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Heldin wider Willen

Heldin wider Willen

Titel: Heldin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Moon
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Meeresbiologie darüber, wer für die
    Ausbeutung des Meeresgrunds zuständig war. Manches änderte sich nie, aber in den Jahren ihrer Abwesenheit hatte sich der zentrale Streitpunkt vom Selinegraben wegverlagert, als die für die Biologen interessanten Kolonien ausstarben und man nun die reichen Erzvorkommen ausbeutete; heute ging es um den Plaanidgraben, wo neue Gasöffnungen die Lebensgrundlage für neue Gasgemeinschaften bildeten. Ein solcher Streit wäre auf vielen Planeten nicht bedeutsam gewesen, aber auf Altiplano re-präsentierte die Bergbaukommission die Säkularisten, während die Altgläubigen und die Lebensfreunde die Kommission für Meeresbiologie beherrschten. Aus diesem Grund führte eine Auseinandersetzung darüber, wann genau eine Gasgemeinschaft am Meeresgrund tot war und bergbaumäßig ausgebeutet werden konnte, womöglich zu religiösen Unruhen auf dem ganzen
    Planeten.
    »Sanni«, sagte Berthol, als sie das Würfellesegerät aus—
    schaltete, »hat sich wieder mit den Lebensfreunden eingelassen.«
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    Esmay erinnerte sich noch lebhaft an den Augenblick, an dem aus ihren romantischen Gefühlen dem Nachthimmel gegenüber die absolute Gewissheit erwuchs, dass sie ihre Heimatwelt für immer verlassen musste. Ihre Tante Sanni – Sanibel Aresha Livon Suiza – und Onkel Berthol hatten einander quer durch den großen Speiseraum der Estancia angeschrien. Sanni war eine Lebensfreundin, in ihrer Frömmigkeit so starr wie jeder Altgläubige. Esmay fand die Philosophie der Lebensfreunde attraktiv, aber wenn Sanni in Wut geriet, machte sie ihr Angst.
    Und doch war es Berthol, der die unbezahlbare
    Schokoladenkanne warf, die aufgemalten Seerosen und
    Schwäne zertrümmerte und den breiten polierten Tisch
    beschädigte. Esmays Vater trat ein, kaum dass das passiert war, während Sanni noch auf dem Boden hinter Scherben herhastete und Berthol nach wie vor brüllte. Und Papa Stefan, der zwei Schritte hinter ihm kam, beschämte beide so sehr, dass sie sich entschuldigten und sich die Hand gaben.
    Esmay hatte nicht an diese Gesten geglaubt. Was immer
    zwischen Sanni und Berthol nicht stimmte, kam nicht in
    Ordnung und war es bis heute nicht, und jetzt war Esmay zurück und steckte wieder mittendrin.
    »Das ist nicht mein Problem«, sagte sie. »Ich bin nur zu einem kurzen Urlaub hier …«
    »Sie mag dich«, sagte Berthol. Sein Blick zuckte zu den
    Adjutanten, die den Wortwechsel sorgfältig ignorierten. »Sie sagt, du wärst als Einzige deiner Generation bei klarem
    Verstand und jetzt außerdem ein Held.«
    »Das bin ich nicht. Ich habe doch nur …«
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    »Esmay, du bist hier bei der Familie! Du musst uns nichts vorspielen. Alles, was du getan hast, du kleines Mädchen, war, eine Meuterei zu überleben, als Sieger daraus hervorzugehen und dann ein Kriegsschiff zu besiegen, das doppelt so groß war wie deins.«
    Noch größer, korrigierte ihn Esmay in Gedanken. Sie sprach es nicht aus; es hätte alles nur verschlimmert. »Die haben gar nicht gemerkt, dass ich kam, bis es zu spät war.«
    »Also warst du cleverer als deren Kommandant. Ein Held,
    Esmay. Gewöhne dich daran. Du hältst dort draußen unsere Flagge hoch, Esmay, und du machst das sehr gut.«
    Sie hielt nicht deren Flagge hoch, sondern ihre eigene. Das würde man hier allerdings nicht verstehen, selbst wenn sie es auszusprechen wagte. Und Berthol klang zu sehr nach Major Chapin, zu sehr nach Admiral Serrano. Sie war durch Zufall ein Held geworden – warum war das für andere weniger gut zu
    erkennen als für sie?
    »Und Sanni ist sehr stolz auf dich«, fuhr Berthol fort. »Sie möchte mit dir reden – und alles über die Flotte hören, über dein Leben. Und ob du irgendjemandem begegnet bist, der in Frage käme, falls ich Sanni kenne.« Er lachte, aber es klang
    gezwungen.
    Sie war aus gutem Grund fortgegangen. Sie hätte wegbleiben sollen. Und doch – bei dem Gedanken, dass die ganze Familie dieses eine Mal mit ihr einverstanden war, sie dieses eine Mal als Gewinn betrachtete und nicht als riskantes Geschäft, schlug ihr Herz schneller. Der Gestirnte Berg… Sie erinnerte sich noch, wie sie als kleines Mädchen zum ersten Mal gesehen hatte, wie ein Soldat den Gestirnten Berg verliehen bekam, ein schmaler, 93
    rothaariger Bursche, der einen schiefen Gang hatte. Sie hatte den Orden am blauen und silbernen Band, an dem er um den Hals des Soldaten hing, so lange angestarrt, bis ein unwirscher Erwachsener sie zwang, sich zu entschuldigen und dem Mann

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