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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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betätigen, drückt man an der Unterseite einen Knopf nach oben.
    »Ich wollte den Spülknopf drücken, doch er klemmt«, sagt Sotiris zu mir.
    »Und was erwartest du von mir? Soll ich vielleicht einen Installateur rufen?«
    »Probieren Sie selbst«, läßt Sotiris nicht locker.
    Ich bin drauf und dran, ihn anzuherrschen, doch seine gespannte Miene gibt mir zu denken. Ich presse meinen Daumen auf den Knopf, aber er läßt sich nicht richtig hineindrücken. Es muß irgendein Hindernis geben. Ich versuche es noch mal, diesmal mit größerem Kraftaufwand. Wieder nichts.
    »Der Mechanismus ist blockiert.«
    Sotiris faßt wortlos mit seiner Hand von oben in den Spülkasten. Er holt zunächst einen großen Stein heraus, dann taucht er seine Hand nochmals hinein. Diesmal fördert sie ein Bündel Fünftausend-Drachmen-Noten zutage, die durch ein Gummiband zusammengehalten werden. Ich starre mit offenem Mund auf die Fünftausender.
    »Ich hab’s Ihnen doch gesagt, daß hier Geld herumliegen muß. Aber Sie wollten mir ja nicht glauben.« Er versucht mich rechts zu überholen und kann seine Begeisterung kaum bremsen.
    »Du hast doch gesucht und nichts gefunden! Und zwar weil du nicht gründlich genug gesucht hast. Als ich dir sagte, daß du kein Geld finden wirst, meinte ich damit bloß in der Matratze, nicht in der ganzen Wohnung. Hättest du gleich systematisch gesucht, wären wir schon beim ersten Mal fündig geworden.«
    Das Lächeln auf seinen Lippen gefriert, und seine Begeisterung schmilzt dahin wie Eis in der Sonne. Recht geschieht ihm. Er wollte mir die Schuld in die Schuhe schieben. Und statt dessen halse ich ihm den Fehler auf, obwohl er im Grunde Lob verdient hätte. Er muß lernen, daß Vorgesetzte niemals Fehler machen. Nur die Untergebenen.
    »Zähl nach!«
    Er beginnt die Scheine zu zählen und hört nicht mehr auf.
    »Fünfhunderttausend.«
    Ich schaue mir schweigend das Bündel Banknoten an und rufe mir im selben Augenblick Gikas’ Bericht Zeile für Zeile ins Gedächtnis. Ich versuche, eine Lücke in der Darstellung zu finden, in die der neue Fund paßt. Ohne daß Gikas etwas merkt und uns wegen unserer Nachlässigkeit zur Schnecke macht.

6
    Die Familien in der Akritas-Straße in Ajios Ioannis Rentis hatten immer schon den Ruf, einander in die Kochtöpfe zu gucken. Denn die Straße ist nicht mehr als drei Meter breit, und die Häuser stehen dicht aneinandergedrängt. Wer am Fenster sitzt, hat bequem Einblick in das gegenüberliegende Haus und kann quer über die Straße ein Schwätzchen halten. Ob man will oder nicht, man nimmt am Leben der anderen unmittelbaren Anteil. Die Anordnung der Häuser ist vollkommen willkürlich und gehorcht keiner inneren Logik: Drei Häuser kleben eng beieinander, dann folgt ein Stück Brachland, danach wiederum ein Haus mit winzigem Vorgärtchen sowie zwei so dicht aneinandergebaute Wohnhäuser, daß sie wie siamesische Zwillinge wirken. Auf der einen Straßenseite befindet sich ein Kurzwarengeschäft, auf der anderen ein Kramladen. Die meisten Gebäude sind einstöckig, nur ab und zu erhebt sich ein zweites Stockwerk darüber hinaus. Auf den Dachterrassen ragen entweder Fernsehantennen in die Höhe oder Eisenträger aus dem Beton, als Zeichen der Hoffnung, daß irgendwann einmal ein zweites Stockwerk errichtet werden wird. Doch diese Hoffnung verblaßt immer mehr, und viele der Häuser sind so schmal, daß man zum Ausmessen ihrer Breite nicht einmal ein Metermaß benötigt. Es reichen einige Handspannen. Die ärmlichsten Hütten weisen die hübschesten holzgeschnitzten Eingangstüren auf – hellblau, rot oder grün gestrichen. Die Wohnhäuser der etwas besser Situierten haben schmiedeeiserne Eingänge von der Farbe gebrannter Tonerde. Die handgetriebenen Muster erinnern an versteinerte Blüten oder an verkohlte Zweige.
    Die Behausung des albanischen Ehepaares befindet sich am Ende der Straße, neben einem verlassenen Holzlager. Wir sind vom Pech verfolgt. Während fast alle anderen Häuser ein unmittelbares Gegenüber haben, ist die Hütte der Albaner völlig isoliert. Ich stehe mit Sotiris vor der Tür, blicke auf das gegenüberliegende Brachland und verfluche jede Stunde und jede Minute, die ich mich mit diesem Fall beschäftigen muß. Nun geht die ganze Befragung und die Sucherei von Tür zu Tür wieder von vorne los. Man muß das Geschwätz und die schlauen Bemerkungen eines jeden möglichen Zeugen über sich ergehen lassen. »Und unter dem Strich kommt nicht das

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