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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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wurde erdrosselt, nicht wahr?«
    »Ja. Mit einem Stück Draht oder einem Drahtseil.«
    Er bückt sich und streicht ihr das Haar zurück. Der Kopf liegt seitlich zu ihrer Hand gedreht. Ein feiner Strich läuft quer über die linke Halsseite. Das bißchen Blut rundherum ist bereits eingetrocknet.
    »Die Wunde wurde auf jeden Fall durch Draht verursacht«, sagt Markidis. »Ein Seil oder Strick ruft keine solchen Einschnitte hervor. Er hat sie im Stehen erdrosselt und auf den Boden gleiten lassen, sobald es mit ihr zu Ende ging.«
    »War er kräftig gebaut?«
    »Ja, wie auch der Mörder der anderen Frau. Es könnte sich um dieselbe Person handeln.«
    Ich weiß, was das bedeutet, und die Sache gefällt mir ganz und gar nicht. Hätte er sie mit einem ihrer Schals oder mit einem Elektrokabel erwürgt, dann wäre es dasselbe Schema wie in Karajorgis Fall. Er wäre nicht in Tötungsabsicht gekommen, sondern hätte sich während des Gesprächs zur Tat hinreißen lassen, auf gut Glück irgendeine Tatwaffe gepackt und sie umgebracht. In diesem Fall jedoch hatte sich der Mörder vorbereitet. Handelt es sich tatsächlich, wie Markidis annimmt, um dieselbe Person, dann ist sie von einer spontanen, aus dem Augenblick heraus entstandenen Tat zu einem vorsätzlichen Mord übergegangen. Vom kleineren zum größeren Übel, sozusagen.
    Überdies spricht der Zustand der Wohnung für sich. Der Täter hinterließ ein wahres Schlachtfeld. Herausgezogene, leere Schubladen, niedergetrampelte Papierschichten auf dem Fußboden. Aus dem Wandregal gerissene, in alle vier Ecken des Zimmers verstreute Bücher. Er suchte verzweifelt nach etwas im Besitz der Kostarakou. Deshalb tötete er sie, murmle ich leise zu mir selbst. Die Männer der Polizeistreife fanden die Wohnungstür halb offen vor, doch das Schloß war nicht aufgebrochen worden. Die Kostarakou selbst mußte ihn hereingelassen haben. Genau so wie die Karajorgi, die sich noch mit ihm hinsetzte und sich mit ihm unterhielt, bevor er zuschlug. Markidis’ Theorie könnte also stimmen. Es handelt sich um ein- und denselben Täter, und er war ein Bekannter der beiden Opfer. Somit mußte er jemand aus ihrer Clique sein. Petratos? Schon wieder kommt er mir in die Quere. Möglicherweise war seine Beziehung zur Karajorgi komplexer als ursprünglich angenommen. Möglicherweise hatte die Karajorgi damals während ihrer Liebesbeziehung irgendein Geheimnis in Erfahrung gebracht, mit dem sie ihn dann erpreßte. Warum sollte Petratos jedoch annehmen, daß die Karajorgi sein Geheimnis an die Kostarakou weitergegeben hatte? Er wußte, daß die beiden sich nicht riechen konnten. Jedenfalls ist sicher, daß die Kostarakou mehr wußte, als sie mir gegenüber zugab. Ich hatte ihr an jenem Abend, als ich aus Petratos’ Büro kam, bedeutet, daß sie Kopf und Kragen riskierte. Doch sie wollte nicht auf mich hören.
    Der Brief, den ich in Karajorgis Schreibtisch gefunden hatte, erscheint mir nun in einem anderen Licht. Wenn der Urheber der Drohbriefe tatsächlich Nestor Petratos ist, dann stinkt die ganze Sache zum Himmel. Er hatte durch die Kostarakou von Karajorgis Anruf erfahren, doch nicht geglaubt, daß die Karajorgi ihrer Kollegin gegenüber nichts Näheres verlauten ließ. Er war sich sicher, bei der Kostarakou das Gesuchte zu finden, und tötete sie, um es in seinen Besitz zu bringen. Deswegen wurde die Wohnungstür nicht gewaltsam aufgebrochen. Die Kostarakou hätte nicht gezögert, Petratos die Tür zu öffnen. Wenn jedoch der unbekannte ›N‹ nicht Petratos war, dann sitzen wir in der Zwickmühle, weil es noch einen dritten Tatanwärter gibt.
    Sotiris kommt aus dem Schlafzimmer und reißt mich aus meinen Gedanken. »Drinnen sieht es genauso schlimm aus«, sagt er, »er hat sogar die Schubladen der Küchenschränke durchwühlt.«
    »Habt ihr etwas gefunden?«
    »Was sollten wir denn finden? Wir wissen ja nicht einmal, was wir suchen sollen!«
    »Stammte der anonyme Telefonanruf, der bei uns eingegangen ist, von einem Mann oder einer Frau?«
    »Von einer Frau, doch sie rief nicht bei uns an, sondern beim Polizeinotruf.«
    »Sie mußte es sehr eilig gehabt haben. Sonst hätte sie bemerkt, daß sie die Wohnungstür nicht geschlossen hatte.«
    »Ist es denn ausgeschlossen, daß die Frau, die die Tote fand, einen Schlüssel zur Wohnung besaß? Sie tritt ein, sieht unvorhergesehenerweise die Leiche vor sich, läßt in ihrer Verwirrung die Tür offenstehen und läuft weg.«
    »Das ist zwar nicht

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