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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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rechtzeitig geweckt hätte?«
    Da Teriasch keine Antwort auf diese Frage hatte, die seinen Zellengenossen beruhigt hätte, schwieg er einfach.
    »Was hast du denn überhaupt geträumt?«, wollte Rukabo wissen.
    Teriasch erzählte es ihm.
    »Sie ist aufgeplatzt?«, flüsterte Rukabo und wirkte dabei wie eine eingeschüchterte Vettel, die zu viele Sommer gesehen hatte und befürchtete, sie könnte einen Geist des Todes auf sich aufmerksam machen, wenn sie die Stimme hob. »Ihr sind Tentakel gewachsen?«
    Teriasch nickte. »Hast du nie so etwas geträumt, seit man dir das Kollare angelegt hat?«
    »Nein.« Rukabo schüttelte sich. »Zum Glück nicht.« Er legte den Kopf schief. »Ich schlafe bestens. Ganz ohne Träume.« Er ging um Teriasch herum die Treppe nach unten. »Komm jetzt. Du machst mir Angst mit deinem Gerede über vielarmige Prinzessinnen, die dein Kollare zum Glühen bringen. Und das beste Mittel gegen Angst ist Essen.«
    Silicis aß an diesem Morgen mit seinen Kämpfern, wie er es gelegentlich tat, um sich, wie er meinte, die Zeit seines Lebens ins Gedächtnis zu rufen, als er selbst noch ein Arenistus gewesen war. Selbstverständlich gehörte der Platz am Kopf der Tafel ihm. Sein Leibsklave hatte sich offenbar alle Mühe gegeben, die Morgentoilette seines Herrn nach besten Kräften zu unterstützen: Silicis’ ansonsten oft so störrisches Haar war glatt gekämmt, die geplatzten Äderchen auf seiner Nase großzügig überpudert.
    Doch es war nicht die unerwartet gepflegte Erscheinung seines Besitzers, die Teriasch an der der Schwelle zum Speisesaal innehalten ließ. Es war der Mann, der zu Silicis’ Rechter saß. Fulmar, der Geist der Geschichten. Er lachte gerade lauthals und dreckig, als hätte Silicis eine garstige Zote von sich gegeben. Er hatte seine Kapuze aus dem merkwürdigen, von hellen Metallfäden durchwirkten Stoff zurückgeschlagen, über seine Schulter ragte der Griff seiner Laute. Als er Teriasch bemerkte, weiteten sich seine ohnehin schon viel zu großen Augen. Er beugte sich zu Silicis hinüber und wechselte ein paar rasche Worte mit ihm.
    »Ah, mein Häuptling«, rief Silicis dann und bedeutete Teriasch mit einem Wink näher zu treten. »Hier möchte jemand deine Geschichte hören.«
    Teriasch rührte sich nicht von der Stelle. »Er kennt meine Geschichte schon.«
    »Was machst du da?« Rukabo stieß ihm den Ellbogen in die Hüfte. »Geh hin, anstatt Silicis unnötig zu reizen.«
    »Willst du behaupten, du bist da draußen auf der Steppe schon einmal einem Chronisten von der Akademia Fabula begegnet, ja?« Die heitere Wärme in Silicis’ Ton war einer kalten Schärfe gewichen. »Schaff dich hierher.«
    »Ich will niemanden zu etwas zwingen«, sagte Fulmar großmütig.
    »Ich schon«, knurrte Silicis.
    Rukabo versetzte Teriasch einen kräftigen Schubs. »Lass die Faxen, du Esel!«
    Fulmar erhob sich seufzend und klopfte Silicis beruhigend auf die Schulter. »Kein Grund zum Peitschenknallen. Bei manchen Geschichten lohnt es sich, ihnen hinterherzugehen.«
    Die anderen Sklaven, die die Szene schweigend verfolgt hatten, warteten ab, wie ihr Besitzer darauf reagierte, dass Fulmar auf Teriasch zueilte und ihn am Arm zu einem freien Tisch in der hintersten Ecke des Saales führte. Als Silicis nach mehr Honig für seinen Wein verlangte, beschlossen sie offensichtlich, dass die Gefahr eines Wutausbruchs vorüber war, und widmeten sich wieder ihrem morgendlichen Mahl und ihren eigenen leisen Gesprächen.
    Fulmar setzte sich und zeigte auf die Bank auf der anderen Seite des Tisches. »Lass uns reden.«
    Teriasch dachte weder an das eine noch an das andere. Er blieb stehen und schwieg.
    Fulmar rieb sich den roten Bart. »Könnte es sein, dass ich dich irgendwie gekränkt habe?«
    »Du bist ein Lügner«, zischte Teriasch in der Sprache der Steppe. »Ein dreckiger Lügner.«
    »Ich? Wann genau habe ich dich angelogen?«, erwiderte Fulmar in der gleichen Zunge.
    Er wagt es, den Unschuldigen zu spielen! Teriaschstützte die Hände auf den Tisch und bückte sich zu dem Geist herunter. »Du hast damals im Zelt der Harten Menschen zu mir gesagt, ich müsse nur auf den richtigen Augenblick warten, um meine Freiheit zurückzugewinnen. Das war gelogen. Ich habe gewartet und gewartet. Bis sie mich hinter die große Mauer verschleppt und mir diesen Ring um den Hals gelegt haben. Ich warte seit drei langen Monden, und der Augenblick ist nie gekommen.«
    »Drei Monde, ja?« Fulmar schüttelte den Kopf. »Ich

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