Heldin wider Willen
sind nicht mal Schiffstypen, mit denen wir vertraut wären.«
Auf die erste Panik folgte ein Hochgefühl; Esmay hatte das Gefühl, dass ihr Verstand mit doppelter Geschwindigkeit
funktionierte. »O doch, haben wir. Wir haben Tausende von Topexperten für jedes Schiffssystem hier – und sofort
verfügbar.«
»Wen?«
Esmay wedelte mit der Hand und deutete damit auf beide
Flügel. »Überlegen Sie mal: Denken Sie wirklich, unsere Leute könnten sich nicht mit der Bedienung von Schiffen der
Bluthorde vertraut machen? Die sind einfach. Denken Sie, unsere Leute könnten, wenn wir sie loslassen, Truppen der Bluthorde nicht effektiv Widerstand leisten? Ich denke, sie KÖNNEN es. Ich denke, sie WERDEN es!«
Sie mussten. Und so war es besser. Selbst wenn sie nur zwei Schiffe erbeuteten, wurden die Chancen dadurch beinahe
ausgeglichen …
Bowry hatte es auch erkannt. »Wir müssen uns allerdings
beeilen, wenn wir zwei, nein, drei Besatzungen darauf vorbereiten möchten, jeweils ein Schiff zu übernehmen. Die Schiffe sind in weniger als einer Stunde gelandet.« Er grinste Esmay an.
»Na, Lieutenant, ich denke, ich muss mir einen anderen Ersten Offizier suchen – Sie werden eines dieser Schiffe selbst übernehmen müssen.«
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»Ich?« Aber natürlich, beharrte der eigene Verstand. Wer sonst? Das Erschreckendste daran war, dass sie nicht annähernd so viel Angst davor hatte, wie sie eigentlich hätte haben sollen.
»Klar«, sagte sie, ehe er noch etwas hinzusetzen konnte.
»Welches?«
»Das im T-3-Gestell… weil ich hier schon eine Besatzung
zusammengestellt habe. Vielleicht kann Kommandant Seska ein paar seiner Leute für Sie abstellen.«
»Ja, Sir.« Sie überlegte schon, wen sie haben wollte.
»Wer immer als Erster ein Schiff in die Hand bekommt,
übernimmt das Geschwaderkommando«, fuhr Bowry fort.
Esmay hatte nicht daran gedacht, aber natürlich benötigten sie Koordination. »Mein Rat lautet, falls Sie die Erste sind: Schaffen Sie die Mühle aus dem Gestell – warten Sie nicht auf mich – und feuern Sie auf das erste Schiff, das Sie sehen.«
*
Vokrais war wütend. Nach allem, was sie erreicht hatten, hatte dieser Sturkopf von Schiffsrudelkommandeur vor, zwei weitere Schiffsladungen an Bord zu bringen. Vokrais wusste, was das bedeutete – sie würden das Verdienst an Tötungen beanspruchen, die er und seine Männer erzielt hatten; sie würden Beute für sich beanspruchen.
»Das ist nicht nötig«, wandte er ein. »Dieses Schiff ist uns ausgeliefert. Wir brauchen nur die Truppen an Bord der
Deathblade. Was, wenn uns Schiffe der Familias auf den Fersen 555
sind? Falls Sie zwei weitere Schiffe aus Ihrer Formation nehmen, wie möchten Sie sie dann abwehren?«
»Sie haben mir zugesichert, dass der Gegner Ihnen nicht
folgen könnte, da er keine Idee hat, wo Sie stecken.« Der Kommandeur des Schiffsrudels klang viel zu selbstgefällig. Als Vokrais zu seinem Einsatz aufgebrochen war, hatte man dieses Schiffsrudelkommando noch seinem eigenen Kriegsclan
versprochen. Jetzt war es an die Antberd Comity gegangen, auf deren Gräber Vokrais spucken würde, wenn er je die Chance dazu erhielt. Ehrgeizig, reich an Beute, für die sie nie geblutet hatten – er wusste nicht, warum die Obergruppe sie damit durchkommen ließ. Und hier hatte er auch wieder so einen vor sich, nicht mal einen Antberd, sondern einen Söldner … Er war Cajor Bjerling einmal in der Arena begegnet und hatte ihn schon damals nicht leiden können.
Am liebsten hätte er jemandem eine geknallt, aber leider hatten sie den Serranoknaben sicher verstaut, ehe sie nach T-4
gingen.
»Ich beanspruche dieses Schiff«, sagte er. Er würde es nicht erhalten, aber wenigstens würde der Anspruch auf diese Weise registriert werden. »Ich beanspruche das vergossene Blut und die gewonnenen Reichtümer, die Tode und die Schätze für die Männer, die sie errungen haben.«
»Es ist groß genug, um den Ruhm zu teilen«, wandte Bjerling ein. »Und bald genug ist die Tat vollbracht. Dann können wir die Beute teilen.«
»Die Tat ist vollbracht«, sagte Vokrais.
»Sie brauchen mein Urteil nicht zu fürchten«, versetzte
Bjerling. »Es sei denn, Sie wollten meine Ehre in Frage stellen.«
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Natürlich. Mitten im Einsatz sollte er den Befehlshaber
herausfordern? Selbst wenn er dabei siegte, würde die
Obergruppe nicht erfreut reagieren.
»Ich stelle Ihre Ehre nicht in Frage«, sagte er, »sondern erinnere Sie nur daran, wer dieses Schiff wie
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