Hellas Channel
diesem Zeitpunkt an habe ich keinen Einfluß mehr auf die ganze Angelegenheit. Das wäre der geeignete Zeitpunkt für die Karajorgi, um die Bombe platzen zu lassen. Dann gute Nacht!
Ich nehme den Hörer ab und rufe Sotiris, den Kriminalobermeister, in mein Büro. Er war es, der das Verlies der Albaner durchsucht hat. Vielleicht ist ihm irgend etwas aufgefallen.
»Sag mal, Sotiris, als wir die Wohnung der beiden Albaner durchsucht haben, ist dir dabei Kinderspielzeug aufgefallen oder irgend etwas, das an die Anwesenheit von Kindern erinnert?«
»Kinderspielzeug? Was für Kinderspielzeug?« fragt er baff.
»Na, Rasseln und Beißringe zum Beispiel, oder Kinderkleidung wie Strampelhöschen oder Lätzchen.«
Er sieht mich entgeistert an, Er denkt bestimmt, ich hätte völlig den Verstand verloren. Nicht ganz zu Unrecht. »Nein, es wurde nichts Derartiges vorgefunden.« Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: »Außer einem Windelkarton.«
»Windelkarton?« rufe ich und springe auf.
»Ja, ein leerer Karton, den sie als Lebensmittelschränkchen verwendet haben. Darin hatten sie Zucker, Kaffee und eine halbe Packung getrocknete Bohnen aufbewahrt.«
Die Katze ist jetzt aufgewacht und frißt. Wie die Filmsternchen, die erst um elf Uhr morgens frühstücken. Die Alte steht befriedigt neben ihr. Offensichtlich freut sie sich, daß sie gut bei Appetit ist und sie ihr keine Zusatznahrung mit Eisen und Vitaminen besorgen muß. Die Blüten in den Blumentöpfen lassen ihre Köpfchen hängen, sie blicken zu Boden wie verschämte Jungfrauen. Erst gestern hat die gute Alte sie gegossen, und heute bereits sind sie halb verwelkt. Und jetzt ins Auto bei diesem Smog! Ich stelle mir vor, wie ich die Abgase einatme und wie der plastiküberzogene Autositz unter meinem immer tauber werdenden Hintern heißer und heißer wird.
»Laß einen Streifenwagen vorfahren. Du kommst mit mir.«
»Wohin fahren wir denn?« fragt er erstaunt.
»Zur Behausung der Albaner. Wir durchsuchen die Bude nochmals.«
Er starrt mich an. Er setzt zaghaft zu einem Protest an, doch schließlich schluckt er ihn hinunter. Nach fünf Minuten benachrichtigt er mich, daß der Streifenwagen zur Abfahrt bereitstehe.
5
Obwohl Sotiris mit Blaulicht fährt, brauchen wir nahezu eine Stunde, um in den Stadtteil Ajios Ioannis Rentis zu gelangen. Während der ganzen Fahrt sitze ich wie auf glühenden Kohlen neben ihm und spiele mit dem Fenster herum. Einmal kurble ich es herunter, mit dem Resultat, daß mir der Smog den Atem nimmt. Dann wiederum schließe ich es, nur um vor Hitze fast zu ersticken. Schließlich gebe ich auf und lasse es halb offen. Mag sein, daß mich die vollgestopften Straßen so rastlos machen. Unversehens hat mich eine Ungeduld gepackt, so schnell wie möglich zum Verschlag der Albaner zu gelangen, um ihn aufs neue zu durchsuchen und die Sache endlich ad acta zu legen. Ich nehme es der Karajorgi übel, daß sie mich auf eine neue Fährte setzt, wo ich es doch viel bequemer haben könnte. Es erbost mich, daß ich mich zu ihrem Werkzeug machen lasse. Ich ärgere mich grün und blau über die Albaner, die, wenn sie schon Gören in die Welt setzen, doch zumindest dafür sorgen könnten, daß sie plärrend neben der Matratze hocken und wir sie umgehend dem Kindernotdienst zustellen können. Sotiris neben mir sitzt schweigend am Lenkrad und macht aus seiner schlechten Laune kein Hehl. Er legt es mir zur Last, daß ich ihn grundlos quer durch die Stadt schleife und er nicht in aller Seelenruhe in seinem Büro über irgendeinem Aktenstück sitzt. Oder seinen Kollegen vom Chassis seines kürzlich gekauften Hyundai Excel vorschwärmen kann. Den er angeblich vom Erlös einer geerbten Immobilie in seinem Heimatdorf finanziert hat. Angeblich, wie gesagt.
Als wir die Behausung betreten, gerate ich noch mehr in Harnisch. Ein nacktes Zimmer, in dem offensichtlich nichts als eine Handvoll Armseligkeiten herumliegt. Das sieht man doch auf den ersten Blick. Was um Himmels willen suche ich hier? Geheimfächer etwa oder Geheimgänge, die als Versteck dienten? Der Windelkarton steht auf dem Klapptisch, Sotiris hatte sich richtig daran erinnert. Ich blicke hinein und finde die Dinge vor, die er mir bereits aufgezählt hatte: ein Hundert-Gramm-Päckchen fein gemahlenen Kaffee, ein Päckchen Zucker und eine halbvolle Plastiktüte getrocknete Bohnen. Den Karton haben sie von der Straße aufgelesen, um ihre Nahrungsmittel zu verstauen, damit die Ratten sie nicht
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