Heldin wider Willen
flackernde Beleuchtung … Es könnte so aussehen, als wäre die Stromversorgung außer Kontrolle.«
»Aber erst, wenn wir unterwegs sind«, sagte Esmay. »Und
das bedeutet: Nachdem die meisten von denen die Testgestelle verlassen haben; die zeitliche Abstimmung wird sich als heikel erweisen.«
»Vertrauen Sie uns, Lieutenant«, sagte eine von denen, die sie nicht für ihre Besatzung ausgewählt hatte. »Wir vertrauen ja auch Ihnen.«
Guter Punkt. Esmay nickte der Frau zu. »Fein … Ich
überlasse es also Ihnen. Kommt, Leute – steigen wir in die Raumanzüge und sehen wir zu, dass wir eine Kampfgruppe der Bluthorde vernichten, oder wie immer sie sich auch nennen.«
Die Schiffe der Bluthorde spuckten in Raumanzügen steckende Gestalten aus, in Knäueln, die Esmay an Ketten von Froschlaich in den Lilienteichen ihrer Heimatwelt erinnerten. Kleine schimmernde Klümpchen, immer zwei oder drei gemeinsam, die im Licht der Reparaturbucht silbern schimmerten. Sie ergossen sich aus den Schiffen und nahmen schier kein Ende, und es waren mehr, als nach Esmays Einschätzung eigentlich in so kleine Schiffe passten.
»Wissen sie eigentlich, wie gut man sie sehen kann?«
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»Wahrscheinlich. Schließlich hilft es ihnen dabei, sich
gegenseitig zu finden … obwohl ich nicht weiß, ob auch andere Schiffe, die sie angreifen, so viel Außenbeleuchtung aufweisen.
Warum sollten sie? Es ist deprimierend, wenn man bedenkt, wie leicht wir zu sehen sein werden.« Raumanzüge waren darauf ausgelegt, leicht erkennbar zu sein; das war eine
Sicherheitsvorkehrung.
»Zu schade, dass wir nicht daran gedacht haben, uns
mattschwarz einzusprühen oder so was.«
Esmays Blick fiel auf die Rollen von Rumpfverkleidung für die entblößten Flanken der Wraith. »Die Haut.«
»Was?«
»Die Verkleidung… diese Rollen … Sie glänzen nicht im
Licht… Hätten wir doch nur früher daran gedacht! Jetzt würde uns der Gegner allerdings sehen, wenn wir sie zu benutzen versuchten.«
»Es ist ziemlich einfach, Verkleidung vom Rumpf abzuschälen«, warf einer der Techs ein. »Man braucht dazu nur einen auf die richtige Frequenz eingestellten Schallgenerator, um den Klebstoff zu depolymerisieren. Wie haben Sie sich das vorgestellt? Wollen Sie sich hineinwickeln? So biegsam ist das Material nicht.«
»Wie flexibel ist es denn?«
»Es ergäbe etwa eine so breite Rolle …« Der Mann breitete die Arme aus.
»Mit anderen Worten: Etliche von uns würden mitsamt
Raumanzügen hineinpassen?«
»Oh, sicher!«
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»Würde es gegen Scanner helfen?«
»Gegen die meisten schon, so klein, wie Sie wären.«
Aber sie hatten nicht genug Zeit; es hätte glatt eine Stunde gedauert, genügend Bahnen zurechtzuschneiden und
zusammenzurollen, und eine Stunde hatten sie nicht übrig.
Esmay verwarf den Plan und fragte: »Was könnte uns sonst noch Deckung geben?«
»Naja … Wir können die Hochgeschwindigkeitssprayer in
den Reparaturbuchten nicht verwenden, weil der Gegner es sehen würde, und außerdem gehören sie zum Plan …« Esmay
fragte sich, um welchen Plan es da ging, unterbrach ihn aber nicht. »Aber wir haben noch die kleinen Handsprayer in der Beschichtungsstation für Kleinteile.«
Einer der Raumanzugtechs schoss diese Idee gleich ab –die Farbe fraß sich vielleicht durch den Stoff, und die Zeit reichte nicht für Experimente –, also machten sie sich bereit zu gehen, wie sie waren, mit den silbrigen Anzügen und allem, als einer der Assistenzköche mit einer Arm voll dunkelgrüner Müllsäcke angelaufen kam.
»Wir werden aussehen wie eine Reihe grüner Erbsen«,
brummte Arramanche.
»Besser als Silberperlen«, sagte Esmay. »Zumindest sind
Erbsen dunkel und glänzen nicht.«
Vor Esmay ragte die Basis des Testgestells auf, klar sichtbar im Licht aus der Reparaturbucht. Ebenfalls sichtbar waren die Schatten, die sie und ihre Leute warfen und die größer wurden, während sie näher kamen. Mitten auf der Basis blinkte der 565
kleine rote Punkt aus dem Entfernungsmesser in ihrem Helm, der ihr die Distanz und die Geschwindigkeit der Annäherung meldete.
»Jetzt!«, sagte Esmay. Die Lampen gingen aus; sie konnte sich nur noch nach den Anzeigen im Helm orientieren, und ihr blieb nur noch eine einzige Chance, irgendwelche Anpassungen vorzunehmen, die vielleicht nötig wurden. Vermutlich waren die Angreifer der Bluthorde jedoch über den Wechsel der
Lichtverhältnisse erschrocken – bestimmt suchten sie nach Leuten in den
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