Hellas Channel
Seht doch zu, daß ihr euch wieder vertragt. Mir ist der Gedanke zuwider, daß ihr zerstritten seid und euch aus dem Weg geht.«
»Na gut, ich werde mich bemühen.« Ich sage es halbherzig, weil ich einen vollständigen, generalstabsmäßigen Plan entworfen hatte, um in Ruhe gelassen zu werden, und nun muß ich den ungeordneten Rückzug antreten. Ich kann Katerina eben nichts abschlagen.
»Du bist ein Engel!« ruft sie begeistert, weil sie ihren Kopf durchgesetzt hat, und ich schmelze dahin. »Und weil du der liebste Papa auf der Welt bist, erzähle ich dir noch etwas. Professor Sismanis, der Strafrecht lehrt, hat mir vorgeschlagen, doch bei ihm zu promovieren. Er hat mir gesagt, daß er schon eine Assistentenstelle auftreiben wird, damit ich im Institut gegen Bezahlung arbeiten kann.«
»Bravo, mein Schatz!« Ich will es laut herausrufen, doch meine Stimme versagt vor Stolz und Rührung.
»Das habe ich mir bis zum Schluß aufgehoben, damit du wieder guter Laune bist. Na, dann mach ich Schluß für heute, denn sonst vertelefoniere ich noch mein Mittagessen. Panos läßt dich auch schön grüßen.«
Wir haben nie darüber gesprochen, doch sie weiß, daß ich den infantilen Wandschrank, den sie überallhin mitschleppt, nicht riechen kann. Sie richtet mir aber immer seine Grüße aus. Das ist ihre Art, mir zu zeigen, daß sie noch immer mit ihm zusammen ist.
»Danke, ebenfalls«, sage ich zwar höflich, aber ohne große Begeisterung.
Ich höre, wie sie auflegt, und lasse den Hörer sinken. Alle sind aus meinen Gedanken verschwunden – die Karajorgi, Kolakoglou, Petratos, alle. Nur der Stolz auf Katerina ist übriggeblieben. Und dabei hatte sie keine überdurchschnittlichen Voraussetzungen: die Tochter eines Polizeibeamten, der als kleiner Streifenpolizist anfing und fünfundzwanzig Jahre brauchte, um sich zum Leiter der Mordkommission hochzuarbeiten. Und der nie die Kniffe beherrschte, die man anwenden muß, um zum großen Karrieresprung anzusetzen. Sie hatte keinen großartigen Bildungshintergrund aus dem Elternhaus, besuchte auch keine guten Schulen, gerade mal das nächstgelegene Gymnasium sowie einige externe Sprachkurse. Und auch die nur in der letzten Klasse vor dem Abitur. Und jetzt schlägt man ihr vor, ein Doktorat zu machen, noch bevor sie überhaupt ein Diplom erworben hat. Unglaublich, bei dem Vater, murmle ich. Ich setze mich selbst herab, um meine Freude und den Stolz auf meine Tochter noch mehr genießen zu können.
Ich mache einen Versuch, wieder auf den Boden der Tatsachen zu kommen, denn ich stehe kurz davor, sowohl Karajorgi, die Schnüfflerin, als auch Petratos, die Karnevalsnase, und Kolakoglou, den Kinderschänder, in die Wüste zu schicken. Auf einer Dienstleitung rufe ich Sotiris in mein Büro. Ich ordne ihm an, Petratos’ Umfeld zu erforschen. Wer seine Höflinge im Sender sind, mit wem er übers Kreuz ist, mit wem er sich umgibt und in welchen Lokalen er verkehrt. Und vor allem, um welche Uhrzeit er am Tatabend den Sender verließ, ob ihn jemand dabei sah und wohin er hinterher ging. Alles jedoch unter Wahrung strengster Diskretion, ohne daß er etwas merkt.
Als Sotiris hinausgeht, stelle ich plötzlich fest, daß ich überall in meinem Leben diskret vorgehen muß. Und das bringt mich auf die Palme. Ich muß bei Petratos taktvoll vorgehen, weil es Delopoulos erfahren und mir die Hölle heiß machen könnte. Ich muß Adriani rücksichtsvoll behandeln, weil es Katerina sonst belasten könnte. Ich muß bei Gikas unaufdringlich agieren, weil er mir sonst keine Punkte zuteilt. Glücklicherweise gibt es noch Thanassis, der mir mitteilt, daß der Einsatzwagen bereitsteht und mich so vor dem endgültigen Abstieg in weitere seelische Abgründe bewahrt.
18
E s regnet zwar nicht, doch der Himmel ist so bewölkt wie in Tsitsanis’ berühmtem Rembetiko-Lied. Und je bedeckter der Himmel sich zeigt, desto übellauniger werde ich. Kolakoglous Mutter wohnt in Kallithea, in der Argonauten-Straße. Ich weise den Fahrer an, die Sirene einzuschalten, da wir sonst für die Fahrt über den Vassileos Konstantinou-Boulevard und den Amalias-Boulevard eine geschlagene Stunde im Wagen absitzen müßten. Glücklicherweise ist die Thiseos-Straße nicht verstopft, und wir können die Sirene bald wieder abstellen. Sie tötet mir den letzten Nerv. Wir gelangen mit Leichtigkeit auf die Davakis-Straße. Von dort sind es bis zur Argonauten-Straße nicht mehr als fünf Minuten.
Die Kolakoglou wohnt in der zweiten
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