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Helix

Helix

Titel: Helix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Handschellen gefesselt.«
    Reta Kasteen beugte sich etwas vor. »Hatte er denn … hatte er eine Art Aura?«, flüsterte sie.
    »Oh, aber gewiss doch«, kicherte Ces Ambre. »Bis meine Eltern ihn mit einem Schwamm abwuschen. Er hatte eine so lange, anstrengende Reise hinter sich.«
    Die beiden Ousters und die Tempelritterin lehnten sich enttäuscht zurück.
    Ces Ambre beugte sich vor und tätschelte das Knie der Tempelritterin. »Entschuldigen Sie, dass ich so frivol bin. Ich weiß ja, welch wichtige Rolle Raul Endymion in der Geschichte spielt. Aber es ist schon so lange her, es herrschte große Verwirrung und ich war damals auf Vitus-Gray-Balianus B ein rebellisches Mädchen, das die Spectrum-Gemeinschaft verlassen und in einer benachbarten Pax-Stadt die Kruziform nehmen wollte.«
    Jetzt fuhren die drei sogar erschrocken zurück, und den beiden Gesichtern, die fähig waren, Gefühle zu zeigen, sah man das Entsetzen an. »Sie wollten das … diesen … diesen Parasiten freiwillig in Ihren Körper nehmen?«
    In Aeneas Gemeinsamem Augenblick hatten alle Menschen auf der ganzen Welt gesehen und erfasst, sie hatten zur Gänze verstanden, wie es um die Realität der »unsterblichen Kruziform« tatsächlich bestellt war – es war eine parasitäre Ansammlung von KI-Knoten, die im realen Raum einen TechnoCore erschufen. Dazu benutzten sie nach Belieben die Neuronen und Synapsen aller Wirtskörper, wobei sie oft sogar den menschlichen Wirt umbrachten und das neuronale Netz in dem Augenblick nutzten, in dem es am schöpferischsten war – in den letzten Sekunden der neuronalen Auflösung vor dem Tod.
    Die Kirche konnte anschließend die TechnoCore-Technologie benutzen, um den menschlichen Körper wiederzuerwecken, und mit jedem Tod und jeder Erweckung wurde der Kruziform-Parasit stärker und bildete sein Netzwerk weiter aus.
    Ces Ambre zuckte mit den Achseln. »Damals schien es ein Weg zur Unsterblichkeit zu sein. Und eine Chance, aus unserem staubigen kleinen Dorf zu entkommen und in die richtige Welt überzuwechseln, in die Welt des Pax.«
    Die drei Ousters-Diplomaten sahen sie aus großen Augen an.
    Ces Ambre hob die Hände und öffnete ihr Gewand am Hals weit genug, um ihnen den oberen Teil der Narbe zu zeigen, die zurückgeblieben war, als die Aeneaner ihre Kruziform entfernt hatten. »Ich wurde auf eine der verbliebenen Pax-Welten verschleppt und blieb neun Jahre lang der Kruziform unterworfen«, sagte sie so leise, dass ihre Stimme kaum bis zu den drei Diplomaten drang. »Und diese Zeit lag überwiegend nach Aeneas Gemeinsamem Augenblick, nach der unmissverständlichen Enthüllung, dass der Core beabsichtigte, uns mit diesen verabscheuungswürdigen Dingen zu versklaven.«
    Die Wahre Stimme des Baumes Reta Kasteen nahm Ces Ambres alte Hände. »Dennoch haben Sie sich geweigert, eine Aeneanerin zu werden, als Sie befreit wurden. Sie wollten sich dem anschließen, was von Ihrer alten Kultur noch vorhanden war.«
    Ces Ambre lächelte. Sie hatte Tränen in den Augen, die auf einmal viel älter wirkten. »Ja. Ich dachte, ich sei es meinem Volk schuldig, weil ich es in der Krise im Stich gelassen hatte. Jemand musste doch die Spectrum-Helix-Kultur fortführen. Wir hatten in den Kriegen so viele Menschen verloren. Wir haben sogar noch mehr verloren, als die Aeneaner uns die Gelegenheit gaben, uns ihnen anzuschließen. Es ist schwer, dem Wunsch zu widerstehen, so etwas wie ein Gott zu werden.«
    Far Rider gab ein Grunzen von sich, das wie statisches Rauschen klang. »Das ist von dem Zerstörer abgesehen unsere größte Angst. Heute lebt niemand mehr im Waldring, der den Gemeinsamen Augenblick erlebt hat, doch die Einzelheiten sind uns noch im Bewusstsein – die wundervollen Einblicke in die Empathie und die einenden Kräfte der Bindenden Leere, Aeneas Wissen, dass viele Aeneaner überall im Universum zum ’casten fähig sein würden – zum Frei’casten. Nun, die Kirche von Aenea ist hier gewachsen, und mindestens ein Viertel unserer Bevölkerung ist bereit, ihre Ousters- oder Tempelritter-Herkunft zu vergessen und binnen einer Sekunde zu Aeneanern zu werden.«
    Ces Ambre rieb sich die Wange und lächelte wieder. »Dann ist wohl offensichtlich, dass keine Aeneaner dieses System besucht haben. Sie dürfen nicht vergessen, dass Aenea selbst darauf bestanden hat, es dürfe keine Kirche der Aenea geben, keine Verehrung oder Überhöhung oder Anbetung. Das ist im Gemeinsamen Augenblick in ihren Gedanken mehr als deutlich zum

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