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HelHeg-AxoRoa

HelHeg-AxoRoa

Titel: HelHeg-AxoRoa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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dritte?«
    »Du gehst jetzt noch mal schlafen, und danach lese ich dir zuerst die Geschichte mit dem Schwein vor, das sich nicht waschen wollte, da ist so ein Schwein, das nicht in die Badewanne will, und dann geht es irgendwann doch in die Badewanne und will nie wieder raus, weil das so toll ist da drin. Und danach lese ich dann dieses andere Buch da vor, wo so verschiedene Traktoren erklärt werden, was die machen.«
    »Warum denn so Scheißbücher?«
    »Weil du die dir gestern ausgesucht hast, Bibi.«
    Dann sitzen wir da alle mit Gelatinevollmilchschokoladenbrei in den Mundhöhlen und diskutieren abwechselnd über Splatterfilme aus Deutschland, Madonnas Oberarme und therapeutische Maßnahmen.
    »Ich habe mit sechsundzwanzig im Studium aus Geldnot mal in der Zeitung inseriert, zusammen mit meiner Freundin. Wir haben uns >Amor und Psyche< genannt, das galt da irgendwie als modern, und irgendwelche Männer ohne Sexlife für fünfzig Euro pro Stunde zum weitgefächerten Thema Frauen beraten.«
    »So Chefärzte?«
    »Ja, oh, äh, hallo, das solltest du vielleicht mal öfter machen: nichts anziehen.« »Und dann?«
    »Das war der absolute Supergau, wir saßen diesen unattraktiven Chefärzten dann immer gegenüber und haben denen eingeredet: Ey, sobald du eine Frau dazu bewegst, über ihre Kindheit zu reden, ist die verliebt in dich.«
    »Also ich persönlich bin ja vergewaltigt worden als Kind.«
    »Ach, tatsächlich?«
    »Nein. Dieses Vergewaltigungsding soll nur relativieren, dass ich mir immer noch etwas von diesem ekelhaften Arsch verspreche. Ich liebe den. Er ist nicht der einzige Mensch, den ich liebe, aber vielleicht der einzige, an den ich noch glauben kann zwischen all diesem bescheuerten lebensfremden Scheiß hier. So. Dann hatte ich bis vor kurzem noch eine Mutter. Ganz einfaches Thema, die war schizophren, zwangsneurotisch, sadistisch, sehr klug und drogenbedingt arbeitsunfähig. Wir haben in einer Anderthalbzimmerwohnung gelebt und bis zu ihrem Tod jede Nacht in einem Bett geschlafen. Wenn ich morgens aufgewacht bin und sie nicht mehr neben mir lag, wusste ich, dass sie mit in den Armen vergrabenem Kopf total besoffen und melancholisch über dem Küchentisch hing. Ich komme nach Hause, sie liegt irgendwo rum, so hat unsere friedliche Koexistenz in allererster Linie funktioniert. Körperlich von ihr bestraft zu werden war ein verhältnismäßig erträglicher Zustand, weil dann die Rollenverteilung klar definiert und meine Position vorgegeben war: mal zur Abwechslung wirklich nur schwach sein. Ich habe letztens ein Buch über Co-Abhängigkeit gelesen und kein auf mich zutreffendes Erklärungsmodell gefunden. Es werden die unterschiedlichsten Familienkonstellationen analysiert, aber alleinerziehende drogenabhängige Elternteile mit Einzelkindern zwischen drei und dreizehn kommen schlicht und ergreifend nicht vor. In Anbetracht dessen kann ich sagen: Ja, ich habe da was durchgestanden, wobei ich mich inzwischen auch frage, wie überhaupt. Aber das hat leider keine große Künstlerin aus mir gemacht. Ich finde das wirklich irgendwie schwierig. Dieses Gefoltertwerden. Da setzt die Dissoziation aus, das Anpassungsvermögen, so ein Mensch kann sich nicht an k örperliche Schmerzen gewöhnen.«
    »Wahnsinn, dass du darüber reden kannst.«
    »Siehst du? Darauf wollte ich hinaus, auf diesen beschissenen Satz, den ich eigentlich nie mehr hören wollte. Es ist vollkommen egal, ob ich rede oder nicht. Wiederhole mich seit drei Jahren, in diesem Glitter-Schmutz- und Pailletten-System, ganz böser Nightmare Bass für Erwachsene, dieser Zustand ist einfach unaushaltbar. Ich kann ohne Probleme über alles sprechen, was mir jemals zugestoßen ist und traumatische Belastungsstörungen hinter sich herzieht, aber weißt du, das ist ein totaler Irrglaube, dass es möglich ist, alle persönlichen Missstände mit so einem Psychologiescheiß bearbeiten zu können. Das führt zu nichts. Was man unabhängig davon sagen kann, ist: Ich bin für den Rest meines Lebens behindert, und niemand kann was daran ändern. Für den Rest meines Lebens kann ich das Verhalten von Selbstmordattentätern nach vollziehen, und niemand kann was daran ändern.«
    »Ja, vielleicht.«
    »Ich habe viele wulstige Narben, die ich stolz demonstrieren kann, sobald mir soziale Inkompetenz vorgeworfen wird oder irgendetwas anderes, und dann wird verzückt und sensationsgeil aufgesprungen, und diese ständig etwas zur allgemeinen Verständigung Geronnenes

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