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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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hatte. Wie sein Zorn, das Feuer um ihn herum und das Feuer in ihm eins geworden waren.
    »Du wirst uns lieben!«, kreischten die vielen Stimmen. In ihrem Flehen lag keine Verlockung mehr, nur die nackte Furcht vor etwas Unbegreiflichem. »Du musst uns lieben!«
    Dann zog die Kreatur all ihre Arme an, als schrecke sie vor dem zurück, was sie sich eben noch hatte einverleiben wollen.
    Teriasch spürte einen Schlag gegen seinen Hinterkopf und riss die Augen auf. Er lag auf dem Rücken, die Hände auf der Brust. Sein Mund stand offen, Schweiß rann ihm von Stirn und Wangen.
    Silicis und Varia standen beide über ihn gebeugt.
    »Hast du das gesehen?« Es war die Frage eines Betrunkenen, der nicht wusste, ob er seinen Sinnen trauen konnte.
    »Was soll ich gesehen haben?«
    »Sein Mund … Sein Mund hat gebrannt.«
    Varia runzelte die Stirn. »Du hast nicht zufällig einen Abstecher ins Rauchhaus gemacht, nachdem die Würfel dir hold waren?«
    Silicis fasste sich in den Schritt und packte, was er dort fand. »Ich schwör’s. Wie wenn er eine Fackel verschluckt und mit Öl nachgespült hätte.«
    »Aha. Weißt du, wann ich mir darüber Gedanken mache? Wenn ich nachher auf meiner Ziege nach Hause fliege.« Sie strich Teriasch vorsichtig übers Haar. »Du bist ganz heiß. Hat Spuo auf dem Marsch wieder am Wasser gespart?«
    Teriasch schüttelte den Kopf. Er hat es gesehen! Er hat gesehen, was ich kann. Und er ist kräftig genug, mich mit bloßen Händen totzuschlagen, wenn er sich zu sehr davor fürchtet!
    »Kannst du aufstehen?«, fragte Varia.
    Teriasch fühlte sich matt und leer, doch er schaffte es mit Varias Unterstützung und dank der Tischkante, sich auf die Beine zu quälen.
    »Ich hoffe sehr, du hast mir keinen Kranken angedreht«, knurrte Silicis. »Oder einen Hexer.«
    »Und wenn schon.« Varia winkte ab. »Hast du mir nicht gerade erzählt, du hättest ihn nur für einen großen Auftritt angeschafft?« Sie drückte Silicis die Flasche in die Hand. »Hier! Vergiss die nicht! Sobald ihr da über diese Schwelle seid, übernehme ich nämlich keinerlei Haftung mehr für ihn.«
    Silicis grummelte etwas, das verdächtig nach einem Fluch klang, und verstaute die Flasche in einer Tasche an seinem Gürtel, die dick mit Wolle gefüttert war. »Du bist eine echte Halsabschneiderin.«
    »Und das ausgerechnet aus deinem Mund.« Varia befühlte Teriaschs Kollare. »Bekommst du genügend Luft?«
    Teriasch nickte. Der Ring war nach wie vor kühl und fühlte sich auf seiner Haut ungewohnt an, aber er behinderte ihn weder beim Atmen noch beim Schlucken. »Was habt ihr mit mir gemacht?«, wollte er fragen, aber er brachte nicht mehr über die Lippen als ein raues Stöhnen.
    »Das hast du nun von deiner Schreierei, Feuermund«, knurrte Silicis.
    Varia gab Teriasch einen Klaps auf die Hinterbacken. »Raus mit dir. Es wird Zeit, dass du deine Ketten verlierst und ich diesen Trunkenbold loswerde.«
    Im ersten Augenblick, in dem er seine Arme und Beine nach endlos langer Zeit wieder frei bewegen konnte, war er zu verblüfft, um irgendetwas anderes zu tun, als stocksteif dazustehen und auf seine Handgelenke zu starren. Zu verblüfft und zu erschöpft.
    Es war eine Ankündigung von Silicis, die der kurzen Lähmung ein Ende bereitete. Eine Ankündigung, die so unglaublich und so sonderbar war, dass sich Teriasch ernsthaft fragte, ob er beim Anlegen des Kollare nicht einfach den Verstand verloren hatte.
    »Wenn du brav mitkommst«, sagte sein neuer Besitzer gutgelaunt, »hast du noch heute Abend wieder Gras unter den Füßen, mein Häuptling.«

6

     
Ich komme nicht in die Arena wegen all der Dinge,
die man sonst so sagt. Ich komme nur
wegen des Blutvergießens und der Schmerzensschreie.
Geständnis eines unbekannten Arenabesuchers
     
    Teriasch blickte an sich herunter. Ich habe mich nicht geirrt. Die Harten Menschen sind tatsächlich dumm. Ich sehe nicht aus wie ein Häuptling. Ich sehe aus wie ein Dieb, der bei allen Sippen der Steppe klebrige Finger hatte.
    Der Brustschmuck aus gelben Tonkügelchen, die auf ein Ledergeflecht aufgefädelt waren, war ohne jeden Zweifel von den Wurzelessern für eine Frau gefertigt, die allein in ihrem Zelt schlief.
    Die Troddeln und Fransen an seinem Lendenschurz waren auf eine Weise zu kleinen Figürchen geknotet, wie es die Lachenden Lippen taten, um auf den Ursprung allen Lebens im Vorgang der Vereinigung hinzuweisen.
    Die Beinlinge, die ihm Silicis gegeben hatte, waren nur hinten an den Waden offen

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