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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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herein«, meine ich und halte ihr die Tür auf, und gleichzeitig versuche ich zu erraten, was sie mir denn Wichtiges mitzuteilen haben könnte, daß sie ihren morgendlichen Schönheitsschlaf für mich opfert.
    Sie nimmt auf einem Stuhl Platz und schlägt die Beine übereinander. Der Minirock rutscht dabei hoch, und vor mir eröffnet sich der Anblick ihrer Beine bis zum Ansatz ihres schneeweißen Unterhöschens, das unter den schwarzen Strümpfen hervorblitzt. Ich schlage ebenfalls die Beine übereinander, doch nicht um ihr nachzueifern, sondern in dem Bemühen, meine sich bereits abzeichnende Erregung unter Kontrolle zu bringen. Ich lehne mich in meinem Stuhl zurück, um einen legeren Eindruck zu erwecken, obgleich ich mich alles andere als locker fühle.
    »Bitte sehr, ich bin ganz Ohr.«
    »Nestoras Petratos hat mir erzählt, daß sein Wagen in der Nähe von Martha Kostarakous Wohnung gesehen wurde und daß Sie ihn in zwei Mordfällen für tatverdächtig halten.«
    »Wir wollten bloß einige Erläuterungen von ihm hören«, entgegne ich vorsichtig. »Sähen wir ihn als Tatverdächtigen an, hätten wir ihn bereits in vorläufigen Gewahrsam genommen.«
    »Nestoras war an dem Abend bei mir, als Martha Kostarakou getötet wurde. Ungefähr zwischen halb sechs und halb acht.« Sie blickt mich an und setzt mit unterschwelligem Spott hinzu: »Er war die ganze Zeit in meiner unmittelbaren Nähe. Ich stelle das klar, damit Sie ihn in Ruhe lassen.«
    Sie ist also die Bekannte, die Petratos nicht preisgeben wollte.
    »Wo wohnen Sie?«
    »Meine Galerie Erodios liegt genau an der Ecke Ifikratous- und Aristarchou-Straße. Sie ist im Erdgeschoß eines zweistöckigen Altbaus untergebracht, und meine Wohnung ist im ersten Stock. Die Ieronos-Straße ist nur zwei Querstraßen entfernt. Nestoras wollte Ihnen nichts von unserem Zusammensein sagen, weil unsere Beziehung ein wenig – na, sagen wir – eigenwillig ist.« Sie verstummt wiederum und setzt mit derselben unterschwelligen Ironie wie vorhin hinzu: »Oder zumindest bis gestern war.«
    Die Eigenwilligkeit liegt darin, daß sie ihr Verhältnis vor Delopoulos geheimhielten. Ihr stand der Sinn nicht nach langen Auseinandersetzungen mit ihrem Vater und Petratos nicht nach Unannehmlichkeiten mit seinem Vorgesetzten. Ich schaue mir die Delopoulou an und rufe mir Katerina ins Gedächtnis. Ob sie nun Richterin, Staatsanwältin oder Rechtsanwältin wird, sie braucht mindestens ein Jahrzehnt für den Aufbau ihrer beruflichen Laufbahn. Während die Delopoulou mit ihren fünfundzwanzig Jahren eine Galerie von ihrem Herrn Papa auf dem Tablett serviert bekommt, die eigene Nase deswegen hochträgt und ihm obendrein auf seiner Nase herumtanzt.
    Die Delopoulou hält unsere Unterhaltung für beendet und erhebt sich.
    »Sind Sie bereit, eine schriftliche Aussage zu machen?«
    Sie bleibt in der halboffenen Tür stehen und wendet sich um. »Meinen Vater sehe ich einmal in drei Monaten, wenn’s hochkommt, Herr Charitos. Gestern abend, als ich erfuhr, daß er Nestoras fristlos entlassen wollte, habe ich ihm klargemacht: Wenn er das tut, dann sieht er mich nicht mal mehr einmal in drei Jahren. Das hat ihn überzeugt. Somit kann ich eine Aussage machen und unterschreiben, was auch immer Sie von mir verlangen. Meine Nummer steht im Telefonbuch. Unter Galerie Erodios.«
    Sie geht hinaus, und die Tür fällt hinter ihr ins Schloß. Auch sie hält es nicht der Mühe wert, sich von mir zu verabschieden. Wie heißt es so schön im Wörterbuch? Niete . Das wäre auch zuviel verlangt.
    Mein erster Gedanke geht zu Sotiropoulos. Sie hat dich ausgetrickst, Robespierre, sage ich zu mir selbst. Du hattest ihn bereits abgeschrieben, doch er sitzt fester im Sattel denn je.
    Danach wird mir bewußt, daß sich nicht nur Sotiropoulos auf der Verliererstraße befindet, sondern auch ich. Das Kapitel Petratos ist ein für allemal abgehakt. Da er mit der Delopoulou zusammen war, konnte er die Kostarakou nicht getötet haben. Und da er die Kostarakou nicht ermordet hat, hat er auch die Karajorgi nicht auf dem Gewissen. Die beiden Morde sind unauflöslich miteinander verbunden. Sein Rechtsanwalt geht aus der ganzen Sache mit makelloser Weste hervor. Jetzt erweist sich auch seine Feststellung als richtig, daß Petratos kein Motiv hatte. Warum sollte er die Karajorgi hassen, wenn er die Tochter seines Chefs zur Geliebten hat? Und wieso sollte er um seinen Posten fürchten? Der beste Beweis ist, daß er immer noch auf seinem

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