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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Kinder gestritten, nur über die Liebe niemals. Glauben Sie denn, meine Tochter hätte ihren Mann aus Liebe geheiratet? Sie wollte sich ins gemachte Bett legen, und er wollte sie verführen. Das durchtriebene Luder hat sich aber von ihm nicht einmal die Hand anfassen lassen. Schließlich hat er sie aus Trotz geheiratet, um sie ins Bett zu kriegen.«
    »Was hat das alles mit den Albanern zu tun?«
    »Immer mit der Ruhe«, sagt sie, »alles wird sich finden. Denn wenn an diesem Abend nicht der Liebesfilm im Fernsehen auf dem Programm gestanden hätte, dann hätte ich nicht am Fenster gesessen und sie in diesem dicken Schlitten vorfahren sehen.«
    »Was für ein Schlitten?« frage ich und erinnere mich an den Kleintransporter, den der Krämer vor der Tür beobachtet hatte.
    »Schlitten nenne ich das, weil ich bei Automarken von Tuten und Blasen keine Ahnung habe. Wie auch immer, es war ein riesiger Wagen, in den gut zehn Leute bequem reinpassen. Also: der Mann und die junge Frau steigen aus. Sie verschwinden schnell im Haus, und der Wagen fährt sofort ab. Kurz darauf sehe ich die Gasflamme brennen, weil sie kein elektrisches Licht haben. Alles in allem hat die ganze Aktion nicht länger als drei Minuten gedauert. Sie hatten weder einen Koffer noch sonst ein Gepäckstück bei sich. Nur die junge Frau hielt ein Bündel in ihren Armen.« Sie blickt mich an, und das Lächeln zaubert wieder Fichtennadeln auf ihre Wangen.
    Ich bringe mir wieder die eingetrocknete Kacke in der Kloschüssel und die Fünfhunderttausend im Spülkasten in Erinnerung. Die Nahrungsmittel im Windelkarton und den Kleintransporter, der sie nachts nach Hause bringt. Alles inklusive des albanischen Totschlägers, dem die Überstellung zum Untersuchungsrichter kurz bevorsteht. Wie soll man sich da noch zurechtfinden und das Ganze in einen logischen Zusammenhang bringen?
    Ich verlasse das Haus der Alten und verfluche innerlich die jüngeren Kollegen, die sich in ihren fünf schnell heruntergespulten Fragen verhaspeln. Hätte einer von ihnen die Geduld aufgebracht, sich zu der Alten zu setzen und ihr zuzuhören, dann hätten wir alles bereits gewußt, bevor die Leichen in den Seziersaal gelangten. Schließlich gilt auch für uns, was die Homosexuellen über sich selbst sagen. Es gibt einen Unterschied zwischen einem Schwulen und einer Schwuchtel. So wie zwischen einem Polizisten und einem Beamten.

7
    Rede , du Arschficker, sonst schlag ich dich windelweich! Ich dreh dich gleich zweimal durch den Fleischwolf und schick dich dann zurück nach Korytsa, damit ihr dort endlich was zu beißen habt!«
    Der Albaner zittert, weil ihm genau das passiert ist, wovor er sich die ganze Zeit gefürchtet hat. Er hat gestanden, um seine Ruhe zu haben. Wir aber drehen jetzt den Spieß um und rollen die Angelegenheit wieder von vorne auf.
    »Woher hatten diese faulen Säcke die Fünfhunderttausend? Spuck es endlich aus!«
    »Ich nix wissen … Gar nix wissen«, meint er und wirft einen furchtsamen Blick auf Thanassis, der über ihm steht.
    Der packt ihn am Kragen seiner Jacke und reißt ihn in die Höhe. Die Beine des Albaners baumeln im Leeren. Thanassis macht eine scharfe Wendung und knallt ihn gegen die Wand. Dort hält er ihn fest, ungefähr einen halben Meter über dem Boden.
    »Paß bloß auf, was du sagst, sonst bist du ein toter Mann, du Arschloch«, brüllt er, während seine Visage ganz nah an der Fresse des Albaners klebt, als ob er ihn küssen oder beißen wolle. »Hier kommst du nicht lebendig wieder raus!«
    Urplötzlich lockert er seinen festen Griff. Der Albaner pendelt einen Augenblick in der Luft, doch sobald seine Füße den Fußboden berühren, sinkt er vor lauter Schreck in sich zusammen.
    »Steh auf!« bellt ihn Thanassis an, noch bevor er den Boden berührt.
    Der Albaner drängt sich an die Wand, ganz aus freien Stücken diesmal, und beginnt sich langsam aufzurichten. Sowie er auf die Beine kommt, packt ihn Thanassis und setzt ihn wieder auf den Stuhl zurück.
    »Rede endlich!« schreit er ihn blindwütig an. »Sprich!«
    »Ich nix wissen«, wiederholt der Albaner. »Ich wegen Pakise kommen.«
    Jetzt blickt er verängstigt auf Thanassis, mich ignoriert er völlig. Ich habe gut daran getan, Thanassis zum Verhör mitzunehmen. Es war ein Fehler gewesen, ihn am Morgen nicht weitermachen zu lassen, als er den Albaner hart anpackte. Ich hätte ihn gewähren lassen sollen. Vielleicht hätten wir da schon die Wahrheit erfahren, und ich hätte Gikas keinen

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