Hellas Channel
den Briefen.«
»Das haben Sie mir wohl gesagt! Doch von der Schriftprobe erfahre ich erst jetzt!«
»Ich meine, es Ihnen damals auch gesagt zu haben. Aber kann sein, daß es mir kurzfristig entfallen war.« Ich sehe mein Punkteguthaben dahinschwinden. »Außerdem kam mir auch noch die Information zu, daß Delopoulos Petratos ablösen und durch die Karajorgi ersetzen lassen wollte.«
»Na so was! Und daraus schließen Sie, daß Petratos der Täter ist, weil er seinen Posten nicht verlieren wollte?« fragt er mich sarkastisch.
»Ich habe gar keinen Schluß daraus gezogen. Von dem Augenblick an, wo es ein Motiv, ja sogar ein dreifaches Motiv gibt – enttäuschte Liebe plus Eigennutz plus Drohbriefe –, bin ich verpflichtet, der Sache nachzugehen.«
»Also war es doch keine Routineüberprüfung, wie Sie mir weismachen wollten«, meint er, und ich halte meinen Mund, während er eine schärfere Attacke reitet. »Gerade vorhin hat mich Delopoulos selbst angerufen und mir eine halbstündige Standpauke gehalten. Und was er nicht alles auflistete: daß es unannehmbar sei, wenn wir einen angesehenen Mitarbeiter des Hellas Channel verdächtigten; daß er sich persönlich beim Minister beschweren und unsere fragwürdigen Ermittlungsmethoden anprangern wolle; daß er sich seit der ersten Begegnung mit Ihnen am Tatabend des Eindrucks nicht erwehren könne, daß Sie dem Sender gegenüber eine feindselige und überhaupt nicht kooperative Haltung einnähmen; daß Sie außer Petratos auch noch die Kostarakou auf die Anklagebank setzten und daß all das darauf abziele, Opfer- und Täterrolle zu vertauschen. Er verlangt, daß ich Ihnen den Fall entziehen und jemand anderem übertragen soll.«
Er hat die ganze Litanei in einem Zug heruntergebetet und ist ganz außer Atem. So als würde er beim FBI joggen. Und mir läuft schön langsam die Galle über.
»Na gut, gehen wir rücksichtsvoll vor, ohne unnötigen Radau. Aber es gibt ganz einfach ernstzunehmende Hinweise, daß er der Täter sein könnte.«
»Wir hatten uns darauf geeinigt, daß Sie Kolakoglou aufspüren sollten. Haben Sie ihn denn gefunden?« setzt er sogleich nach.
»Noch nicht. Er ist wie vom Erdboden verschluckt.«
»Delopoulos meint, daß Sie nur aus Unfähigkeit, den wahren Schuldigen zu fassen, so viel Staub aufwirbeln. Um auf Teufel komm raus irgendwelche Ergebnisse vorzuweisen.«
»Wir fahnden doch erst seit vierundzwanzig Stunden. Wie sollen wir ihn denn innerhalb eines einzigen Tages ausfindig machen? Nur, wenn er auf dem Kolonaki-Platz Kaffee trinken ginge, hätten wir eine Chance!«
Er läßt mich lange auf seine Antwort warten. Er blickt mich an und sagt langsam, um mir Zeit zu geben, den Inhalt zu verdauen: »Sie werden jetzt zu Delopoulos gehen. Er erwartet Sie schon. Er möchte von Ihnen höchstpersönlich eine Erklärung für die Vorfälle hören. Andernfalls droht er mit einer Aussprache mit dem Minister. Sie verstehen, was das zu bedeuten hat. Gehen Sie die Sache ganz vorsichtig an. Und sehen Sie zu, daß Kolakoglou hinter Gitter kommt. Erst dann können wir aufatmen.«
Sobald er zu Ende gesprochen hat, greift er sich ein Blatt Papier von seinem Schreibtisch und tut so, als studiere er es. Mit anderen Worten: ›Hol du die Kastanien aus dem Feuer und laß mich in Frieden, denn ich habe wahrhaftig Wichtigeres zu tun.‹
Während der ganzen Fahrt zum Hellas Channel versuche ich zur Ruhe zu kommen und mit kühlem Kopf zu überlegen, wie ich Delopoulos gegenübertreten soll. Der Unterschied zwischen Gikas und mir ist, daß ich Delopoulos von Angesicht zu Angesicht kenne, während er nur telefonischen Kontakt mit ihm hatte und nicht weiß, mit wem er es tatsächlich zu tun hat. Delopoulos spielt Theater, um mich zu erpressen. Anfänglich verhielt er sich freundlich und wollte mich auf seine Seite ziehen. Als er merkte, daß er damit bei mir nicht landen konnte und ich seine Gefolgsleute wie die Kostarakou und Petratos aufs Korn nahm, wurde er krötig. Er ist jedoch kein Idiot und begreift, daß er, wenn er Kolakoglou nicht zum Mörder stempeln kann, bis zum Hals in Schwierigkeiten steckt. Denn dann behalten Sotiropoulos und sein Sender Horizon recht, die es darauf anlegen, ihn als Opfer hinzustellen. So hat er sich entschlossen, sein ganzes Gewicht gegen meines in die Waagschale zu werfen. Zum einen, weil ich das kleinste Rad am Wagen und deswegen am verletzlichsten bin. Wenn sein Wort beim Minister wirklich zählt, dann wird Gikas zusehen, seinen
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