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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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hätte. Sie hatten in einem Raum haltgemacht, in dem ein klobiger Schrank neben dem anderen stand. Silicis war zielstrebig auf einen davon zugegangen, um die Kleidungsstücke und die Keule daraus hervorzuholen, von denen er offenbar und fälschlicherweise davon ausging, sie wären einem Häuptling der Pferdestämme würdig. Für Teriaschs behutsame Versuche, den Irrtum aufzuklären, war Silicis vollkommen taub geblieben. Er hatte ihm nur immer wieder gesagt, er solle sich gefälligst beeilen. Als Teriasch alles angezogen hatte, hatte Silicis zufrieden genickt, ehe er seinen Sklaven noch tiefer in das Gebäude hineinführte – zu der Kammer, in der bereits Rukabo wartete. Silicis’ Verabschiedung war ein knappes »Bald geht es los!« gewesen. Dann hatte er die Tür zugeschlagen und verriegelt.
    Die Kammer selbst bot neben Rukabos ungewöhnlicher Erscheinung noch ein weiteres Rätsel. Drei ihrer vier Wände waren aus gemauertem Stein. Die vierte jedoch bestand aus senkrechten Holzbohlen und einigen dünneren Querlatten. Von jenseits der Wand war ein stetes Raunen und Summen zu hören, durchbrochen von gelegentlichem Rufen und Lachen.
    Es war allerdings ein Geräusch aus einer anderen Quelle, das die Aufmerksamkeit Rukabos weckte: Teriasch knurrte laut der Magen, weil er seit dem Morgen, als er von den Soldaten mit Brühe und Brot versorgt worden war, nichts mehr gegessen hatte.
    Der Halbling grinste. »Hast du Schiss?«
    »Schiss?« Teriasch runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht, was das ist. Schiss …«
    »Sehr witzig«, sagte Rukabo. »Das haben schon viele gesagt. Und bitter bereut. Du bist ein ganz schöner Aufschneider.« Der Pferdekopfhut wackelte bedenklich, als er den Kopf schüttelte. »Was soll’s? Da draußen zählen große Worte eh nichts.«
    »Was ist da draußen?«
    »Still jetzt!« Rukabo wuselte erstaunlich schnell auf die Holzwand zu und lauschte daran. »Da war was!«
    Das Raunen schwoll zu einem Tosen an. Da waren Pfiffe, Klatschen – und das Klirren von Metall. Teriasch spürte den Boden unter seinen Füßen beben. Er sah zur Decke, weil er Angst hatte, sie könnte einstürzen und ihn und den Halbling unter sich zermalmen. Mit zwei Schritten war er bei Rukabo, packte ihn an den Schultern und drehte ihn zu sich um. »Was ist das? Was geschieht da?«
    »He, Pfoten weg!« Rukabos Miene verfinsterte sich kurz, um sich sogleich wieder aufzuhellen. »Oh, verstehe, du bist neu.« Mit einer schnellen Drehung befreite er sich aus Teriaschs Griff. »Ich meine, ich bin auch neu, aber wie neu bist du denn bitteschön?«
    »Ich bin erst seit heute in dieser Stadt.«
    »Tatsache? Und wo hast du dich vorher rumgetrieben? Unter einem Stein? Mit dem Kopf im Arsch?«
    »Auf der Steppe.«
    »Auf der Steppe?« Rukabo kniff ein Auge zu und kaute auf seiner Unterlippe. »Das hört sich für mich nach einer dreisten Lüge an, weil jeder weiß, dass die Wilden von dort nicht genügend Hirn im Schädel haben, um eine zivilisierte Unterhaltung zu führen. Aber wenn du unbedingt darauf bestehst, die menschenfressende Unschuld vom Lande zu spielen, sei mein Gast.« Er klopfte mit dem Huf gegen die Holzwand. »Dahinter, mein Häuptling, geht es zur Arena. Schon mal was davon gehört?«
    »Nein.«
    »Aha. Gut. Klar.« Er nickte. »Lass es mich so kurz machen, wie ich kann: Wenn den Leuten in Kalvakorum zu langweilig wird, kommen sie in die Arena. Warum? Weil es da immer was Nettes zu sehen gibt. Zum Beispiel nichtsnutziges Gesindel wie dich und mich, das zur allgemeinen Belustigung von erfahrenen Kämpfern in Stücke gehauen oder von ausgehungerten Bestien zerfleischt wird. Ein herrlicher Zeitvertreib für die ganze Familie.«
    Das kann nicht sein! »Du lügst!«, zischte Teriasch. »Silicis hat mir versprochen, dass ich heute Abend wieder Gras unter den Füßen habe.«
    »Das hat er gesagt?«
    »Ja.«
    »Und du hast dich nicht verhört?«
    »Nein.«
    Rukabo zuckte mit den rundlichen Schultern. »Dann wird er wohl die Wahrheit gesprochen haben. Oder er hat sich etwas ganz Besonderes für uns beide ausgedacht.«
    Wenige Augenblicke später hob sich die Holzwand rumpelnd und schien Stück für Stück in der Decke zu verschwinden. Das Rufen und Schreien der Menschen wurde lauter, und Teriasch hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten. Doch durch den größer werdenden Spalt krochen auch Gerüche – nach Blut, nach Schweiß und nach etwas, das ihm ungemein vertraut war.
    Gras! Das ist Gras! Er bückte sich, um durch den

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