Hellas Channel
wußte. Heute, wo ich etwas weiß, komme ich schnurstracks zu Ihnen. Das zeigt doch meine guten Absichten.« Er erhebt sich, doch er geht noch nicht hinaus. Er bleibt stehen und schaut mich an. »Sie sind mir etwas schuldig«, meint er langgezogen.
Ich wiegte mich freilich nicht in dem falschen Glauben, daß er mir das alles aus reiner Hochherzigkeit erzählt hatte. »In Ordnung, nur muß ich Sie vorerst mit einem nachdatierten Scheck vertrösten. Wenn ich etwas in Erfahrung bringe, gebe ich es Ihnen weiter.«
»Kommen Sie schon. Was haben Sie von Kolakoglous Mutter erfahren?« fragt er mich mit allwissender Miene.
»Nichts. Er ist am Tag des Mordes verschwunden und nicht mehr nach Hause zurückgekehrt. Er rief nur an und sagte, daß es ihm gutgehe. So erzählt das zumindest seine Mutter.«
Er sieht mich mißtrauisch an. Er glaubt mir nicht, doch das juckt ihn nicht sonderlich, denn er verfolgt ein anderes Ziel. Er wollte Petratos unglaubwürdig machen, und das ist ihm gelungen. Warum fällt mir Petratos ständig vor die Füße? Unwissentlich hat mir Sotiropoulos einen weiteren Hinweis geliefert: Die Karajorgi wollte ihm die Stelle streitig machen. Er hatte also noch einen weiteren Grund, sie zu hassen. Welcher Mann würde die ehemalige Geliebte, die ihn zuerst nach Strich und Faden ausnützt, dann eiskalt abserviert und schließlich auch noch von seinem Posten verdrängt, nicht mit seiner Mißgunst verfolgen?
Als Sotiropoulos geht, rufe ich Thanassis, damit er an alle Polizeidienststellen in Keratsini, Perama und Nikaia eine Fahndung nach Kolakoglou weiterleitet. Wenn Kolakoglou der Vernunft gehorcht, hält er sich gewiß nicht an Orten auf, wo er bekannt ist wie ein bunter Hund. Doch in solchen Dingen kommt man manchmal auf Wegen, auf denen man es zuallerletzt vermutet hätte, doch noch ans Ziel.
19
W ie jeden Abend finde ich sie vor dem Fernseher vor, mit der Fernbedienung in der Hand. Ursprünglich hatte ich vor, direkt ins Schlafzimmer zu gehen, um es mir mit meinem Wörterbuch gemütlich zu machen. Aber ich erinnere mich an das Versprechen, das ich Katerina gegeben habe, und trete ins Wohnzimmer.
»Schönen guten Abend.«
Sie antwortet nicht, wendet nicht einmal den Kopf. Sie versteift nur unmerklich ihre Kopfhaltung und schiebt gleichzeitig ihren Unterkiefer vor – so würde es auch der Gerichtsmediziner Markidis beschreiben –, während ihre Hand um die Fernbedienung geklammert bleibt. Als Zeichen, daß sie mich wohl gehört hat, jedoch entschlossen ist, mich mit Nichtachtung zu strafen. Ich weiß, es reicht ihr nicht, daß ich mit meinem ›Guten Abend‹ den ersten Schritt getan habe. Sie will, daß ich mich neben sie setze und mich bei ihr einschmeichle, wobei sie mir anfangs noch die kalte Schulter zeigen und mir zu verstehen geben wird, daß sie mein ungehobeltes Benehmen nicht mehr länger ertragen könne. Ich soll dann sagen, daß sie ganz recht habe, aber die Belastung und die Anspannung des Polizeidienstes schuld daran seien. Und wenn dann so ungefähr eine Stunde auf diese Weise verplempert ist, wird sie schließlich widerwillig einlenken und sagen, das sei jedoch das allerletzte Mal, daß sie nachgebe. Während es in Wirklichkeit immer das vorletzte Mal ist und das allerletzte Mal niemals eintritt. Mit dieser Taktik geht sie jedoch diesmal baden, denn mein Grußwort befreit mich von der Verpflichtung, die ich Katerina gegenüber eingegangen war. Und ich beabsichtige keineswegs, ihr einen weiteren Schritt entgegenzukommen. Zu meiner großen Freude funktioniert mein ursprünglicher Schlachtplan auch so. Wenn Katerina anruft, dann sage ich ihr, daß ich einen Versuch unternommen hätte, Adriani jedoch weiterhin die beleidigte Leberwurst spiele. Dann soll sie zusehen, wie sie ihre Mutter zur Räson bringt.
Product … profession … Ich habe es mir auf dem Bett bequem gemacht und suche in meinem Englisch-Griechisch-Wörterbuch nach Gikas’ profile . Ich habe meine Schuhe wohlweislich nicht ausgezogen, um Adriani vor ein Dilemma zu stellen: Soll sie mich schelten und so gezwungenermaßen ihr Schweigen brechen oder weiterhin in ihrer Schmollecke ausharren? Solange wir einander keines Blickes würdigen, werde ich mich täglich mit den Schuhen hinlegen. Na also, hier steht es:
profile = 1. Seitenansicht, Umriß. 2. Charakteristisches Erscheinungsbild; stark ausgeprägtes Persönlichkeitsbild.
Das also wollte er damit sagen. Früher haben wir Charakter dazu gesagt, jetzt heißt es profile .
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