zurück, trat mit einem Hinterlauf auf einen im Boden steckenden Brandpfeil und war von da an nur noch ein Spielball seiner urtümlichsten Instinkte. Es hob den Rüssel, öffnete das Maul und raste mit klirrendem und rasselndem Panzer quer über den Hof. Nur ein Sprung im letzten Augenblick rettete Spuo davor, von den baumstammdicken Beinen des Ungeheuers zertrampelt zu werden. Das Dreibein hatte weniger Glück: Die Rüsselschnauze erkannte das Hindernis zu spät und warf es bei seinem plötzlichen Kurswechsel mit der Hinterbacke um. Die Schale rollte noch ein Stück und zog eine Spur aus brennendem Gras und Reisig hinter sich her, dann kippte sie zur Seite und erstickte das Feuer, das sie eben noch in ihrer Wölbung geborgen hatte.
    »Jetzt, Dokescha?«, fragte eine heisere Stimme aus dem hinteren Teil der großen Gefängniszelle.
    »Ja«, knurrte Dokescha. »Jetzt.« Er trat einen Schritt vom Fenster weg, Teriasch folgte ihm gezwungenermaßen. »Feuer! Feuer!«, brüllte er dann das einzige Wort heraus, das ihm von der Sprache der Harten Menschen bekannt war.
    Ein anderes Gefangenenpärchen humpelte zur Tür und schlug die Fäuste in einem wilden Wirbel dagegen. »Feuer! Feuer!«, riefen auch sie beide, und nach und nach schlossen sich ihnen immer mehr der eingesperrten Männer an.
    Nun kam letztlich alles darauf an, ob Fulmar gelogen hatte, was die Art und Weise anging, wie die Harten Menschen die Steppenbewohner betrachteten. Wir sind nur Tiere für sie, aber wir sind wertvolle Tiere. Und wir würden unsere Pferde nie verbrennen lassen …
    Bange Momente vergingen.
    Die Tür schwang nach innen auf. Dem Wächter blieb nicht die Zeit zu bemerken, dass dieses Feuer, worüber da so lauthals geschrien wurde, weder Flammen noch Rauch erzeugte, sondern nur in den Herzen der Gefangenen brannte. Der Soldat hatte zwar seinen Stoßdolch gezogen, gegen die Flut an Leibern, die sich ihm nun aus dem Halbdunkel entgegenwälzte, nutzte ihm die Klinge jedoch nichts. Zahllose Arme packten ihn, zerrten ihn in die Zelle hinein. Es dauerte keine drei Wimpernschläge, bis er zu Boden gerungen war, begraben unter einem Berg von Körpern. Die Steppenbewohner fielen über ihn her wie ein Rudel Löwen über ein lahmendes Gazellenjunges. Sie richteten ihre groben Angriffe auf die ungeschützten Stellen in seiner Panzerung. Ein Krieger der Krallendaumen bohrte den langen Nagel, der seiner Sippe ihren Namen gab, in einen der Augenschlitze der Helmmaske. Zwei Milchbäuche hielten den leeren Brühentopf an den Henkeln und zerschmetterten dem Mann mit der Kante des Gefäßes die Hand. Dokescha selbst, der Teriasch mit in das Gewimmel hineinriss, rammte dem zappelnden Wächter einen langen Splitter, den er aus einem der Deckenbalken gebrochen hatte, in die Achselhöhle. Der Fremde fand einen grausigen, aber immerhin schnellen Tod.
    Als er sich nicht mehr rührte, nahm Dokescha seinen Dolch an sich und schlich mit Teriasch zur Tür. Er schloss sie bis auf einen schmalen Spalt, durch den sie beide hinausspähten. Anscheinend hatte noch niemand der Harten Menschen bemerkt, dass der Wächter nicht mehr auf seinem Posten war. Eine

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