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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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deinem Leben bezahlen würdest.«
    Der Vorwurf traf Teriasch völlig unerwartet. »Wie kommst du darauf, dass ich vor dir fliehen will?«
    »Weil das alle Neuen irgendwann wollen«, sagte Silicis und trat näher an ihn heran. »Und dann hole ich sie zu mir und führe mit ihnen dieselbe kleine Unterhaltung, die wir beide gerade miteinander führen. So pünktlich wie ein Räderwerk, bevor es zu spät ist. Manchmal komme ich mir vor wie ein Priester, für den man noch keinen passenden Gott erfunden hat.« Erstaunlich sanft legte er Teriasch eine seiner von unzähligen kleinen Narben überzogenen Hände auf die Schultern. »Es ist nichts Ungewöhnliches, dass du den Drang verspürst, gegen mich aufzubegehren. Es wäre eher ungewöhnlich, wenn er dir völlig abginge. Noch dazu bist du ein Wilder, auch wenn du unsere Sprache sprichst, und ich habe die Erfahrung gemacht, dass ihr Barbaren euch besonders schwer damit tut, zu akzeptieren, auf welchen Säulen das Dominum ruht. Pflicht, Gehorsam und Ehre. Ihr seid Kreaturen, die etwas mit eigenen Augen sehen müssen, um es zu begreifen.« Er hielt Teriasch die andere Hand vor die Nase, an der er einen schlichten Ring aus einem rot schimmernden Metall trug. »Weißt du, was Skaldat ist?«
    Teriasch nickte.
    »Gut.« Silicis schob ihn zum anderen Ende der Stube, weg vom Balkon und hin zu einer schmalen Tür aus schwarzem Glas, die weder eine Klinke noch ein Schloss oder einen Riegel besaß. Ungefähr in Augenhöhe war eine Art Wappen eingraviert, das ineinander verschlungene Ketten zeigte. Inmitten dieses Wappens schimmerte ein Plättchen rotes Skaldat, kaum größer als ein Fingernagel, und auf diese Stelle legte Silicis seinen Ring. Geräuschlos schwang die Tür nach innen auf.
    Dahinter befand sich eine enge Kammer, deren karge Einrichtung Teriasch Rätsel aufgab. Auf dem Boden ruhte ein grauer, quadratisch gehauener Felsblock, hüfthoch und glatt geschmirgelt. Auf ihm waren in kleinen Vertiefungen Phiolen aufgereiht – Dutzende winziger Flaschen, gefüllt mit einer gelblichen Flüssigkeit, die einen Blutstropfen umschloss, und mit Wachs versiegelt.
    Teriasch trocknete der Mund aus. Welche davon ist die mit meinem Blut?
    Unmittelbar über dem ersten Block hing ein zweiter, und der Abstand zwischen ihnen betrug vielleicht eine Armlänge. Gehalten wurde der zweite Stein von straff gespannten Tauen aus Stahl, die in einem Ring unter der Decke zusammenliefen. Er war ebenfalls aus rotem Skaldat und nicht größer als eine Rotamünze. Bei seinem Anblick brach Teriasch der Schweiß aus, auch wenn er um die besondere Belastbarkeit des zaubermächtigen Metalls wusste. Falls es nämlich je dem immensen Gewicht des Felsblocks nachgab, würde dieser unweigerlich herabfallen und die Phiolen unter sich zermalmen.
    Silicis trat hinter Teriasch und setzte zu einer Erklärung an. »Als der Subveheros die Elemente zähmte, machte er uns noch ein anderes Geschenk. Eines, das den Freien den Gehorsam ihrer Sklaven sicherte. Alles, was ich tun muss, um dich zu töten, falls du dich zu widerspenstig zeigst, ist, deine Flasche zu zerbrechen. Es geht ganz leicht. Ich nehme sie, werfe sie zu Boden, und wenn sie dann noch heil sein sollte, zertrete ich sie. Dein Tod würde kein leichter sein. Er ist qualvoll und langsam, um dich davon abzuschrecken, den einfachsten Weg aus deiner Knechtschaft zu wählen. Du fällst nicht um, als hätte dich der Blitz getroffen, mein Häuptling. Nein, du windest und krümmst dich wie ein Wurm, den ein grausames Kind als Spielzeug auserkoren und auf einen heißen Stein in der Sonne gelegt hat. Oh, ich weiß genau, was du jetzt denkst.« Er beugte sich so dicht an Teriasch heran, dass es nach saurem Essigatem roch. »Was, wenn ich ihn töte und meine Flasche stehle, bevor ich davonlaufe?«
    Er weiß wirklich, was ich denke! Einen schrecklichen Moment lang befürchtete Teriasch, sein Besitzer könnte tatsächlich jeden seiner Gedanken klar und deutlich vor sich sehen. Dann fiel ihm ein, dass er beileibe nicht Silicis’ erster und einziger Sklave war. Er spielt nur mit mir, um mich einzuschüchtern.
    »Ich habe den einen oder anderen Schlag auf den Schädel bekommen, als ich noch selbst in der Arena gekämpft habe«, sagte Silicis. »Aber ich bin kein tumber Krüppel wie Gigas.« Er hielt Teriasch die Hand vors Gesicht und drehte sie hin und her. »Dafür habe ich den Ring, und dafür gibt es den Ring an der Decke. Sie sind aus einem Stück Skaldat geschnitten, und sie

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