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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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nutzlos herumgesessen, ihr faulen Schweine!«, rief er. »Denkt ihr etwa, euer Essen bezahlt sich von allein? Dropaxvir, hör sofort auf, deine Nase in dieses dämliche Buch zu stecken. Oder bist du auf der Suche nach einem Reim, mit dem man Schädel spalten kann? Solange du keinen findest, der diese Aufgabe zuverlässiger erledigt als deine Axt, tätest du gut daran, deine Muskeln gestählt zu halten! Es gibt da eine Hantel draußen im Übungshof, auf der dein Name steht!« Er schleuderte den Krughenkel vor Kutifulva auf den Tisch. »Und du siehst mal lieber zu, dass du für die Wasserspiele mit dem Hakennetz umzugehen lernst, anstatt dir hier einen Fladen Brot nach dem anderen in dein hässliches Orkmaul zu stopfen!«
    Der Speisesaal begann sich rasch zu leeren, als immer mehr Sklaven die Flucht vor Silicis’ Wutausbruch antraten.
    »Wir sollten verduften«, schlug Rukabo vor, der ebenfalls schon von der Bank gerutscht war und drei Schritte zum nächsten Ausgang gemacht hatte.
    »Du, Häuptling!« Da er nichts mehr in der Hand hatte, was er hätte werfen können, begnügte sich Silicis offenbar damit, drohend die Faust zu schütteln. »Du hast dem Chronisten genug die Ohren vollgeheult, wie sehr du dich nach der Steppe und dem Arsch deiner Lieblingsstute sehnst. Geh und füttere die Tiere! Für das große Schlachten am Thronbesteigungstag müssen sie voll im Saft stehen. Das Publikum macht uns alle einen Kopf kürzer, wenn die Viecher nicht ordentlich wild werden.« Er hatte sich bereits halb abgewandt, um nach einem neuen Opfer Ausschau zu halten, ehe er noch einmal Teriasch anbellte. »Und danach will ich dich sehen. Allein. In meiner Schreibstube.«
    Silicis’ Schreibstube war ein heller, offener Raum im obersten Stockwerk des höchsten Gebäudes der gesamten Anlage. Zu einer Seite ging er in einen überdachten Balkon über, von dem man einen ausgezeichneten Blick auf den Übungshof hatte. Unten auf der sandigen Freifläche verfeinerten Kämpfer ihr Geschick im Umgang mit den unterschiedlichsten Waffen: Manche hieben und stachen mit Speeren und Schwertern auf Puppen ein, die auf drehbaren Achsen standen und auf denen die verwundbarsten Punkte des menschlichen Körpers rot gekennzeichnet waren. Andere warfen Äxte und Messer nach hölzernen Zielen, deren Umrisse die Silhouetten von Feles und Probaskas nachzeichneten. Wieder andere fochten auf durch kniehohe Mäuerchen begrenzten Kampfbahnen Duelle mit stumpfen Waffen aus, eingepackt in mit Leder und Watte gepolsterten Rüstungen.
    Silicis hatte seinen Schreibtisch so aufgestellt, dass er nur aufzustehen brauchte, um nachzusehen, was seine Arenistas gerade trieben. Ihre Geräusche – angestrengtes Ächzen, vereinzelte Schmerzenslaute und Gelächter, das Scharren von Sandalensohlen, das Klirren von Metall auf Metall – begleiteten ihn ohnehin durch den Tag.
    Bei Teriaschs Ankunft klackerte Silicis mit den Kugeln eines Rechenschiebers, die unter den Fingerspitzen seiner Linken auf ihren Führungsstreben hin und her flogen. Die aufgeschlagene Kladde vor ihm wartete allerdings vergebens auf Eintragungen, denn er war zu sehr damit beschäftigt, sich mit dem Handballen seiner Rechten den Bauch zu massieren. Sein Gesicht war merkwürdig verzerrt, weil er die Augen zusammengekniffen hatte und auf seiner Unterlippe kaute.
    Denkt er nur nach, oder hat er einen Schmerz im Leib? Teriasch klopfte gegen den Türrahmen, eine rituelle Geste beim Eintreten in ein Zimmer, die er sich bei Rukabo abgeschaut hatte. »Du wolltest mich sehen.«
    »Ja, ja.« Silicis ließ den Rechenschieber Rechenschieber sein, ohne damit aufzuhören, seinen Wanst zu bearbeiten. »Es ist die Galle.« Er nahm einen kleinen Schluck aus einem Zinnbecher, schluckte und zog eine angeekelte Grimasse. »Perlen in Essig. Ich saufe seit Tagen kaum was anderes. Nützt nichts. Fühlt sich immer noch an, als würde mich eine Ratte von innen auffressen.«
    »Das tut mir leid.« Und das ist keine Lüge.
    »Pass auf, Häuptling.« Silicis wuchtete sich von seinem Stuhl hoch. »Ich mag dich. Und weil ich dich so mag – die Zöpfe, die Hautbilder und sogar deine Art, wie du mit meinen Feles fertig geworden bist –, ist es an der Zeit, dass wir ein ernstes Wörtchen miteinander reden.« Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und stemmte die Arme in die Hüften. »Du gehörst mir, und daran wird sich so schnell nichts ändern. Schlag dir aus dem Kopf, dass du je vor mir fliehen könntest und dafür nicht mit

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